SEAL Team 12: Geheime Lügen (German Edition)
wo’s heiß ist « , antwortete Chase knapp. Was angesichts seiner Urwaldbräune und der sonnengebleichten Augenbrauen allerdings glasklar war. Mit einem Gefühl der Verwundbarkeit trat er durch den Metalldetektor. Aber er befand sich nicht mehr in Malaysia. In diesem Gebäude war er außer vor langen Leitungen beim Personal und vor Bürokratie vor allem sicher. Und für beides hatte er keine Zeit.
»Was ist los, Chief? Sie wirken heute nicht besonders munter « , bohrte Hewitt und nahm damit das unter ihnen übliche Wortgefecht auf.
»Ich bin nie munter « , gab Chase mit halb echtem, halb aufgesetztem Missmut zurück.
»Dann eben fit « , meinte Hewitt ruhig.
»Fuck you « , lautete Chase’ nüchterne Antwort. »Es reicht ja, wenn Sie fit sind .« Dann fiel sein Blick auf den stattlichen Bauch des Marineunteroffiziers. »Hatte ich Ihnen nicht geraten, ein paar Kilo abzuspecken? Stattdessen haben Sie mindestens zehn Pfund zugelegt .«
Hewitt gluckste. »Sie meinten, ich solle die Donuts weglassen, von Sahneschnitten war nie die Rede « , gab der Mann gut gelaunt zurück.
Sobald sie wieder auftauchte, griff sich Chase die Mappe vom Band. »Schlicht überhaupt nichts Gebackenes, Hewitt « , schlug er vor. »Und auch keine Softdrinks .« Dabei deutete er auf die Coladose am Arbeitsplatz des Wachpostens.
»Nee, Chief « , protestierte Hewitt übertrieben getroffen.
Doch Chase hatte die Vorhalle bereits halb durchquert. Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass Commander Spenser, ein Judge Advocate General, kurz JAG , jenes Dokument unterzeichnete, das Chase dabeihatte. Damit erklärte der Anwalt sich dazu bereit, einen PO 3 aus Chase’ Zug zu vertreten, der im Hafen ein paar Köpfe eingeschlagen hatte.
Während er vor sich hin grummelte, dass er im Heimathafen offenbar auch noch den Babysitter spielen musste, betrat Chase den Aufenthaltsraum vor dem Beratungszimmer. Wie er erleichtert feststellte, wartete außer ihm nur eine Frau dort. Allerdings hielt sich niemand in den Büroräumen der Rechtsvertreter auf. Durch das Milchglasfenster in der Tür auf der anderen Seite des Korridors war zu erkennen, dass sie sich offenbar zu einer Besprechung versammelt hatten.
»Scheiße « , grollte Chase und ließ sich in einen der harten Plastiksessel plumpsen. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie die Frau abrupt das Kinn reckte. »Verzeihung « , sagte er mit Blick in ihre Richtung.
Überrascht stellten sie fest, dass sie einander kannten.
Bei der Frau handelte es sich um Sara Garret, Gattin jenes berüchtigten Mannes, der in Lieutenant Renaults Militärgerichtsprozess im vergangenen Jahr die Anklage vertreten hatte.
Damals hatte sie seine Aufmerksamkeit erregt. Als sie ihn nun von seinem teilweise sonnengebleichten Ziegenbart, über seinen Tarnanzug bis hinunter zu seinen schwarzen Schnürstiefeln musterte, hatte ihr Blick aus diesen graugrünen Augen genau dieselbe Wirkung auf ihn.
»Haben Sie eine Ahnung, wie lange die da drin bleiben werden ?« , erkundigte er sich, da ihn ihr prüfender Blick verunsicherte.
»Äh, nein, keine Ahnung « , gestand sie und kaute auf ihrer Unterlippe. »Noch eine halbe Stunde vielleicht .«
Er konnte nicht anders, als sie die ganze Zeit über anzustarren, genau wie während der Militärgerichtsverhandlung im letzten Jahr. Danach hatte er sie ansprechen wollen, sie war jedoch schnell auf der Toilette verschwunden und hatte sein Vorhaben damit vereitelt. Nun hatte er die Gelegenheit, seine Neugier zu befriedigen. »Sind wir uns nicht schon mal begegnet ?« , fragte er, obwohl er sich da ganz sicher war. »Ich meine, vor dem Prozess .«
Ein Strahlen erhellte ihr Gesicht. »Ja, tatsächlich, Sie waren etwa vor vier Jahren in San Diego, nicht wahr ?«
Woher wusste Sie das?
»Sie haben mir auf dem Parkplatz der Bibliothek Starthilfe gegeben « , erklärte sie. »Weil ich die Scheinwerfer angelassen hatte, war die Autobatterie leer .«
Daran konnte er sich nicht erinnern.
»Ein paar Jahre später bin ich dann hier im Militärsupermarkt mit Ihrem Einkaufswagen zusammengestoßen .«
Allmählich regte sich die Erinnerung. Mit ihrem Einkaufswagen hatte sie den Sechserpack Limonadendosen demoliert, der über den Rand seines Einkaufswagens geragt hatte. Zwei Dosen waren auf den Boden gefallen und aufgeplatzt, wobei seine Hosenbeine das kohlensäurehaltige Getränk abbekommen hatten. Die Frau war so durcheinander gewesen, dass er sich einen Schrubber hatte bringen lassen müssen, um
Weitere Kostenlose Bücher