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Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Als er sie darauf hingewiesen hatte, wie seine Unterwäsche hieß, hatte sie ihm gesagt, sie bestehe nicht aus genug Stoff, um einen Namen zu verdienen.
    Es hatte sich noch nie jemand bei ihm beschwert. Die meisten Frauen mochten den Hauch von Nichts sogar, den er unter der Hose trug.
    Und sie hätte auch nichts gesagt, wenn du letzte Nacht mit ihr geschlafen hättest, anstatt dich so zimperlich und tugendhaft aufzuführen wie ein Mensch. »Ich kann nicht«, hast du gesagt. Als ob ihre Jungfräulichkeit bedeuten würde, dass sie nicht wusste, woher die Beule in deiner Hose kam. Und du hast zugelassen, dass sie sich auf ihrer Seite des Bettes zusammenrollt, ohne ihr zu erklären, dass es nicht dein Körper war, der ein Problem hat. Nicht, dass du jemals vorhättest, es zu erklären - um eurer beider willen.
    Sie hatte es ihm heimgezahlt, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst war. Nachdem sie eingeschlafen war, und er sich an sie gekuschelt hatte, entwickelten ihre Träume eine süße Erotik, die nicht annähernd weit genug ging, um den Hunger in seinem Innern zu stillen - und es hatte ihn große Anstrengung gekostet, passiver Teilnehmer zu bleiben, anstatt tiefer in den Traum einzudringen, wie er es bei so vielen anderen Frauen getan hatte, um sie an die Grenzen seiner Erfahrung zu führen, anstatt sich von den Grenzen ihrer eigenen einschränken zu lassen.
    Aber er hatte es nicht getan. Weil er ihr körperlich so nahe war, konnte er dem Lockruf ihrer Träume nicht widerstehen, aber er hielt sich ganz am Rand. Weil sie unschuldig war. Weil sie in eine Landschaft gehörte, in der man die Sonne auf- und untergehen sah.
    Weil der Gedanke, dass er sie nicht mehr gehen lassen würde, wenn er sie einmal gehabt hatte, ihn zu Tode ängstigte.
    »Bist du noch böse auf mich?«, fragte er und ließ, jetzt da er ins Sonnenlicht blinzeln konnte, ohne das Gefühl  zu haben, dass seine Augäpfel verdampfen würden, seinen Arm ganz sinken.
    »Ich bin nicht böse auf dich.«
    Ihre Worte sagten das eine; ihr Tonfall etwas anderes. Sie war definitiv noch böse auf ihn. Und auf eine Art und Weise war das lustig. Trotz all seiner Erfahrung mit Frauen hatte er sich nie mit ihren Launen herumschlagen müssen. Wenn eine Frau launisch wurde, war es Zeit zu gehen und der Traumliebhaber einer anderen zu werden.
    Aber menschliche Männer mussten mit den Launen der Frauen leben, und das Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr.
    Sie waren verrückt.
    Und er beneidete jeden Einzelnen von ihnen.
    Er sah sich auf der Lichtung um. In den Heiligen Stätten war die Brücke, die in diese Landschaft führte, eine einfache Holzbrücke, die sich über den Teil eines Wassergartens spannte. Lee hatte sie als feste Einwegbrücke bezeichnet, was er zu diesem Zeitpunkt nicht verstanden hatte. Jetzt verstand er es.
    In dieser Landschaft bestand die Brücke nur aus dem Raum zwischen zwei riesigen Steinen, die in der Mitte einer Lichtung standen - gerade breit genug für einen Handwagen, aber nicht für etwas Größeres. Und auf dieser Seite war sie eine Resonanzbrücke.
    Weil Sebastian noch nie von einer Brücke gehört hatte, deren eine Seite fest war, während die andere eine Resonanzbrücke bildete, fragte er sich, ob dies vielleicht noch ein einzigartiger Aspekt des Talents seines Cousins war.
    »Lee hat gesagt, wir sollen an der Gabelung den rechten Weg nehmen«, sagte er und führte Lynnea, die sich widerwillig an der Hand nehmen ließ, auf den Rand der Lichtung zu. »Er führt zu Tante Nadias Haus. Sie ist bestimmt schon wach.« Hoffte er zumindest.
    Der Weg, der von der Lichtung fort führte, war gut zu  erkennen, aber er war sich nicht sicher, ob er die Weggabelung gefunden hätte, wäre da nicht ein Schild gewesen, das jemand an einen Baum genagelt hatte - ein einfaches Stück Holz mit einem eingeritzten Vogel.
    »Besuchst du deine Tante nie?«, fragte Lynnea, in derem spröden Tonfall Tadel mitschwang.
    »Drei- oder viermal im Jahr«, antwortete Sebastian gereizt, während er dem kaum erkennbaren Pfad folgte. »Aber ich bin noch nie von dieser Brücke aus zu ihr gekommen.«
    Schweigend liefen sie weiter, bis der Pfad an einem Loch in der Steinmauer endete, die das Waldgebiet von Nadias Rasen und ihren Gärten trennte. Sebastian stieg über das kniehohe Mauerstück und achtete dann darauf, dass Lynnea nicht stolperte, als sie durch die Bruchstelle trat.
    »Hat etwas die Mauer beschädigt?«, fragte sie besorgt.
    »Soweit ich weiß nicht«,

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