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Sechs Brüder wie wir

Sechs Brüder wie wir

Titel: Sechs Brüder wie wir
Autoren: Ravensburger
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Papa.
    „Schatz“, sagte Mama sehr ruhig und gefasst, „ich glaube, wir müssen so schnell wie möglich den Laster der Umzugsleute einholen.“
    Papa gab einen komischen gurgelnden Laut von sich, als er einen Blick auf seine Armbanduhr warf.
    „Aber das ist eine völlig andere Richtung als zu deinen Eltern!“
    „Ich fürchte, aus der Durchschnittsreisegeschwindigkeit wird diesmal nichts“, sagte Mama.
    Ich glaube, wir sind noch nie mit solchem Tempo in die Ferien gefahren.
    Es war fast so, als säßen wir im superschnellen Citroën DS 19 von François Archampauts Vater. Papa umklammerte mit den Händen das Lenkrad und sagte kein Wort, sondern starrte nur auf die Straße, als wolle er den Rekord des 24-Stunden-Rennens von Le Mans brechen.
    Auf der Rückbank haben wir uns ganz klein gemacht. Normalerweise singen wir auf der Fahrt in die Ferien, wir streiten uns, wir kotzen der Reihe nach und Papa muss alle zehn Kilometer einen Nothalt einlegen, weil es sonst eine Katastrophe gibt. Aber diesmal, das konnte man an der Farbe seiner Ohren genau erkennen, wurde einem besser nicht schlecht, da waren wir uns alle einig.
    „Glaubt ihr, dass wir ihn wiederfinden?“, fragte Jean Vier ängstlich.
    Keiner antwortete.
    Wir brauchten fast zwei Stunden, bis wir den Umzugswagen eingeholt hatten. Jean Fünf entdeckte ihn als Erster.
    „D-die Umzugs-sleute! D-die Umzugs-sleute!“, schrie er.
    Zufällig hielt der Lastwagen gerade an einer Tankstelle, um nachzutanken. Papa trat mächtig auf die Bremse und schaffte es gerade noch abzubiegen. Er parkte vor dem Laster, stürmte aus dem Auto und wir sind ihm alle nach.
    „Was machen Sie denn da?“, fragte der Boss der Umzugsleute verdutzt, als er uns sieben vor sich sah.
    „Nur so ein Verdacht“, sagte Papa. „Sie werden wahrscheinlich lachen …“
    „Das würde mich wundern“, sagte der Boss.
    „Es verhält sich nämlich so …“, begann Papa und räusperte sich, „… meine Söhne haben in der Wohnung Verstecken gespielt und unser Dritter hatte die unglückselige Idee … also, er kam auf die Idee … Na, was geht Sie das an? Ich muss Sie höflichst bitten, sofort die Tür zur Ladefläche zu öffnen.“
    „Unmöglich“, sagte der Boss.
    „Unmöglich?“, wiederholte Papa. „Und warum, wenn ich fragen darf?“
    „Vorschrift von der Gewerkschaft“, sagte der Boss. „Bis Toulon darf der Laderaum nicht geöffnet werden.“
    „Na gut“, sagte Papa, „wie Sie meinen.“
    Er ging zum Auto zurück, öffnete den Kofferraum, wuchtete ein paar Koffer heraus, bis er an seinen Werkzeug-Notfallkasten herankam, und kehrte dann mit einer großen Beißzange wieder.
    „Was machen Sie da?“, fragte der Boss.
    „Ich befreie meinen Sohn“, sagte Papa und zwickte das Vorhängeschloss durch.
    Zum Glück waren die Wohnzimmermöbel zuletzt eingeladen worden.
    Sie waren mit Decken umwickelt und mit Gurten festgezurrt, damit während der Fahrt nichts verrutschte und beschädigt wurde. Aber Papa musste nicht lange suchen.
    Wer am meisten überrascht war, als Papa die Tür des Wohnzimmerschranks öffnete, das war Jean Drei.
    Als spielten wir immer noch in unserer Wohnung in Cherbourg Verstecken, kauerte er im Innern des Schranks, hielt die Hände vors Gesicht und zählte leise: „… Sechs-Millionen-sieben-hundert-dreiunddreißig-tausend-vier-hundert-vier-und-fünfzig … Sechs-Millionen-sieben-hundert-dreiunddreißig-tausend-vier-hundert-fünf-und-fünfzig …“
    An der Art und Weise, wie Papa ihn am Hosenbund aus seinem Versteck herauszerrte, merkte er wohl, dass irgendetwas nicht stimmte. Er hing zwanzig Zentimeter über dem Boden und zappelte wie ein Fisch an der Angel. Die Augen hatte er vor Schreck weit aufgerissen.
    „Wo bin ich?“, stammelte er. „Was ist los?“
    „Ich warte auf eine Erklärung!“, brüllte Papa ihn an und schüttelte ihn wie einen Pflaumenbaum.
    „Ich h-hab der u-unsichtbare Dritte gespielt“, stammelte Jean Drei.
    „Der unsichtbare Dritte?“, wiederholte Papa. „Wenn wir miteinander fertig sind, wird dein Hintern so rot leuchten, dass man ihn noch vom Mond aus erkennen kann!“
    „Ich bin nicht schuld daran“, protestierte Jean Drei und zappelte empört weiter. „Jean Zwei war’s! Er wollte laut bis hundert zählen!“
    „Das stimmt“, sagte der Boss der Umzugsleute. „Er ist daran nicht schuld.“
    „Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten!“, rief Papa.
    „Und außerdem mogelt Jean Zwei immer beim Versteckenspielen“,
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