Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
Das wiederholte sich noch dreimal, bis Vistaru befreit war. Sie bewegte dankbar die Flügel und reckte sich.
Die Yaxa blieb regungslos an der Felswand hängen und beobachtete sie. Vistaru wußte, daß sie auf alles vorbereitet war. Aber sie gedachte nichts zu tun. Ihr Wort galt, zumindest so lange, bis sie erfuhren, wo Mavra Tschang war.
»Wissen Sie, wo das Schiff ist?« fragte sie die Yaxa.
»Folgen Sie mir«, sagte die andere und flog mit weit ausgebreiteten Flügeln hinaus. Vistaru schwang sich hinter ihr in die Luft, mußte sich aber anstrengen, auf gleicher Höhe zu bleiben.
»Ein bißchen langsamer«, bat sie, und die Yaxa ging darauf ein.
»Wie heißen Sie?« fragte Vistaru.
»Mein Name ist Wooly«, erwiderte die andere.
Ecundo
Ihr Hauptproblem war, daß sie nicht das Logische und Sichere tun konnten – am Strand bleiben. Jeder, der sie suchte, würde schließlich auf die ›Toorine Trader‹ stoßen und sich seinen Reim darauf machen.
»Aber wir haben doch die Wesen in die Luft gesprengt, die uns verfolgten«, sagte Joshi klagend, als sie sich durch das Dickicht zwängten. »Warum laufen wir davon?«
Mavra dachte über die Frage nach. Wie konnte sie ihm die Lage auf eine für ihn verständliche Weise erklären? Daß sie aus der Gefangenschaft der Freiheit entgegenflüchteten, um das Recht in Anspruch zu nehmen, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen? Das war zu abstrakt für ihn. Glathriel war die einzige Heimat, die er kannte. Abgesehen von einem gelegentlichen Besuch in Ambreza, für ihn ein Abenteuer, waren Dorf und Gehege seine Welt gewesen.
Aber sie gab vor sich selbst zu, daß sie sich beinahe in dieselbe Gemütsverfassung hätte treiben lassen. Sie, die Braut der Sterne, der freie Geist vieler Welten, war in eine Falle geraten, die beinahe bewirkt hätte, daß sie sich mit ihrem ruhigen, friedlichen Dasein abfand, ihren Auftrag und ihr Ziel vergaß.
Sie war beauftragt worden, die Bedrohung durch Neu-Pompeii zu unterbinden, und da hing der Asteroid noch immer am Nachthimmel, ein Dolch, der auf das Herz des Daseins an sich zielte. Der Auftrag, vor so langer Zeit erteilt, war immer noch nicht ausgeführt. Und dazu kam ihr eigentliches Ziel, das sie in klaren Nächten vom Strand aus sehen konnte – die Sterne!
Warum fliehen wir, Joshi? dachte sie. Wovor und wohin? Vor Stillstand und schließlichem Tod zu Abenteuern nach unseren eigenen Bedingungen – dahin!
Laut sagte sie: »Wir wissen nicht, ob sie diejenigen waren, welche uns überfallen hatten, und selbst wenn sie es gewesen sind, waren sie nur Werkzeuge und nicht die Leute, die es eigentlich auf uns abgesehen haben. Die Hintermänner werden es immer wieder versuchen, bis sie uns eines Tages in ihrer Gewalt haben. Wir können dasitzen und Zielscheiben abgeben, bis sie uns treffen, oder wir können versuchen, die Spielregeln zu ändern. Wir werden das zweite versuchen.«
Er bedachte, was sie gesagt hatte, akzeptierte es sogar, aber ganz verstand er es nicht. Das Gehege war immer ein Symbol für Frieden und Sicherheit gewesen; sich damit abzufinden, daß davon nichts geblieben war, würde geraume Zeit dauern.
Sie trugen Kleidungsstücke, die der Segelmacher für sie angefertigt hatte. In den Taschen war Nahrung verstaut, Vitamine für schlechte Zeiten, und Vorräte, die sie brauchen mochten. Sie hatten alles eingepackt, was sie tragen konnten, und die Jacken waren mit dunklem Pelz benäht, den man in der Dunkelheit mit ihren Haaren verwechseln konnte.
In Ecundo waren die Tage warm, aber der Anbruch der Nacht im Landesinneren brachte unbehagliche Kälte mit sich. Sie schliefen zugedeckt mit Zweigen und erwachten oft durchfroren und taubenäßt.
In Ecundo gab es fünf große Städte, vier an der Küste und eine in der Mitte des Hexagons, in der Nähe des Zone-Tores, aber sie mieden sie alle. Die Ecundaner waren lange, röhrenartige Wesen mit biegsamen Klauen und bösartigen Stacheln am Unterkörper. Ihre Städte waren riesige, künstlich aufgeschüttete Haufen, wo Tausende in Grabgängen lebten.
Zur Ernährung der Bevölkerung wurde fast das ganze Land der Viehzucht gewidmet; sie waren Fleischfresser, die hauptsächlich von den Bundas lebten, Wesen, die sich kaninchenhaft vermehrten und in großen, wilden Herden umherstreiften.
Nach zwei Tagen sahen sie die ersten. Sie spürten ein Dröhnen im Boden, huschten zu ein paar Felsen zurück und warteten. Bald kam die Herde vorbei – Hunderte von Tieren, wie es schien, manche so nah,
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