Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
ließ sich ein wenig Zeit, um zu Atem zu kommen, und schaute sich nach der Besatzung um, die ihn neugierig beobachtete. Zum erstenmal fragte er sich, ob es nicht zweckmäßig gewesen wäre, anzufragen, ob er an Bord kommen dürfe. Zwei übel aussehende Ecundaner sonnten sich auf der Brücke und glotzten ihn mit ihren Stielaugen an; die beiden Twosh betrachteten ihn eher gelangweilt.
Er stieg ab und ging nervös auf den Twosh mit der Zigarre zu.
»Äh, entschuldigen Sie, aber ist das die ›Toorine Trader‹?«
Der Twosh biß ein Stück von seiner Zigarre ab, kaute und schluckte.
»Da Sie sich soviel Mühe gemacht haben, hereinzuschneien, muß ich dazu wohl ja sagen.«
Die Antwort brachte ihn ein wenig in Verlegenheit. Wie begrüßte man einen kleinen, rosaroten Kegel mit braunen Augen? Mit einem Händedruck? Nein, aber was sonst? Na ja…
»Mein Name ist Renard«, sagte er. »Aus Agitar.«
»Interessant«, erwiderte der zweite Twosh.
Renard räusperte sich.
»Ich, äh, vertrete Botschafter Ortega von Ulik.«
Der Twosh betrachtete ihn prüfend.
»So? Wo sind Ihre anderen vier Arme?«
Er seufzte.
»Nein, ich arbeite nur mit ihm zusammen. Ich suche nach einer Frau, einer Person namens Mavra Tschang, die aus Glathriel verschwunden ist.«
»Kann sie sonst noch Tricks?« warf der zweite Twosh ein.
Renard ärgerte sich, und das Glucksen der anderen Besatzungsmitglieder trug nicht gerade zur Verbesserung seiner Laune bei.
»Hören Sie«, sagte er ernsthaft, »ich bin ein alter Freund von ihr. Ich habe erfahren, daß sie in Schwierigkeiten ist, und bin hergekommen, um ihr zu helfen. Wir haben ihren Weg zu diesem Schiff zurückverfolgt, und ich wäre dankbar, wenn Sie mir helfen könnten, sie zu finden. Es ist außerordentlich wichtig.«
Der Twosh mit der Zigarre sah ihn argwöhnisch an.
»Wichtig für wen?« fragte er.
»In erster Linie für mich«, gab der Agitar zurück. »Und für sie.«
»Kann ich mir denken«, sagte der andere Twosh halblaut. »Wenn Sie ihren Weg hierher verfolgt haben, muß sie ja irgendwo auf dem Schilf sein, nicht? Sie können es gern durchsuchen, obwohl ich fürchte, daß die Besatzung auf See zu beschäftigt ist, um Ihnen zu helfen.« Seine schwarzen, geraden Brauen sanken plötzlich herunter, bis sie die Augen berührten. »Aber ich kann Ihnen gleich sagen, daß das nichts nützen wird«, flüsterte er. Der kleine Kopf wies auf die beiden Ecundaner auf dem Brückendach. »Sie haben sie aufgegessen, wissen Sie.«
Einen unbehaglichen Augenblick lang glaubte Renard, das kleine Wesen sage die Wahrheit. Aber dann tat er die Antwort mit einem Achselzucken ab. Er war überzeugt davon, daß Mavra sich nicht an Bord befand.
»Sie haben seit Glathriel nur einmal angelegt«, sagte er, »und das war in Ecundo. Haben Sie sie dort abgesetzt?«
Der Twosh sah ihn entsetzt an.
»Wir lassen die Leute ganz sanft über Bord gleiten, wenn wir sie an Land bringen.«
Renard hob die Hände.
»Ich begreife nicht, wie Sie das alles so leichtnehmen können«, sagte er erbost. »Für jemanden wie sie ist das ein sehr gefährliches Hex!«
Die Ecundaner erhoben sich plötzlich auf ihre sechs Beine.
»He, Ziegenbock! Willst du uns beleidigen?« rief einer von ihnen und hob den Stachel.
»Ich geb's auf«, sagte Renard seufzend.
»Wenn Sie glauben, daß sie in Ecundo ist, sollten Sie lieber hinfliegen«, riet einer der Twosh. »Aber seien Sie vorsichtig. Die beiden da oben sind hinausgeworfen worden, weil sie so nette Burschen waren. Übrigens sucht alle Welt nach Mavra.«
»Augenblick. Alle Welt? Sind schon andere hier gewesen?«
»Sicher. Ein großes Wesen mit hübschen, orangeroten Flügeln und ein kleines Ding, das Ihnen kaum bis an die Knie reicht, kamen heute morgen dahergeflogen. Wir waren nicht so freundlich zu ihnen, wie wir das bei Ihnen sind, aber Sie sind ja auch sehr nett.«
Renard ging auf den Sarkasmus nicht mehr ein.
»Eine Yaxa und eine Lata? Sind sie aufeinandergetroffen?«
Er machte sich Sorgen um Vistaru, von der man seit Tagen nichts mehr gehört hatte.
»Wenn man bedenkt, daß die eine auf der anderen saß, würde ich sagen, daß es ihnen schwerfallen dürfte, zusammenzutreffen«, meinte der Twosh.
Das beunruhigte Renard noch mehr, und er bemühte sich sehr, ihnen eine Lata zu beschreiben, um die Gewißheit zu haben, daß man ihn nicht noch mehr verspottete. Eine Yaxa und eine rosarote Lata – fast mit Gewißheit Vistaru – zusammen ? Das schien beinahe unmöglich zu
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