Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
bemüht, die Nervenverbindungen aufrechtzuerhalten. Mit den Möglichkeiten einer Universität und der Unterstützung eines Computers wäre eine vollständige Umgestaltung möglich gewesen, aber der Wuckl im Reservat verfügte darüber nicht. Hier ging es mehr darum, die Form der Funktion anzupassen, und in gewisser Weise war das befriedigender.
Endlich war er fertig. Sie bewunderten die Leistung. Teile, die aus dem Tier entfernt worden waren, hob man auf, um sie später untersuchen zu können.
»Elektrobad!« befahl der Senior, und Mavra wurde hochgehoben und in einen Behälter voll stinkender Flüssigkeit gelegt.
Man schloß eine Gesichtsmaske an einen Luftschlauch an, damit sie ganz eingetaucht werden konnte. Man schaltete den Strom ein, und die Flüssigkeit wurde unter Energie gesetzt, um zu besiegeln, was geschehen war, und die genetische Information in den Zellen umzubilden, damit sie die neue Form bewahrten, ohne Narbengewebe hervorzubringen oder abzustoßen, was hinzugefügt worden war. Ein kleiner Computer gab die Instruktionen durch die Flüssigkeit ein und sorgte auch für den Beginn der abschließenden Entwicklung.
»Und nun das männliche Wesen!« befahl der Senior, und man legte Joshi auf den Tisch.
»Sehen Sie die Narben. Vor langer Zeit ist das Geschöpf stark verbrannt, vielleicht gefoltert worden.« Erschrockenes Gemurmel wurde laut. »Wir befassen uns später damit.«
Die Arbeit begann und wurde nach mehreren Pausen abgeschlossen. Man legte Joshi in ein zweites Elektrobad.
Ein letzter Schritt blieb noch zu tun.
»Sie haben das hochentwickelte Gehirn gesehen«, dozierte der Wuckl. »Mein erster Gedanke war, es auf das erforderliche Maß zu trimmen, aber es ist zu komplex. Die Gefahr tiefgreifender Schäden ist zu groß. Es ist jedoch erforderlich, daß sie sich an ihre neue Lage gewöhnen. Tiere sind Wesen von Gewohnheit und Instinkt, und da die beiden die falschen Gewohnheiten und nicht die richtigen Instinkte für ihr neues Dasein besitzen, müssen sie damit ausgestattet werden. Sie sind mit den Grundzügen der Hypno-Programmierung vertraut. Ich bin der Ansicht, daß die beiden genug entwickelt sind, um sie in ihrer Anfangsstufe zu vertragen.«
»Aber, Senior«, widersprach einer der jungen Wuckl, »diese Wesen sind keine Lebensform der Insel, geschweige denn von Wuckl. Wie wollen Sie das machen?«
»Das Wesen ist aber häufig zu finden und steht im Katalog«, erwiderte der Wildhüter. »Ich habe mir die Katalogbeschreibungen im einzelnen telefonisch von der Universität durchgeben lassen. Ich habe dort noch ein paar alte Freunde, und später werde ich einiges zu erklären haben, vor allem jenen gegenüber, die diese beiden Moduln so schnell montiert haben. Wir werden die Behandlung vornehmen, während sie im Elektrobad liegen. Ich halte sie im Schlaf, bis ich davon überzeugt bin, daß alles seinen guten Fortgang nimmt.«
»Und dann?« fragte ein anderer. »Was werden Sie mit ihnen machen?«
Der Schnabel des Seniors öffnete sich weit, was bei den Wuckl als Lächeln galt. »Sie werden in ihrer neuen Heimat glücklich erwachen. Dafür sorge ich. Keine Angst. Was wir getan haben, war ethisch richtig.«
Mavra Tschang erwachte wie aus dem Nichts. Es war beinahe so, als würde sie geboren werden; es war der Beginn des Bewußtseins. Ihr Gemüt war völlig leer; es bildeten sich keine Wörter. Dann brachten ihre Sinne plötzlich Empfindungen. Sie öffnete die Augen und schaute sich um. Es war dunkel, und sie konnte kaum etwas sehen. Sie stand auf und ging ziellos herum. Es war eine Einfriedung, in der sich Stroh befand; auf einer Seite lag ein großes Männchen.
Sie spürte, daß er männlich war und sie weiblich; die Begriffe kamen ganz natürlich, wie Gehen, Schlafen, Essen – keine verbalen Entsprechungen, einfach die Vorstellung als solche. Das Männchen schlief noch.
Sie fand eine Öffnung und schnupperte, dann ging sie hindurch. Am anderen Ende lag das Freie.
Sie schaute sich mit derselben nicht-intellektuellen Neugier um, sah einen geschorenen Grasbuckel, der gut roch, entdeckte in der Nähe einen Trog mit aromatischem Inhalt und ringsum einen Wassergraben, der bis zum künstlichen Boden hinab klar und vielleicht vier oder fünf Meter tief war. An einem Ende des Geländes, hinter dem Graben, erhob sich eine Steinmauer ungefähr einen Meter höher als der Buckel; aber vom Wasser waren es drei Meter nach oben, eine Flucht war unmöglich.
Obwohl die Mauer nur fünfzehn Meter
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