Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
Vorraum nach Frachtlisten. Wenn Brazil nicht bald kam, würde jemand im Hafenamt sich fragen, warum sie so lange brauchte, um die richtigen Formulare herauszusuchen.
Plötzlich ging die Tür zischend auf. Der Pilot, das Gesicht zerfurcht und alt, was zu seinem gefleckten, grauen Teint zu passen schien, kam als erster herein, gefolgt von dem Verlademeister. Die beiden sprachen miteinander, und es dauerte einige Sekunden, bis sie begriff, daß sie nicht zueinander, sondern zu einer dritten, zwischen ihnen halb verborgenen Person sprachen.
Der erste Gedanke Mavras war, daß Korf zu groß erschien; fast 1,70 m groß. Er trug einen seltsamen, flachen Hut, unter dem lange, grauweiße Locken herabhingen und sich mit einem Vollbart von derselben Farbe vermischten. Man konnte nur Augen und Nase sehen. Die Gestalt des Rabbis war verhüllt durch einen schweren, schwarzen Mantel, der bis zu seinen Knien reichte. Wenn das Äußere etwas besagt, war er zwanzig Kilogramm zu schwer und ein Jahrhundert zu alt.
Auch die Stimme war unangenehm; sehr hoch und nasal, ganz anders als der tiefe Tenor, an den Mavra sich erinnerte. Sie verzagte; das war gewiß nicht der Mann, den sie suchten. Aus, dachte sie; wir haben danebengegriffen. Soviel Mühe, und alles umsonst. Sie sah zu ihren Begleitern hinüber und entdeckte auf ihren Gesichtern dieselben Gefühle. Einer wies mit dem Kopf kaum merklich zur Tür, und sie nickte knapp. Sie gingen zur Tür. Ihre Hufe klapperten auf dem harten Kunststoffboden, als sie an den beiden Rhone und Rabbi Korf vorbeimarschierten, die sich immer noch unterhielten.
»Der Mais befindet sich also in loot-Behältern?« fragte der Verlademeister mit tiefer Baßstimme.
Korf nickte.
»Ja. Sollte nicht mehr als zwei, drei Stunden dauern, um an sie heranzukommen. Nur die Baustoffe –«
In diesem Augenblick achtete Mavra nicht auf jene bürokratische Gesinnung, die Böden einwachsen läßt, und sie rutschte ein wenig aus. Korf und die beiden Rhone blickten auf.
Der Rabbi widmete sich, als er sah, daß ihr nichts passiert war, wieder seinen Unterlagen, dann riß er den Kopf hoch und starrte sie an. Mavra, die verlegen war, bemerkte das kaum, aber aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, daß sie mehr als die gewohnte Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie blieb vor der Tür stehen und drehte ihren menschlichen Rumpf halb herum, um den Menschen anzusehen; für Sekundenbruchteile begegneten sich ihre Blicke, und irgend etwas in diesen Augen und in dieser Miene jagten ihr einen Schauer über den Rücken.
Ihre Begleiter, die nichts davon merkten, waren schon im Freien, bevor ihnen auffiel, daß sie fehlte.
»Es tut mir leid, wenn ich Sie durch meine Ungeschicklichkeit gestört habe«, sagte sie, bemüht, sich zu fassen. »Meine Mitarbeiter und ich warten auf den Kapitän des Schiffes, das eben eingetroffen ist, aber der müssen Sie sein, und ich sehe, daß Sie geraume Zeit beschäftigt sein werden. Ich – ich fürchte, ich bin das Geschäft noch nicht gewöhnt«, sagte sie mit listiger Nervosität.
Der Kapitän faßte sich rasch, obwohl er sie noch immer merkwürdig ansah.
»Der Kapitän bin ich, Bürgerin. Was wollten Sie von mir?«
»Mein Vater ist im Import-Export-Geschäft. Er und seine Mitarbeiter nehmen an einer Tagung in Hsuir teil, wo sie eben ein großes Geschäft abgeschlossen haben. Sie baten mich festzustellen, welche Schiffe ankommen und – nun ja, möglicherweise leer abfliegen. Vom Geschäft verstehe ich nicht viel, wissen Sie, aber da alle auf der Tagung sind, bin ich die einzige, die sie anrufen konnten.« Es klang so aufrichtig, daß sie sich beinahe selbst glaubte. »Aber ich sehe, daß ich zu früh gekommen bin.«
Der Kapitän nickte.
»Das fürchte ich auch. Das Entladen wird Stunden dauern, und ich möchte gerne richtig baden und heute nacht lange und weich schlafen, bevor ich mich Ihnen widme. Aber ich bin zur Zeit leer – könnten wir uns morgen nachmittag unterhalten?«
Sie lächelte liebenswürdig und nickte.
»Selbstverständlich. Wo wohnen Sie? Ich rufe Sie dort an. Ihren Namen und den des Schiffes kenne ich aus den Listen.«
»Im ›Pioneer‹. Das einzige Hotel hier mit Zimmern, die über eigene Küchen verfügen – ich muß eine besondere Diät einhalten.«
»Ich rufe an – nicht zu früh«, versprach sie.
»Wie, sagten Sie, war der Name Ihrer Firma? Und der Ihre, falls ich früher fertig bin?«
»Tourifreet, nach Ihrer Aussprache«, erwiderte sie sofort. »Es handelt sich um die
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