Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
ausschließlich von Zentauren bewohnt war, mußte ein Mensch auffallen. Den Raumflughafen, den einzigen hier, würde man natürlich im Griff haben. Natürlich gab es selbst dann noch Möglichkeiten, aber wie sollte es weitergehen? Er hatte keine Lust, ewig im Weltraum herumzugondeln.
Er seufzte. Nein, Davonlaufen barg zu viele Risiken, zu viele Wenns und Abers. Er würde sich den Leuten stellen müssen. Das war ihm ohnehin lieber, weil er seine Neugier befriedigen wollte.
Er gedachte aber nicht unvorbereitet in eine Falle zu tappen. Er blickte wieder auf das Telefon und dachte an die wenigen Menschen hier, die er anrufen konnte, und hatte sich beinahe schon entschlossen, als er den Gedanken wieder verwarf. Nicht hier. Eine öffentliche Sprechzelle, ganz wahllos ausgesucht. Außerdem mußte er die Beobachter ein wenig beobachten, um zu sehen, womit er es zu tun hatte.
Er überlegte, dann griff er nach dem Apparat und tippte den Namen der Reederei Durkh ein. Sofort erschien eine Nummer auf der Leuchtanzeige. Er wunderte sich nicht im geringsten. Das Unternehmen mochte sogar echt sein. In dieser Richtung konnte er sich Ermittlungen schenken.
Aber wer steckte dahinter? Gewiß nicht die Sekte. Vielleicht Söldner, angeworben von der Religionsgemeinschaft – aber welche? Er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß die Gemeinde genug tüchtige Leute hatte, um so etwas auszuführen. Aber wenn nicht sie, wer dann? Wer besaß die Verbindungen, nicht nur, ihn aufzuspüren, sondern bis Meouit zu verfolgen, diese kleine Welt im Nirgendwo, und mit Rhone-Agenten – und dem Mädchen zur Stelle zu sein!
Sie beunruhigte ihn am meisten. Kosmetische Chirurgie? Neoform? Egal, es gab keine Möglichkeit, wie sie das in der kurzen Zeit hatten bewältigen können.
Schlimmer noch – wer konnte wissen, wie sie ausgesehen hatte? Nur Leute auf der Schacht-Welt konnten das wissen, und es war so lange her. Außerdem waren sie alle tot, alle außer diesem Halunken Ortega, vielleicht – aber selbst er konnte seinen Einfluß nicht über die Schacht-Welt hinaus geltend machen. Das Ganze ergab keinen Sinn. Nur sehr wenige Leute kehrten jemals von der Schacht-Welt zurück, und ihr Verbleib war bekannt – jedenfalls der von allen, die gewußt haben mochten, wie sie damals ausgesehen hatte.
Hier handelte es sich also um etwas Neues, etwas im Ansatz sehr Gefährliches. Der Riß im Raum-Zeit-Kontinuum, den diese Idioten verursacht hatten – mochte er sonderbare Nebenwirkungen erzeugen? Er war seit Generationen nicht mehr auf der Schacht-Welt gewesen; hatte jemand den Riß ausgenützt, um in diesen Raum zurück- oder hindurchzukommen? War es möglich, daß dort jemand leben mochte?
Nichts ergibt Sinn, sagte er sich. Es bot sich nur eine Lösung an. Er stand auf, stemmte den Koffer aufs Bett und öffnete ihn vorsichtig. Er zog den schweren Mantel mit der dicken Polsterung aus, streifte die unbequemen, hohen Stiefel ab, entfernte mit einem chemischen Mittel aus dem Koffer den langen Bart. Langsam beseitigte er Rabbi David Korf völlig, die buschigen, weißen Brauen, die Falten um die Augen, alles. Er trat ans Fenster und schaute hinaus. Nicht sehr hoch oben, gewiß nicht unmöglich. Aber ein senkrechter Absturz; es würde schwierig sein hinunterzugelangen. Und kalt war es draußen auch. Es schneite stark.
Und unten was? Der Schnee nützt natürlich, aber eine Gruppe, die Wujus Erscheinung kannten, würde mit jeder seiner Körperzellen vertraut sein. Es würde eine gute Maske sein müssen, eine seiner besten, die selbst den erfahrensten Beschatter täuschte. Er hatte eine solche. Er verwendete sie nicht gern, aber sie wirkte; bei vorgetäuschten Todesfällen hatte er sie ein- oder zweimal benützt.
Er ging zu seinem Koffer zurück, der seine Masken enthielt.
Viel von ›Korfs‹ Haar war ebenfalls falsch, aber darunter trug Brazil sein eigenes, dichtes, schwarzes Haar. Er schnitt es mit einer Schere kurz und rasierte einen großen Teil seines Körpers. Dann Theatersalbe, um die natürlichen Falten zu glätten und die Haut dunkler zu machen. Er arbeitete mit einem Schauspieler-Schminkkasten und verwandelte sich in jemand, der sehr wenig Ähnlichkeit mit ihm hatte. Die Römernase konnte er natürlich nicht verbergen, aber ein wenig glätten und die Nasenflügel verbreitern, so daß sie ganz anders aussah. Schließlich die Perücke, für die er über zwei Jahrhunderte zuvor ein Vermögen bezahlt hatte, und die Kleidung. Er war ein sehr kleiner
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