S.E.C.R.E.T.
haben Sie das ja auch«, erwiderte ich und deutete lachend auf das Durcheinander. Anscheinend war er mit seiner Sackkarre geradewegs in Dells Edelstahl-Kücheninsel gefahren, sodass sämtliche Töpfe und Pfannen, die darüber hingen, auf den Boden gekracht waren.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ich und streckte ihm die Hand entgegen.
Was für ein Gesicht! Wenn ein böser Junge gleichzeitig engelsgleich sein konnte, dann musste er wohl so aussehen. Er war vielleicht achtundzwanzig, höchstens dreißig. Er sprach mit dem leichten Cajun-Akzent, wie er hier häufig zu finden war. Sehr sexy. Er öffnete den Reißverschluss seiner Kapuzenjacke, schüttelte sie ab und warf sie auf den Boden, um seinen verletzten Ellbogen besser betrachten zu können. Ihm schien nicht bewusst zu sein, dass er den Oberkörper eines Boxers unter seinem weißen Muskelshirt entblößte. Auch die Schultern zierten verworren gemusterte Tattoos.
»Das gibt morgen sicher eine hübsche Prellung«, sagte er und stand neben mir auf.
Er war nicht besonders groß, aber er hatte etwas Animalisches an sich, das ihm eine unglaublich erotische Präsenz verlieh. Nachdem er sich noch einmal geschüttelt hatte, reckte er sich wie eine Katze. Dann betrachtete er mich. »Wow. Du bist wirklich hübsch«, sagte er.
»Ich … ich glaube, wir haben hier irgendwo einen Erste-Hilfe-Kasten.«
Ich wollte gerade an ihm vorbei in Richtung Büro, als er mich am Ellbogen packte und mich sanft zu sich heranzog. »Also, willst du?«
»Will ich was?«, fragte ich.
»Willst du diesen Schritt mit mir gehen?«
»So sollst du es bestimmt nicht fragen.«
»Verdammt«, sagte er und zermarterte sich dann offenbar das Hirn nach der richtigen Formulierung.
Der Typ war süß, aber nicht allzu helle. Machte nichts.
»Du sollst fragen: › Akzeptierst du diesen Schritt?‹«
»Stimmt, genau. Also: Akzeptierst du diesen Schritt?«
»Hier? Jetzt? Mit dir?«
»Ja. Hier. Jetzt. Mit mir«, sagte er, neigte den Kopf zur Seite und schenkte mir ein schiefes Lächeln. Trotz seines derben Äußeren und einer feinen Narbe an der Oberlippe hatte er die weißesten Zähne, die ich je gesehen hatte. »Soll ich dich etwa anbetteln?«, fragte er. »Okay. Na gut. Och, bitte, bitte, bitte!«
Ich genoss die Situation. Sehr sogar. Und beschloss, es noch etwas länger auszukosten. »Was wirst du mit mir machen?«
»Jetzt weiß ich, was ich sagen muss«, antwortete er. »Alles, was du willst, und nichts, was du nicht willst.«
»Gute Antwort.«
»Siehst du? Ich bin noch nicht total verblödet.« So süß und so sexy. »Also? Akzeptierst du diesen Schritt?«
»Welcher Schritt ist es?«
»Äh … drei, glaube ich. Vertrauen ?«
»Richtig«, sagte ich und warf noch einen Blick auf den Schaden, den er in der Küche angerichtet hatte. »Du kommst hier kurz vor Dienstschluss herein und verwüstest die Küche dermaßen, dass ich noch Stunden mit Aufräumen und Saubermachen beschäftigt sein werde.« Ich stemmte die Hände in die Hüften. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete ich ihn, als würde ich darüber nachdenken, ob ich wirklich mitmachen wollte. Das machte einfach zu viel Spaß. »Und glaubst du wirklich, du bist in der richtigen Verfassung, um –«
»Das kapier ich nicht. Willst du damit sagen, dass du den Schritt nicht akzeptierst?« Er schien ernsthaft getroffen. »Fuck, das hab ich ja gründlich vermasselt.«
Nach einer langen, genüsslichen Pause antwortete ich: »Nö, Ich … akzeptiere den Schritt.«
»Juchuuu!«, rief er und klatschte laut in die Hände, sodass ich kichern musste. »Ich werde dich nicht enttäuschen, Cassie«, sagte er und schaltete die Neonröhren über uns aus, sodass nur noch das warme Glimmen der Straßenbeleuchtung durch das Küchenfenster hineinströmte. Er trat noch näher an mich heran und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände.
Schließlich war es nicht die späte Sonderauslieferung oder der Unfall, der mich überraschte. Es war das hier . Dieser Kuss. Plötzlich drückte er mich gegen die kühlen Fliesen der Küchenwand. Sein muskulöser Körper presste sich heftig genug an meinen, um mir zu zeigen, dass er es ernst meinte. Du lieber Gott, ich spürte, wie er hart wurde. Eine Sekunde später riss er mir das T-Shirt vom Leib und warf es auf seine Kapuzenjacke auf dem Boden. Bei den ersten beiden Malen hatte es keinen Kuss gegeben, und ich hatte ihn auch nicht vermisst. Aber das hier, das war etwas ganz anderes. Meine Knie gaben nach, sodass er
Weitere Kostenlose Bücher