Security
mehr als zweiundzwanzig Minuten reglos auf dem Foyerboden liegen.
Während ich darauf wartete, daß sie wieder zu sich kommen würde, probierte ich eine Reihe von Stimmen aus, um jemanden zu finden, der beruhigender auf sie wirken würde als Tom Hanks oder Fozzybär. Zuletzt blieben zwei Alternativen übrig: Tom Cruise, mit dessen Stimme ich ihr Komplimente gemacht hatte, kurz nachdem sie ohnmächtig geworden war – oder Sean Connery, der legendäre Schauspieler, dessen maskuline Selbstsicherheit und warmer schottischer Akzent jedem seiner Worte eine tröstlich sanfte Autorität verleihen.
Weil ich mich nicht zwischen den beiden entscheiden konnte, beschloß ich, sie zu einer dritten Stimme zu verschmelzen. Von Tom Cruise nahm ich ein wenig von seinem jugendlichen Überschwang, allerdings in etwas höherer Tonlage, und fügte es Sean Connerys tieferem Timbre hinzu, während ich den schottischen Akzent so weit abmilderte, bis er nur noch ganz schwach vernehmbar war. Das Ergebnis war sehr wohlklingend, und ich war überaus zufrieden mit meiner Kreation.
Als Susan wieder zu Bewußtsein kam, stöhnte sie und schien anfangs jede Bewegung zu scheuen. Obwohl ich unbedingt herausfinden wollte, ob ihr meine neue Stimme gefiel, sagte ich zunächst nichts. Ich ließ ihr Zeit, sich zu orientieren und einen klaren Kopf zu bekommen.
Mit einem erneuten Stöhnen hob sie ihren Kopf vom Foyerboden. Sie betastete vorsichtig ihren Hinterkopf und besah sich dann sorgfältig ihre Fingerspitzen, als sei sie überrascht, kein Blut an ihnen zu finden. Ich hatte nie vor, ihr weh zu tun.
Weder zu jenem Zeitpunkt noch später.
Sind wir uns diesbezüglich einig?
Benommen setzte sie sich auf, blickte sich um und runzelte die Stirn, als könne sie sich nicht ganz daran erinnern, wie sie hierhergekommen war.
Dann entdeckte sie die Pistole und schien beim Anblick dieses einzelnen Gegenstands plötzlich ihr komplettes Gedächtnis wiederzufinden. Ihre Augen verengten sich, und ihr schönes Gesicht wirkte auf einmal wieder besorgt. Sie sah hinauf zur Linse der Foyerkamera, die, ähnlich wie die Kamera im Schlafzimmer, nahezu vollständig in einer Ausbuchtung verborgen lag.
Ich wartete.
Diesmal blieb ich nicht aus Schüchternheit, sondern aus Berechnung still. Sollte sie ruhig nachdenken. Sollte sie sich ruhig wundern. Und dann, wenn ich mit ihr reden wollte, würde sie bereit sein zuzuhören. Sie versuchte aufzustehen, aber sie hatte noch nicht wieder genug Kraft gesammelt.
Als sie versuchen wollte, auf Händen und Knien zu der Pistole zu kriechen, ächzte sie schmerzerfüllt auf und hielt inne, um sich die leichte Verbrennung auf ihrer linken Handfläche zu betrachten.
Schlagartig verspürte ich ein tiefes Schuldgefühl. Ich bin schließlich jemand mit Gewissen. Ich bin immer bereit, die Verantwortung für meine Taten zu übernehmen. Merken Sie sich das.
Susan kroch auf Knien zu der Pistole. Die Waffe wieder in Händen zu halten schien ihr neue Kraft zu geben, und sie stand entschlossen auf.
Einen Moment lang wankte sie noch benommen, dann machte sie zwei Schritte in Richtung Haustür, bevor sie sich entschied, doch besser kein zweites Mal zu versuchen, die Tür zu öffnen.
Sie sah erneut zur Kamera hinauf und fragte: „Sind Sie … sind Sie immer noch da?“
Ich wartete noch auf den richtigen Augenblick.
„Was soll das hier?“ fragte sie. Ihr Ärger schien größer zu sein als ihre Angst. „Was soll das hier?“
„Es ist alles in Ordnung, Susan“, sagte ich, allerdings mit meiner neuen Stimme, nicht mit der von Alfred.
„Wer sind Sie?“
„Haben Sie Kopfschmerzen?“ fragte ich aufrichtig besorgt.
„Wer, zur Hölle, sind Sie?“
„Haben Sie Kopfschmerzen?“
„Und was für welche.“
„Das tut mir leid, aber immerhin habe ich Sie gewarnt, daß die Tür unter Strom steht.“
„Den Teufel haben Sie getan.“
„Fozzybär hat ›Autsch, autsch, autsch‹ gesagt.“ Ihr Ärger ließ nicht nach, aber ich bemerkte, daß ihre wunderschönen Züge aufs neue beunruhigt wirkten.
„Susan, ich werde so lange warten, bis Sie ein paar Aspirin genommen haben.“
„Wer sind Sie?“
„Ich habe die Steuerung Ihres Hauscomputers und der angeschlossenen Systeme übernommen.“
„Reden Sie keinen Scheiß.“
„Bitte nehmen Sie ein paar Aspirin. Wir müssen miteinander reden, aber ich möchte nicht, daß Sie von Kopfschmerzen abgelenkt werden.“
Sie ging auf den dunklen Salon zu.
„Das Aspirin ist in der Küche“,
Weitere Kostenlose Bücher