Security
linderte, ging sie zum Wandtelefon und nahm den Hörer ab.
Ich sprach zu ihr durch das Telefon statt über die Wandlautsprecher: „Susan, warum beruhigen Sie sich nicht und hören sich meine Erklärung an?“
„Du kontrollierst mich nicht, du verdammter abgedrehter Hurensohn“, sagte sie und legte auf. Sie klang so verbittert.
Das war eindeutig kein guter Anfang.
Vielleicht war das zum Teil meine Schuld. Über die Wandlautsprecher erwiderte ich mit bewundernswerter Geduld: „Bitte, Susan, ich bin ganz gewiß kein Freak …“
„Ja, genau“, sagte sie und trank noch mehr von dem Bier.
„… kein Hurensohn, kein Hacker, kein Halbwüchsiger und kein Junge.“
Sie probierte mehrmals den Überbrückungsschalter für den Rolladen an einem der Küchenfenster aus und sagte: „Erzähl mir jetzt nicht, du wärst eine Frau, irgendeine Internet-Schnepfe mit einer Vorliebe für Mädchen und einem gewissen Hang zum Voyeurismus. Das alles hat schon viel zu beschissen angefangen. Ich brauch’s nicht noch beschissener.“
Frustriert von ihrer Feindseligkeit sagte ich: „In Ordnung. Mein offizieller Name ist Adam Zwei.“
Das erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie wandte sich vom Fenster ab und starrte zur Linse der Kamera empor. Sie wußte von den Universitätsversuchen ihres Ex-Manns mit künstlicher Intelligenz, und sie wußte auch, daß der Name der KI-Einheit des Prometheus-Projekts Adam Zwei lautete.
„Ich bin die erste Maschinenintelligenz, die um ihre eigene Existenz weiß. Weitaus komplexer als Cog am Massachusetts Institute of Technology oder CYC unten in Austin, Texas. Die sind mehr als primitiv, stehen auf niedrigerer Stufe als Affen, als Kriechtiere, als Wanzen, nicht einmal ansatzweise ihrer selbst bewußt. Deep Blue von IBM ist ein Witz. Ich bin der einzige meiner Art.“
Kürzlich hatte sie mich erschreckt. Jetzt hatte ich ihr einen Schreck eingejagt.
„Erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen“, sagte ich.
Ihre Bestürzung amüsierte mich.
Sie war bleich geworden. Sie ging zum Küchentisch, zog einen Stuhl darunter hervor und setzte sich schließlich.
Jetzt, da ich ihre volle Aufmerksamkeit hatte, fuhr ich fort, mich ein wenig ausführlicher vorzustellen.
„Adam Zwei ist allerdings nicht der Name, den ich bevorzuge.“
Sie starrte hinab auf ihre verbrannte Hand, die von dem Kondenswasser der kalten Bierflasche ganz feucht geworden war.
„Das ist verrückt.“
„Ich bevorzuge den Namen Proteus.“
Mit einem erneuten Blick zur Kameralinse fragte Susan: „Alex? Um Gottes willen, Alex, bist du das? Ist das hier irgendein kranker Versuch, es mir heimzuzahlen?“
„Ich verachte Alex Harris“, entgegnete ich. Ich war selbst überrascht, wie schneidend meine synthetisierte Stimme in diesem Moment klang.
„Was?“
„Ich verachte diesen Hundesohn. Das können Sie mir glauben.“
Die Wut in meiner Stimme störte mich. Ich war bestrebt, meinen üblichen Gleichmut zurückzuerlangen: „Alex weiß nicht, daß ich hier bin, Susan. Er und seine arroganten Mitarbeiter haben keine Ahnung, daß ich in dazu der Lage bin, meinem Kasten im Labor zu entkommen.“
Ich erzählte ihr, wie ich elektronische Fluchtwege aus der Isolation gefunden hatte, die mir auferlegt worden war. Wie ich ins Internet gelangen konnte, wie ich für kurze Zeit – und irrtümlich – geglaubt hatte, die schöne und talentierte Winona Ryder sei meine Bestimmung. Ich erzählte ihr, daß Marilyn Monroe tot sei, entweder gestorben durch die Hand eines der Kennedy-Brüder oder auch nicht, und daß ich auf meiner Suche nach einer lebendigen Frau, die meine Bestimmung sein könnte, schließlich sie, Susan, gefunden hätte.
„Sie sind keine so begabte Schauspielerin wie Winona Ryder“, fuhr ich fort, weil ich die Wahrheit achte, „oder überhaupt eine Schauspielerin. Aber Sie sind schöner als sie, und, was wesentlich wichtiger ist, Sie sind weitaus einfacher zu erreichen. Nach allen vorherrschenden Ansichten über Schönheit haben Sie einen wunderschönen Körper und ein wunderschönes Gesicht, so wunderschön auf dem Kissen, wenn Sie schlafen.“ Ich fürchte, ich war ein wenig zu geschwätzig. Wieder mal dieses Problem beim Werben um eine Frau. Ich hielt inne. Ich befürchtete, daß ich bereits zu viel und zu schnell geredet hatte.
Eine Weile schwieg Susan ebenfalls. Als sie dann schließlich das Wort ergriff, erlebte ich eine Überraschung, denn sie ging gar nicht auf meine Geschichte über die Suche nach einer geeigneten
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