Security
sagte ich zu ihr.
Sie schaltete das Licht im Salon per Hand ein. Dann ging sie zum nächsten Fenster und betätigte den Überbrückungsschalter, der sich neben den Stahlrolladen befand.
„Das hat keinen Sinn“, versicherte ich ihr. „Ich habe die Möglichkeit zur manuellen Überbrückung aller automatisierten mechanischen Systeme deaktiviert.“
Dennoch probierte sie jeden der Überbrückungsschalter im Raum aus.
„Susan, kommen Sie in die Küche, nehmen Sie ein paar Aspirin, und dann können wir reden.“
Sie legte die Pistole auf einen Tisch.
„Sehr gut“, sagte ich. „Waffen werden Ihnen nicht weiterhelfen.“ Trotz ihrer verletzten linken Handfläche nahm sie einen Empirestuhl – schwarze Eisblumenlackierung mit goldenem Muster –, hob ihn an, um einen Eindruck von seinem Gewicht zu bekommen, holte aus, als handele es sich um einen Baseballschläger, und schmetterte ihn gegen die nächste Sicherheitsjalousie. Der Stuhl traf den Rolladen mit ohrenbetäubendem Lärm, verursachte aber nicht mal einen Kratzer.
„Susan …“
Der Schmerz in ihrer Hand ließ sie fluchen, aber sie schwang den Stuhl ein weiteres Mal und bewirkte damit genausowenig wie zuvor. Dann noch einmal. Keuchend vor Anstrengung ließ sie den Stuhl schließlich fallen.
„Werden Sie jetzt in die Küche kommen und ein paar Aspirin nehmen?“ erkundigte ich mich.
„Hältst du das etwa für witzig?“ stieß sie wütend hervor.
„Witzig? Ich glaube lediglich, daß Sie Aspirin brauchen.“
„Du kleines Großmaul.“
Ich fand ihr Auftreten sehr verwirrend, und das sagte ich ihr auch.
Sie nahm die Pistole wieder in die Hand und fragte: „Wer bist du, häh? Wer bist du, dort hinter dieser synthetisierten Stimme – irgendein verfluchter Hacker, vierzehn Jahre alt und hormonüberflutet, irgendein halbwüchsiger Spanner, der gern heimlich nackte Frauen anglotzt, während er an sich herumspielt?“
„Ich finde diese Vorwürfe beleidigend“, sagte ich.
„Hör zu, Junge, du bist vielleicht ein Computerfreak, aber du wirst ziemlich tief in Schwierigkeiten stecken, sobald ich hier herauskomme. Ich habe jede Menge Geld, jede Menge Ahnung und haufenweise gute Beziehungen.“
„Ich versichere Ihnen …“
„Wir werden deine Spur zu deinem armseligen kleinen PC zurückverfolgen …“
„… ich bin kein …“
„… wir werden deinen Arsch festnageln und dich fertigmachen …“
„… ich bin kein …“
„… und dann wirst keinen Internetzugang mehr bekommen, bis du mindestens einundzwanzig bist, vielleicht sogar nie wieder, also hör besser sofort damit auf und bete um Nachsicht.“
„… ich bin kein Großmaul. Sie liegen absolut falsch, Susan. Bislang sind Sie immer so intuitiv gewesen, fast schon beängstigend intuitiv, aber jetzt sind Sie auf der völlig falschen Fährte. Ich bin weder ein Junge noch ein Hacker.“
„Was bist du denn? Ein elektronischer Hannibal Lecter? Du wirst wohl kaum meine Leber mit Favabohnen essen können, nicht durch ein Modem, verstehst du?“
„Woher wollen Sie wissen, daß ich nicht schon im Haus bin und das System von innen heraus kontrolliere?“
„Weil du ansonsten schon längst versucht hättest, mich zu vergewaltigen oder zu töten oder beides“, entgegnete sie überraschend abgeklärt.
Sie ging aus dem Salon.
„Wohin gehen Sie?“ fragte ich.
„Schau mir doch zu.“
Sie ging in die Küche und legte die Pistole auf den Hackblock, der auf der Arbeitsfläche in der Mitte des Raumes stand.
Sie fluchte wenig damenhaft vor sich hin, öffnete eine Schublade, in der sich verschiedene Medikamente und Verbandmaterial befanden, und schüttete zwei Aspirin aus einer kleinen Flasche.
„Endlich sind Sie vernünftig“, sagte ich.
„Halt’s Maul.“
Obwohl sie spürbar unhöflich zu mir war, nahm ich daran keinen Anstoß. Sie war verängstigt und durcheinander, und unter diesen Umständen war ihr Verhalten verständlich.
Außerdem liebte ich sie viel zu sehr, um ihr böse sein zu können.
Sie nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und spülte das Aspirin damit herunter.
„Es ist fast vier Uhr morgens, bald schon Zeit fürs Frühstück,“ merkte ich an.
„Und?“
„Meinen Sie, daß Sie um diese Zeit Alkohol trinken sollten?“
„Unbedingt.“
„Die potentiellen Gesundheitsrisiken …“
„Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das Maul halten?“ Mit der kalten Flasche Bier in ihrer linken Hand, die den Schmerz der leichten Verbrennung auf ihrer Handfläche
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