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See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)

See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)

Titel: See der Schatten - Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Aaron
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gesehen, dass das Sheriffbüro ziemlich genau in der Mitte des Ortes lag. Und da schönes Frühlingswetter mit strahlendem Sonnenschein herrschte, beschloss er, zu Fuß zu gehen und sich dabei gleich einen Überblick über Shadow Lake zu verschaffen.
    Jetzt um die Mittagszeit war der kleine Ort wie ausgestorben. Sowohl der Lebensmittelladen als auch der Friseursalon hatten Mittagspause. Das Geschäft für Anglerbedarf hatte einem Aushang zufolge sogar die ganze Woche geschlossen. Auf der Straße waren weder Menschen noch fahrende Autos zu sehen. Ryan fragte sich, was die Bewohner von Shadow Lake tagsüber so trieben, dass man keinen von ihnen zu Gesicht bekam.
    Als er an Susannah dachte, konnte er sich ein gequältes Grinsen nicht verkneifen. Shadow Lake war bestimmt kein Ort für sie gewesen. Wenn man schon mitten am Tag niemanden auf der Straße sah, wie musste es dann erst nachts aussehen? Hier wurden die Bürgersteige abends wahrscheinlich nicht nur hochgeklappt, sondern wie eine Zugbrücke hochgezogen.
    Als er das Büro des Sheriffs erreichte, blieb er staunend stehen. Er fragte sich, wie sich ein so winziges Kaff eine so große und komfortable Polizeistation leisten konnte. Das offensichtlich erst vor Kurzem modernisierte Gebäude war in grau und weiß gestrichen und verfügte sogar über eine automatische Glastür.
    Beinahe lautlos schoben sich die beiden Glasscheiben auseinander, als er das Büro betrat. Im Inneren schlug ihm auf Gefrierschranktemperatur heruntergekühlte Klimaanlagenluft entgegen. Eine pummelige Frau mit kurzen blondierten Haaren und einer markanten Hakennase blickte ihn fragend an. »Ja, bitte?«
    »Mein Name ist Ryan MacIntyre«, stellte Ryan sich vor. »Ich würde gern mit dem Sheriff sprechen.«
    Die Frau antwortete nicht, aber das leichte Zusammenzucken bei seinem Namen war ihm nicht entgangen. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, stand sie auf, ging in eines der angrenzenden Zimmer und schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Leises Stimmengemurmel war daraufhin zu hören, aber leider konnte Ryan kein Wort von dem verstehen, was drinnen gesprochen wurde. Dann öffnete sich die Tür wieder, und hinter der Frau, die wortlos an ihren Platz zurückkehrte, kam der Sheriff von Shadow Lake aus dem Raum. Er war ein recht gut aussehender Mann, vielleicht Mitte vierzig. Sein muskulöser Körper deutete auf regelmäßiges Krafttraining hin. Während er auf Ryan zuging, fuhr er sich mit den Fingern durch die langsam schütter werdenden Haare und zog sich dann mit beiden Händen die Hose seiner khakifarbenen Uniform seitlich am Bund hoch.
    »Hallo, Mr MacIntyre. Ich bin Dan Marcks, Sheriff von Shadow Lake und Umgebung. Was kann ich für Sie tun?«
    Ryan ergriff die ausgestreckte Hand des Sheriffs und erwiderte dessen festen Händedruck. »Hallo, Sheriff Marcks. Ich bin wegen des Selbstmords von Susannah MacIntyre hier. Sie war meine Schwester. Letztes Jahr haben wir ihretwegen ein paar Mal telefoniert. Vielleicht erinnern Sie sich.«
    »Sicher, sicher.« Marcks setzte einen unglücklichen Gesichtsausdruck auf und kratzte sich an der Stirn. »War wirklich `ne unschöne Sache. Zum Glück haben wir so etwas nicht häufiger«, meinte er nachdenklich. Dann wandte er sich wieder direkt an Ryan. »Aber eigentlich war doch alles geklärt. Oder gibt es dazu noch Fragen?«
    »Das weiß ich selbst nicht so genau«, erklärte Ryan ausweichend. »Es ist so, dass ich vor ein paar Tagen beim Ausräumen der Wohnung meiner Mutter einen Brief von Susannah gefunden habe, der so überhaupt nicht zu dem passt, was wir bisher angenommen haben. Ich bin immer davon ausgegangen, Susannah wäre in Oregon einsam und unglücklich gewesen. Aber anscheinend lag ich damit falsch.«
    Er legte Susannahs Brief aufgefaltet vor dem Sheriff auf den Schreibtisch. »Sie hat ihn am 16. Oktober geschrieben, also genau an dem Tag, an dem sie starb.«
    Während Marcks den Brief durchlas, beobachtete Ryan ihn genau, aber der Sheriff verzog keine Miene. Flink wanderten seine Augen hin und her. Als er fertig war, faltete er das Papier wieder zusammen und gab es Ryan ohne einen Kommentar zurück.
    »Meinen Sie, so einen Brief schreibt jemand, der seinem Leben ein Ende setzen will?«, hakte Ryan nach. »Für mich klingt das nach einem ganz normalen Mädchen, das ganz normale Dinge tut und dabei Spaß am Leben hat.«
    Der Sheriff sah ihn stirnrunzelnd an. Dann holte er einmal tief Luft und baute sich in seiner ganzen Größe vor Ryan auf, wobei er

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