See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
erreichen. Ich habe mich gewundert, dass jemand dort angeln geht.«
»Ich habe eben gern meine Ruhe«, knurrte Greg. »Ich bin mal durch Zufall auf die Stelle gestoßen und habe festgestellt, dass dort so gut wie nie jemand hinkommt. Also gehe ich inzwischen öfter dort angeln, wenn ich Zeit habe.«
Noch immer blickte er Tess skeptisch an. Als sie nicht antwortete, fragte er kurz angebunden: »War´s das jetzt oder ist noch was?«
Tess wusste nicht, was sie sagen sollte. Also schüttelte sie nur den Kopf und setzte ein Lächeln auf. Sie hoffte, dass sie mit ihrem Vorstoß keinen Fehler gemacht hatte. Mit einer derart unfreundlichen Reaktion hatte sie nicht gerechnet, vor allem, da Greg vorher durchaus charmant zu ihr gewesen war.
»Gut«, meinte Greg daraufhin. »Dann werde ich nur noch schnell unsere Drinks bezahlen und mich dann auf den Heimweg machen. Ich habe noch ziemlich viel Arbeit, die dringend erledigt werden muss.«
Tess hielt ihn am Arm zurück, als er aufstand. »Äh, lassen Sie mal, ich übernehme selbstverständlich die Rechnung«, erklärte sie.
Einen Moment zögerte Greg unschlüssig, dann aber nickte er zustimmend. »In Ordnung. Geben Sie mir Bescheid, wenn der Kaufvertrag fertig ist, ja? Dann können wir alles unter Dach und Fach bringen.«
Nachdem Tess ihm versprochen hatte, sich um alles zu kümmern, stand er auf und verließ ohne sich zu verabschieden das Lakeview Inn.
Eine Weile blickte Tess ihm nachdenklich hinterher. Sie war erleichtert, dass er jetzt endlich gegangen war. Vielleicht wäre es besser gewesen, Susannah nicht zu erwähnen, überlegte sie. Es war mehr als deutlich geworden, dass er über dieses Thema nicht sprechen wollte. Allerdings war sie bestimmt die Letzte, die kein Verständnis dafür hatte. Wenn jemand, den sie kaum kannte, sie auf Joanna angesprochen hätte, wäre ihre Reaktion vermutlich kein bisschen freundlicher gewesen. Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. Nein, dieses Thema hätte sie wirklich besser vermeiden sollen, aber jetzt konnte sie es nicht mehr rückgängig machen.
Sie seufzte und stand dann auf. Sie wollte ihre Drinks direkt bei Hank am Tresen bezahlen.
Hank stapelte gerade die polierten Gläser auf das Glasregal oberhalb der Bar. »Hallo Tess«, begrüßte er sie, als sie näherkam. Er stellte die beiden Gläser, die er gerade in den Händen hatte, vor sich ab und lehnte sich mit den Ellenbogen auf den Tresen. Obwohl sie jetzt schon das zweite Mal im Lakeview Inn war, hatten sie außer einer knappen Begrüßung noch kein Wort miteinander gewechselt. »Es ist ja schön, dass du dem Lakeview Inn schon wieder einen Besuch abstattest«, begann er jetzt ein Gespräch. »Wie geht es dir?«
»In Anbetracht des Anlasses, der mich hergeführt hat, geht es mir eigentlich ganz gut«, gab Tess zurück. Es gelang ihr nicht ganz, den Sarkasmus zu unterdrücken, der sich in ihre Stimme geschlichen hatte.
Hank blickte sie betreten an. Dann räusperte er sich. »Äh, ja, natürlich«, stammelte er. »Das mit Ellen tut mir natürlich leid.«
Tess sparte sich eine Antwort. Sie konnte die geheuchelten Beileidsbekundungen langsam nicht mehr ertragen. Also nickte sie nur. »Was bin ich dir schuldig?«, erkundigte sie sich, wobei sie auf die beiden leeren Gläser deutete, die sie auf den Tresen gestellt hatte.
»Das waren ein Bier und ein Orangensaft. Macht genau sechs Dollar.«
Während Tess in ihre Tasche griff, um ihren Geldbeutel herauszuziehen, kratzte sich Hank am Kopf. Er schien noch etwas loswerden zu wollen, wusste aber anscheinend nicht, wie er anfangen sollte.
»Ist noch was?«, fragte Tess deshalb, nachdem sie ihm das Geld für die Getränke gegeben hatte.
»Ja, schon«, begann Hank stockend. Offensichtlich wusste er nicht, wie er sein Anliegen vorbringen sollte. »Ich wusste gar nicht, dass du mit Greg Koborski befreundet bist.«
»Befreundet?« Tess lachte kurz auf und verzog das Gesicht. »Naja, das wäre wohl etwas zu viel gesagt. Ich kenne ihn ja gerade erst seit ein paar Stunden. Aber er hat Interesse daran, das Haus meiner Tante zu kaufen. Wir haben gerade die Einzelheiten des Kaufvertrags geklärt.«
»Ach so ist das.« Merkwürdigerweise schien Hank erleichtert zu sein. »Dann ist ja alles in Ordnung«, meinte er und fügte dann mit gesenkter Stimme hinzu: »Aber du solltest trotzdem vorsichtig sein, wenn du dich mit ihm triffst, vor allem wenn ihr beiden allein seid. Wenn du mich fragst, der Typ ist nicht ganz koscher.«
Tess runzelte
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