See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
du immer für mich erreichbar bist.« Für einen Augenblick blitzte das Bild von Jared in ihrer Erinnerung auf. Wäre er in diesem Moment da gewesen, hätte er sich wahrscheinlich ganz ähnlich verhalten. Auch er hatte immer diesen ausgeprägten Beschützerinstinkt gehabt.
»Dann ist es ja gut.« Ryan grinste zufrieden. »Aber jetzt sollten wir uns endlich an die Arbeit machen. Ich hoffe, wir finden ein paar interessante Aspekte über die toten Frauen, die uns endlich ein Stück weiterbringen.
Sie setzten sich wieder vor den Computer und vertieften sich in ihre Recherche. Doch so intensiv sie auch nach einem Lebenszeichen von Millie Walls suchten, sie fanden nichts.
Tess presste die Lippen aufeinander. »Ich fürchte, das ist kein gutes Zeichen, oder?«, fragte sie bedrückt.
»Das muss noch nichts heißen. Vielleicht hält sie sich einfach aus der virtuellen Welt fern«, widersprach Ryan. Aber auch er machte einen niedergeschlagenen Eindruck.
Die nächste knappe Stunde verbrachten sie mit der Suche nach Hinweisen über Claire Meyers. Über sie fanden sie viel mehr. Claire war anscheinend im Netz sehr aktiv gewesen, und es dauerte eine ganze Weile, sämtliche Seiten, auf denen sie erwähnt wurde, aufzurufen und durchzulesen.
Nach einer Weile rieb sich Tess mit der Hand über das Gesicht. »Ich glaube, ich brauche erst einmal eine Pause. Wie wär`s mit einem Becher Eiscreme?«
»Hört sich verlockend an«, grinste Ryan. »Für mich bitte eine doppelte Portion.«
Während Ryan mit der Suche weitermachte, ging Tess in die Küche, stellte zwei Becher auf die Arbeitsplatte und holte die Packung Chocolate-Chip-Eiscreme aus dem Gefrierfach, die Ryan zu ihrem Treffen mitgebracht hatte. Sie füllte zwei Löffel Eis in den einen und vier Löffel in den anderen Becher, verstaute die Eispackung wieder im Gefrierschrank und ging zurück zu Ryan ins Wohnzimmer. Sie stellte seinen Becher vor ihn auf den Schreibtisch und fing genüsslich an zu löffeln.
»Ich glaube, du hast uns das Leben gerettet«, erklärte sie amüsiert. »Ohne Eis hätte ich keine Minute weiterleben können.«
Als Ryan auf ihr Geplänkel nicht reagierte, sondern weiter konzentriert auf den Bildschirm starrte, runzelte sie die Stirn. Sie trat einen Schritt näher an ihn heran und sah ihm neugierig über die Schulter. »Hast du etwas gefunden?«, erkundigte sie sich.
»Hhm, könnte schon sein«, gab Ryan vage zurück. Er blickte auf. »Hast du nicht erzählt, dass Claire eine ziemlich schlechte Schwimmerin gewesen ist?«
Tess nickte und beugte sich über ihn, um besser auf den Bildschirm sehen zu können. »Shannon hat so etwas erwähnt. Sie meinte, dass Claire wohl zu weit auf den See hinausgeschwommen ist und den Rückweg zum Ufer nicht mehr geschafft hat. Und in dem Zeitungsartikel hat etwas Ähnliches gestanden. Darin hieß es aber auch, dass sie eventuell einen Krampf gehabt hat. Warum fragst du?«
»Weil ich hier eine interessante Seite gefunden habe. Es ist ein Nachruf, den ihre Mannschaftskameradinnen von ihrer Highschool kurz nach ihrem Tod für sie eingerichtet haben. Ich weiß, dass der Shadow Lake zwar groß, aber nicht riesig ist. Selbst wenn man bis zur Mitte des Sees schwimmt, sind es nie mehr als ein paarhundert Meter bis zum Ufer. Ein Krampf wäre vielleicht eine Erklärung, trotzdem habe ich mich gewundert, dass jemand es nicht zurück zum Ufer des Sees schafft.« Ryan deutete mit einer Handbewegung auf den Monitor. »Vor allem, wenn dieser jemand ein sehr erfolgreiches Mitglied des Highschool-Schwimmteams war.«
29. Kapitel
Greg Koborski lief in seiner winzigen Küche auf und ab. Seine fahrigen Bewegungen verrieten, in welch desolatem Gemütszustand er sich befand.
Vorhin hatte er beobachtet, dass Tess schon wieder Besuch von diesem Kerl bekommen hatte. Und die Begrüßung zwischen den beiden hatte ihm überhaupt nicht gefallen. Der flüchtige Kuss auf die Wange war dabei gar nicht das Problem gewesen. Aber als Greg gesehen hatte, welche Blicke Tess dem anderen Mann dabei zugeworfen hatte, war ihm ganz schlecht geworden. Er lachte höhnisch auf. Sie hatte ihn ja regelrecht angeschmachtet. Noch immer drehte sich ihm der Magen um bei dem Gedanken daran, dass sie jetzt mit ihm allein im Nachbarhaus war, nur ein paar Meter entfernt, aber gleichzeitig unerreichbar.
Er verzog verbittert das Gesicht, als er daran dachte, wie distanziert sie dagegen ihn am Vortag behandelt hatte. Zuerst hatte er sich eingeredet, dass sie vielleicht
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