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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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atmen. Ehrfürchtig und ein bisschen ängstlich staunte er dieses Naturphänomen an, wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal ein Gewitter erlebt.
    Dann zuckte es auf dem Schirm und es war nur noch Bildrauschen zu sehen.
    »Das war’s«, sagte der Professor. »Haben Sie was entdeckt?«
    »War das alles? Sie haben doch gesagt, dass es mehrere solcher Stellen gibt.«
    Widerwillig nickte Guthknecht. »Ja, die gibt es. Wenn Sie die auch sehen …«
    »Will ich.«
    Der Professor gab einem Studenten ein Zeichen und dieser legte eine andere DVD in das Laufwerk. Wieder wurde der Bildschirm zunächst grün, dann braun, schließlich schwarz und begann dann rosa zu schimmern. Kluftinger merkte, dass seine Kollegen ungeduldig wurden. »Wollen wir sie nicht mitnehmen und daheim anschauen?«, fragte Maier, der seit einigen Minuten unruhig von einem Bein auf das andere stieg und seine Hände gegeneinander rieb. Er war völlig durchgefroren. Der Bildschirm wurde rosa, dann schwarz und das Bild begann zu rauschen. Der Student wollte gerade die DVD aus dem Laufwerk nehmen, da rief der Kommissar: »Stopp! Noch mal zurück.«
    Entgeistert wurde er von allen angeblickt.
    »Also, Herr Kluftinger, ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber da war nichts.« Friedel Marx steckte sich einen Zigarillo an und blies ihm den Rauch ins Gesicht.
    Maier nickte. »Komm, keiner hat was gesehen. Lass uns das Zeug mitnehmen und verschwinden.«
    »Da kann ich doch nichts machen, dass ich der Einzige bin, der nicht ganz blind ist«, blaffte der Kommissar zurück. »Ich hab was entdeckt, ganz sicher. Schon traurig, dass ich mit meinen verquollenen Schnupfenaugen besser sehe als ihr alle zusammen.«
    Keiner traute sich mehr, etwas zu sagen. Der Student drückte eine Taste und das Bild ruckelte rückwärts. Als Kluftinger die rosa Farbe sah, rief er: »Stopp! Können Sie das ab hier auch langsamer abspulen?«
    Auf einmal waren alle wieder still. Jeder versuchte zu sehen, was der Kommissar gesehen hatte.
    »Da! Da war es!«, rief er.
    Die Umstehenden sahen sich fragend an.
    »Hurament, habt ihr’s immer noch nicht gesehen? Nur ganz kurz.«
    Keiner antwortete. Kluftinger kamen plötzlich selbst Zweifel. Sollten ihm seine benebelten Sinne einen Streich gespielt haben? Nein, er war sich ganz sicher. Jetzt wollte er es wissen. Er kletterte halb in den Bus, blickte sich mit den Worten »Darf ich?« zum Professor um und berührte, als der nickte, mit dem Finger den Bildschirm. »Hier, diesen Bereich, können Sie den vergrößern?«
    Der Student nickte.
    »Und ganz langsam laufen lassen.«
    Auf dem Bildschirm erschien, etwas unschärfer als zuvor, wieder die rote Flüssigkeit.
    »Anhalten!« Heiser stieß der Kommissar den Schrei aus und bezahlte das mit einem Hustenreiz. Als der sich gelegt hatte, nickte er und blickte sich um. »Seht ihr’s jetzt?«
    Wie an einer unsichtbaren Schnur gezogen beugten sich die Köpfe der Menschen, die um das Auto herum standen, nach vorn. Es dauerte ein, zwei Sekunden, dann sagte eine junge Frau: »Er hat Recht. Da ist was.« Das Gedränge um den Bus wurde größer.
    »Tatsächlich. Sie müssen ja Augen wie ein Luchs haben«, flüsterte Guthknecht.
    Damit schien der Bann gebrochen, denn auf einmal sahen es alle: Am unteren Rand des Bildschirms, dort, wo sich die rote Flüssigkeit langsam in tiefes Schwarz auflöste, ragte etwas heraus. Es war eine schwer zu identifizierende, zackige Form, die Oberfläche diffus, weil sie von einer dicken Sedimentschicht überzogen war. Aber das war garantiert keine natürliche Form, kein Baumstamm, der in den See gefallen war. Der Balken oder Träger oder was das auch immer sein mochte, breitete sich mehrere Meter nach beiden Seiten aus, verjüngte sich nach unten und verschwand schließlich in der undurchdringlichen Schwärze des Sees.
    »Was zum Teufel ist das?«, entfuhr es Maier.
    Die Antwort des Professors kam schnell, zu schnell, wie Kluftinger fand: »Ach, da wird mal irgendjemand was reingeschmissen haben. Vielleicht eine Angelrute. Oder es ist ein alter Steg oder ein Segelmast.«
    Kluftinger musterte ihn streng. »Wie tief ist es an dieser Stelle?«, wollte er wissen.
    »Also, ich weiß nicht so genau, vielleicht …«, der Professor ruderte mit den Händen, »um die achtunddreißig Meter.«
    »Soso. Angelrute, was? Mit einer so langen und dicken Angelrute könnte man ja bequem nach Walen fischen!«
    Mit hochrotem Kopf stotterte der Professor: »Na, ich dachte ja nur, ich meine …« Er

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