Seegrund
einmal für eine Winterjacke, geschweige denn einen Skianorak, ausgegeben – und das, wo diese Kleidungsstücke aus erheblich mehr Stoff gefertigt waren als so ein lappriger Bademantel.
»Nicht ganz dreihundert Mark«, korrigierte ihn die Dame. »Ich sagte ja, etwas Besonderes.«
»In dem Fall tut es etwas weniger Besonderes auch. Ist schließlich nur für meine Frau und nicht für …« Er machte eine kurze Pause, um zu überlegen, wie er den Satz eigentlich hatte beenden wollen.
»Nicht für Ihre Freundin«, murmelte die Frau so leise in die Pause hinein, dass Kluftinger nicht hätte beschwören können, ob er richtig gehört hatte.
»Ich nehme den gelben Mantel hier. Wenn Sie mir den nett verpacken.« Er reichte der Dame ein schlichtes Modell aus Frottee.
»Bitte, wie Sie meinen. Der tut sicher auch seinen Zweck«, sagte die Verkäuferin und Kluftinger konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie dabei etwas enttäuscht klang.
Aber in ihre Enttäuschung mischte sich sehr schnell so etwas wie Kampfgeist wider die Sparsamkeit einfallsloser Ehemänner und sie fragte herausfordernd: »Wenn ich so indiskret sein darf, was bekommt die Gattin denn noch?«
Kluftinger zuckte zusammen: »Wie … noch?« Er war überrumpelt und überlegte kurz: »Blumen halt.« Er wollte vor der Verkäuferin nicht als geizig dastehen. Gleichzeitig ärgerte er sich darüber, dass sie ihm das Gefühl gab, sich rechtfertigen zu müssen.
Sie erwiderte nichts, sondern zog lediglich die Augenbrauen nach oben und wandte sich zur Kasse. »Reicht das vielleicht nicht? Ist es denn nicht mehr die Geste, die zählt?« Die Verkäuferin drehte sich um; er hatte ihre Herausforderung angenommen.
»Ich dachte nur … für einen Mann in Ihrer Stellung …«
Kluftinger stutzte. Kannte sie ihn? Er hatte sie mit Sicherheit noch nie gesehen – sein Personengedächtnis war legendär. Aber er war hin und wieder in den Medien, das brachte seine Stellung, auf die die Dame offenbar anspielte, so mit sich. Er musste dabei einen ungeheuren Eindruck hinterlassen haben und fühlte sich geschmeichelt.
»Wieso, hätten Sie noch einen Tipp?«, fragte er etwas sanfter als zuvor. Vielleicht würde er tatsächlich noch ein Geschenk …
»Dessous! Edle Wäsche, damit könnten Sie Ihre Frau mal wieder verwöhnen. Etwas Feines, was man sich selbst nicht gönnen würde.«
Unterwäsche? Das war dem Kommissar nun doch zu heikel.
»Also, meine Frau hält nicht viel von Reizwäsche«, wiegelte er ab.
Sie grinste: »Ich rede von Dessous, nicht von Reizwäsche.«
»Ach so, ja dann …« Die Situation begann ihm mehr und mehr zu entgleiten.
»Welche Größe bräuchten wir denn?«, insistierte die Verkäuferin und brachte den Kommissar damit gleich in die nächste Verlegenheit.
»Hm … mittel, würde ich sagen.«
»Ein wenig genauer brauchte ich es schon. Achtunddreißig? Na ja, eher vierzig oder zweiundvierzig wahrscheinlich, oder?«
»Vierzig, das müsste passen«, antwortete der Kommissar zögerlich, das war schließlich genau die Mitte.
»Gut, also, da würde ich etwas aus Satin empfehlen. Sehen Sie, hier wäre eine wunderschöne tannengrüne Kombination. Hätten wir aber auch in bordeauxrot. Das trägt sich sehr angenehm, ist im Sommer schön kühl und regt die Phantasie an …«, lächelte ihn die Frau seltsam wissend an. Da Gespräche über das, worauf die Verkäuferin offenbar anspielte, bislang nie das Kluftingersche Schlafzimmer verlassen hatten, wechselte er rasch das Thema: »Kostenpunkt?«
»Neunundachtzig. Mit Tanga, Rio oder Hipslip?«
»Hm?«, war das Einzige, was Kluftinger herausbrachte. Und das nicht einmal wegen des horrenden Preises: Sie hatte eine Frage gestellt, das merkte er an der Satzmelodie. Vom Inhalt der Frage kam ihm aber nur das Wort »Tanga« bekannt vor. Er wurde rot. So etwas würde Erika nie anziehen.
Da er nicht antwortete, fuhr die Verkäuferin fort: »Also Rio, das ist wohl am besten.« Er nickte.
»Schön. Welchen Cup?«
Kluftinger begann zu schwitzen, seine Wangen leuchteten.
»Die Körbchen …« Die Verkäuferin schien mit ihrer Geduld am Ende.
Da hellte sich die Miene des Kommissars auf: Natürlich, die Körbchengröße. Hätte sie auch gleich sagen können. Verschwörerisch beugte er sich vor und flüsterte mit einem verschmitzten Lächeln:
»Zwischen Orange und Grapefruit – genau richtig halt.« Dabei zwinkerte er der Verkäuferin mit einem Auge zu.
Sie sah ihn lange an, schüttelte dann langsam den Kopf
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