Seegrund
beschattet wird und wollten jetzt hier warten. Und da steht ihr plötzlich vor dem Haus.«
»Wie auch immer: Für uns ist jetzt wichtig zu erfahren, was der Wagner hier will und warum er vorher bei Appel war. Scheinbar kennen die sich alle. Also, wir machen das folgendermaßen …«
Fünf Minuten später saßen Hefele und Maier noch immer im Auto, das nun etwas weiter von Röcks Garageneinfahrt entfernt stand, so dass es von dort nicht gesehen werden konnte. Kluftinger und Friedel Marx saßen auf der Rückbank. Strobl war, so hatte es Kluftingers Plan vorgesehen, mit dem Passat auffällig und schnell davongebraust, um Wagner glauben zu lassen, er könne nun ungestört ins Haus.
Tatsächlich sah Kluftinger Tassilo Wagner kurze Zeit darauf durch Röcks schmiedeeisernes Gartentor verschwinden.
Die Beamten beschlossen, noch einige Minuten zu warten, um die beiden Herren »in flagranti« zu überraschen. Während sie so dasaßen und Kluftinger über das Gespräch mit dem Bankier nachdachte, breitete sich plötzlich ein stechender, fauliger Geruch im Wagen aus.
Erst glaubte er, seine verstopfte Nase spiele ihm einen Streich, doch dann wurde der Gestank so durchdringend, dass es keinen Zweifel mehr gab: Irgendjemand hatte der Natur ihren Lauf gelassen – in einem voll besetzten Auto, bei dem wegen der Kälte alle Fenster bis zum Anschlag hochgekurbelt waren.
Kluftinger wurde unruhig: Der Fäulnisgeruch wurde so stark, dass er es nicht wagte, tief Luft zu holen. Normalerweise wäre er jetzt aus dem Auto gesprungen und hätte laut schimpfend nach dem Schuldigen gerufen. Doch Wagner war noch nicht in der Wohnung verschwunden und außerdem hatten sie eine Frau in ihrem Wagen sitzen, auch wenn es sich dabei nur um Friedel Marx drehte. Offenbar ging es seinen Kollegen ähnlich wie ihm, denn alle rutschten unruhig auf den Sitzen hin und her, wobei ihr Atem merklich flacher ging.
Argwöhnisch belauerten sie sich. Schließlich kurbelten sie alle kommentarlos ihre Scheiben einen Spalt nach unten. Fast alle.
»Ich geh noch eine rauchen!«, durchbrach Friedel Marx nämlich die Stille und lieferte sich somit geradezu aus. Genauso gut hätte sie offen gestehen können, dachte Kluftinger. Sie vergewisserte sich erst noch mit einem Blick durch die angelaufene Scheibe, dass Wagner inzwischen im Haus war, und stieg dann aus. Sie war noch keine fünf Schritte vom Wagen entfernt, da überschlugen sich die im Auto sitzenden Männer mit ihren Kommentaren.
»Also die ist schon eine Marke. So was, noch dazu für eine Frau, ja pfui Teufel!«, schimpfte Hefele und Kluftinger stimmte kopfnickend zu.
»Das sind die gleichen Leute, die noch schnell den Aufzug verpesten, bevor sie aussteigen«, merkte Kluftinger an und erntete dafür ein »Mhm« von Hefele. Nur Maier verhielt sich auffällig still.
Keine zwei Minuten später wurde es ihnen zu kalt im Auto. Sie stiegen aus und winkten ihrer Kollegin, als sie erneut auf die Tür von Röcks Haus zugingen.
»Hoffentlich reißt sie sich da drin wenigstens zusammen«, flüsterte Hefele seinem Chef zu, der als Antwort lediglich die Augen verdrehte.
Sie klingelten, und als die Haushälterin mit einem überraschten Gesichtsausdruck die Tür öffnete, drängten sie sich einfach an ihr vorbei.
»Sie hier, Herr Wagner?«, platzte Kluftinger in das Gespräch der beiden Männer. »Warum wir uns so schnell wiedersehen, müssen Sie mir schon erklären.«
12. Februar 1971
Die Männer schüttelten ihre eng anliegenden Anoraks ab. Hans war von der Straße abgekommen, als sie nach Füssen gefahren waren. Die Straße war vereist gewesen und der Wagen im Wald zum Stehen gekommen. Nun waren sie froh, hier zu sein. Es hatte sich so eingebürgert, dass sie nach den Treffen in diesen kleinen Raum unten in dem alten Gasthof gingen. Immer am gleichen Tag des Jahres. An ihrem Jahrestag.
Nur heute war es anders. Einer von ihnen fehlte. Beim Gedanken an ihn versetzte es einigen von ihnen einen Stich ins Herz. War ihre Sache all das wert? War es Leichtsinn, der ihn das Leben gekostet hatte? Wer könnte es je mit Sicherheit sagen? Lange Zeit schien sie die Trauer zu übermannen, doch dann mischte sich ein anderes Gefühl hinzu.
Damit bliebe mehr für sie, sagte einer.
Erst empörten sich einige über diesen Satz, doch je länger sie darüber nachdachten, desto klarer wurde ihnen, dass er damit Recht hatte. Mehr für sie. Mehr – wovon?
In Amerika habe man es geschafft, ein unbemanntes, kleines U-Boot
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