Seegrund
Kluftinger ungerührt.
Der alte Mann wirkte nun schwer angeschlagen. Eine Weile sagte er gar nichts, dann brachte er leise hervor: »Gut, es hat wohl keinen Sinn mehr. Ich kann ihn nicht länger decken.«
Die Beamten setzten sich kerzengerade hin.
»Er hat da illegal getaucht. Am Alatsee. Ich hab ihm gesagt, dass er es besser lassen sollte, aber welcher Sohn hört schon auf seinen Vater? Aber ich hatte Recht, das sehen Sie ja.« Röck atmete hörbar aus und ließ dann seinen Kopf auf die Brust sinken.
Da er nach einer Minute des Schweigens keine Anstalten machte, weiter zu sprechen, ergriff Friedel Marx das Wort »Das war’s? Mehr haben Sie nicht dazu zu sagen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, wie wär’s zum Beispiel damit: Warum ist Ihr Sohn dieses ach so große Risiko denn eingegangen? Wo es sogar illegal ist. Da muss es doch einen Grund geben, kruzifixnochmal!«
Seine Kollegin hatte sich sichtlich in Rage geredet, doch Kluftinger bremste sie nicht. Sein Schmusekurs hatte schließlich zu keinem Ergebnis geführt.
»Na gut«, seufzte Johann Röck, »ich muss es Ihnen wohl sagen. In dem See befinden sich Überreste von Anlagen aus dem Zweiten Weltkrieg. Ich nehme an, er hat vermutet, dass sich das irgendwie zu Geld machen lässt.«
Die Beamten sanken zurück. Sie waren also auf der richtigen Spur.
»Was sind das für Anlagen?«, fragte Strobl, und man merkte ihm seine Aufregung an.
»Ich weiß es nicht. Das war wohl militärisches Sperrgebiet. Keine Ahnung, was die da getrieben haben. Alte Geschichten.«
»Sie haben doch vorher selbst mit dem Krieg angefangen«, protestierte der Kommissar.
»Ja, aber ich weiß darüber nichts. Ich war noch jung damals. Aber spielt das eine Rolle? Solang irgendwelche Spinner Geld für so ein Zeug bezahlen, wird es andere geben, die danach suchen. Für die meisten ist es wertloser Müll. Wenn es wirklich wertvoll wäre oder auch nur historisch bedeutend, meinen Sie nicht, dass schon längst alles gehoben wäre? Von der Stadt oder was weiß ich wem?«
Mit diesen Worten stand er auf und humpelte zur Tür. »Ich brauche jetzt meine Spritze, Sie müssen entschuldigen.«
Kluftinger erhob sich und seine Kollegen taten es ihm gleich. »Eine Frage hätte ich schon noch«, sagte der Kommissar. »Warum, meinen Sie, ist Ihr Sohn an seinem Vorhaben gehindert worden?«
»Das müssen Sie schon selbst rausfinden«, antwortete Röck und öffnete die Tür.
»Wir sind ganz nah dran, was meinst du?« Eugen Strobls Stimme war voller Euphorie.
»Ja, Kollege, es scheint, Sie hatten den richtigen Riecher«, pflichtete ihm die Marx bei.
Der Kommissar konnte ihre Freude nicht ganz teilen. »Ich weiß nicht so recht. Er hat uns noch nicht alles erzählt, ich hab ein ungutes Gefühl.«
»Ach, neulich wollten Sie von Gefühlen noch gar nix wissen. Ich denke, wir …«
Marx brach mitten im Satz ab. Ihr Blick fiel auf ein Auto, das wenige Meter von ihnen entfernt stoppte. Es war der Wagen von Maier und Hefele.
»Ja sag mal … wo kommen die jetzt her? Die sollten doch den Wagner beschatten!«, staunte auch Kluftinger. »Bestimmt hat der Maier wieder etwas ganz Wichtiges zu erzählen …«
Kluftinger ging über den Garagenvorplatz zu dem dunkelgrünen Kombi, von dessen Beifahrersitz aus ihn ein völlig entgeisterter Richard Maier anstarrte.
Als Kluftinger am Auto war, ließ Maier die Scheibe herunter.
»Sagt mal, was macht jetzt ihr da? Ihr solltet doch den Wagner beschatten.«
»Das tun wir ja!«
»Ja von wegen!«
»Wirklich! Aber woher habt ihr gewusst, wohin der fährt?«
»Was?« Kluftinger verstand gar nichts mehr. »Wieso sollen wir das gewusst haben?«
»Na, weil ihr doch da seid!«
Kluftinger blickte Maier kopfschüttelnd und verständnislos an.
Friedel Marx mischte sich ein: »Ich glaube, ich ahne, was passiert ist. Darf ich mal?« Sie schob sich an Kluftinger vorbei und beugte sich zu Maier hinunter. »Wo ist Herr Wagner denn hingefahren?«
»Er war erst in einem Souvenirladen unterhalb von Neuschwanstein. Furchtbar, was die da verkaufen! Stell dir vor, da gibt es zum Beispiel eine Büste von König Ludwig, die das Wetter vorhersagt.«
»Egal jetzt. Das muss der Laden von diesem Appel gewesen sein«, lenkte der Kommissar das Gespräch wieder auf ihre Beschattung.
»Genau«, bestätigte Hefele vom Fahrersitz aus. »Dann sind wir ihm hierher gefolgt. Er hat kurz gestoppt und dann hinter der Ecke gehalten. Wir sind an ihm vorbeigefahren, damit er nicht merkt, dass er
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