Seehaie
und
rekapitulierte in Gedanken noch mal Stareks Vernehmung. Auch wenn ihn das
Ergebnis keineswegs zufriedenstellte: Aufschlussreich war es allemal. Von wegen
strategischer Berater … der Kerl täuschte eine angebliche Beziehung zu
renommierten Unternehmen vor, in Wirklichkeit jedoch kochte er hinter dieser
Fassade sein eigenes Süppchen. Jetzt würde alles davon abhängen, ob es ihnen
gelang, das Alibi der Prechtl zu erschüttern.
»Geruhen der Herr Hauptkommissar, endlich nach Hause
zu kommen?«, riss ihn in diesem Augenblick eine weibliche Stimme aus einem
Gedanken.
Wolf schrak zusammen. Wie üblich hatte er das
Treppenhauslicht nicht eingeschaltet. Demzufolge erkannte er einige Stufen
höher lediglich eine schwarze Silhouette – die Silhouette einer Frau, die ihm
irgendwie bekannt vorkam.
Er betätigte den Lichtschalter. » Sie? Sie sind wahrhaftig die Letzte, die ich hier und jetzt erwartet hätte.
Was verschafft mir die Ehre, Frau Winter?«
»Entschuldigen Sie den Überfall, Herr Wolf. Wenn Sie
aber auch den ganzen Tag auf Achse sind!« Karin Winter saß auf den Stufen vor
seiner Wohnung und sah ihm mit gespieltem Vorwurf entgegen.
»Stellen Sie sich vor, es gibt Leute, die müssen für
ihre Bezüge arbeiten. Kommen Sie mit rein? Aber ich warne Sie, es sieht aus wie
nach einem Tsunami.«
»Wenn Ihre Wohnung nur halb so aufgeräumt ist wie Ihr
Schreibtisch, kann ich mir glatt eine Scheibe davon abschneiden. Nein, ich habe
nur eine kurze, aber nicht unwichtige Information für Sie. Darf ich Ihnen die
rechte Hälfte meiner Stufe hier anbieten?«
Wolf kam der Aufforderung ohne Widerspruch nach.
»Vielleicht sollte ich mir auf meine alten Tage doch noch ein Auto kaufen?«,
ächzte er beim Hinsetzen. Abermals stieg ihm ein Hauch ihres Parfüms in die
Nase.
»Und womöglich in ein Haus mit Lift ziehen? Kommen
Sie! Fishing for compliments nenne ich das. Aber das
zieht bei mir nicht. So, und jetzt hören Sie sich erst mal an, was ich Ihnen zu
sagen habe.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Sagt Ihnen der Name Siebeck noch was?«
»Klar. Das Unschuldslamm vom Konstanzer Baudezernat.
Was ist mit ihm?«
»Erinnern Sie sich noch an das Haus in Markdorf, das
er vor Kurzem verkauft hat?«
»Ist er’s losgeworden?«
»Jede Menge Interessenten. Und natürlich hat er den
erwarteten Reibach gemacht. Aber darauf will ich nicht hinaus. Wissen Sie noch,
von wem er das Haus erworben hatte?«
»Warten Sie … war das nicht Maywaldt?«
»Bingo. Und von wem, denken Sie, hat er die zwei zuvor
verkauften Häuser erworben?«
»Doch nicht etwa …«
»Richtig, von Maywaldt. Zumindest eines davon. Das
zweite hat er über einen Strohmann bekommen. Dessen Auftraggeber allerdings,
Sie ahnen es bereits, hieß ebenfalls Maywaldt.«
»Das ist verifiziert?«
»Aber sicher doch.«
»Lassen Sie mich noch mal ahnen: Bei diesem Strohmann
handelte es sich um einen gewissen Starek!«
Jetzt war es an Karin Winter, überrascht zu sein.
»Sieh an, sieh an! Offenbar sind Sie mit Ihren Ermittlungen weiter, als ich
dachte. Wäre es zu viel verlangt, Sie jetzt um eine kleine Gegenleistung zu
bitten?«
Wolf überlegte gründlich, ehe er antwortete. »Nun gut,
rechnen Sie es Ihrem fairen Arbeitsstil zu. Wenn Sie allerdings das, was ich
Ihnen jetzt sage, zu früh an die große Glocke hängen, komme ich in Teufels
Küche. Mehr noch – dann könnte sogar die Lösung des Falles in weite Ferne
rücken.«
»Wir haben ein Abkommen, erinnern Sie sich?«
Wolf seufzte. Er schilderte in groben Zügen, wie sie
auf Starek gestoßen waren, und verweilte besonders bei den Ereignissen des zu
Ende gehenden Tages, ehe er schloss: »Ich gebe es ungern zu, aber was der
Bursche im Schilde führt, ist uns nach wie vor schleierhaft. Es sieht
jedenfalls ganz so aus, als würde er unter dem Deckmantel eines externen
Firmenberaters dubiose Geschäfte betreiben, für die bereits einige Leute mit
dem Leben bezahlen mussten.«
»Arbeitet er allein?«
»Nein, es muss sich um eine Gruppe handeln. Eine
Gruppe mit durchaus mafiosen Strukturen, wie immer Sie das interpretieren
mögen.«
»Und wie passen Ihrer Meinung nach Figuren wie
Hohmann, Siebeck oder Maywaldt in dieses Bild?«
»Da bin ich überfragt, Madame. Ich habe selten einen
so unübersichtlichen, um nicht zu sagen verworrenen Fall erlebt. Ständig neue
Verdächtige und Verdachtsmomente, aber nicht die Spur eines Motivs. Starek ist
derzeit unsere einzige Chance. Und an der bleiben wir dran, die lassen wir
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