Seehaie
unserer zweiten Frage«, mischte
sich nun Kalfass ein. Er wurde von Wolf unterbrochen, der mit der Hand auf
seinen Mitarbeiter wies. »Ich nehme an, Sie erinnern sich an meinen Kollegen?«,
fragte er lauernd.
»Ich wüsste nicht, woher.«
»Zu unserer zweiten Frage also«, brachte sich Kalfass
wieder in Erinnerung und ging auf Starek zu. »Sie geben als Beruf Objektberater
an. Wo und für wen arbeiten Sie?«
»Ich bin Freiberufler. Zu meinen Klienten gehören
durchweg seriöse, weit über die Region hinaus bekannte Unternehmen, wie ich
betonen möchte. Ich berate sie in strategischen Fragen. Vertrieb, Marketing,
Organisation und so. Aber das wird Ihnen sicher nicht viel sagen …« Er redete
wie ein gelernter Betriebswirt.
»Nennen Sie uns ein paar Namen, bitte.«
»Den Teufel werde ich tun. Für wen ich arbeite, geht
Sie einen Scheißdreck an.«
»Gehört die Hohbau G mb H zu Ihren Klienten?«, fragte Kalfass ungerührt.
»Nein! Wie kommen Sie darauf?« Er musterte Kalfass mit
überheblichem Blick.
»Das wollen wir Ihnen gerne sagen«, erläuterte Wolf
gemütlich. »Sie sind mehrfach auf dem Baugelände gesehen worden. Sie haben
Zugang zu Geräten und Fahrzeugen, die Hohbau gehören. Und es gibt schriftliche
Anordnungen an Hohbau-Mitarbeiter, die von Ihnen unterzeichnet sind. Verstehen
Sie jetzt die Frage?«
»Wer hat denn diesen Blödsinn verzapft?«
Wolf blickte ihn einen Augenblick prüfend an. Dann
drehte er sich langsam um und ging durch den Raum, sah sich eingehend die
Signatur einiger Bilder an, betastete die kunstvoll gedrechselten Säulen eines
alten Frankfurter Schrankes, bis er sich völlig überraschend vor Starek
aufbaute. Der hielt Wolfs Blick jedoch mühelos stand, blies ihm sogar ungerührt
den Rauch ins Gesicht, ehe er seine Zigarette ausdrückte.
»Sie streiten also eine Verbindung zur Hohbau G mb H ab. Des Weiteren
verweigern Sie Angaben zu Ihren Klienten. Außerdem behaupten Sie, heute
Nachmittag zwischen 13 und 15 Uhr nicht auf der Baustelle gewesen sein,
sondern mit Frau Prechtl zusammen hier in Ihrem Liebesnest. Sie wird uns das
sicher bestätigen, nehme ich an.« Wolf machte eine kurze Pause, ehe er fragte:
»Denken Sie nicht, dass Sie uns ein bisschen viel zumuten, Herr Starek?« Er
hatte leise und völlig emotionslos gesprochen. Trotzdem – oder gerade deshalb? – schien es Wirkung zu zeigen, zumindest insofern, als Starek nicht sofort
aufbrauste, sondern sich seine Antwort gut überlegte.
»Es ist, wie ich gesagt habe, Herr Kommissar. Im
Übrigen mache ich keine weiteren Aussagen ohne meinen Anwalt.«
»Das ist Ihr gutes Recht. In diesem Fall muss ich Sie
jedoch bitten, uns zu begleiten.«
»Haben Sie einen Haftbefehl?«
»Brauchen wir nicht«, beantwortete Kalfass an Wolfs
statt die Frage. »Wir wollen Sie ja nicht verhaften, sondern lediglich ein
Protokoll mit Ihnen machen und einige erkennungsdienstliche Formalitäten
erledigen, das ist alles. Bitte ziehen Sie sich an.«
In diesem Augenblick führte Jo Stareks Geliebte
herein. Unmerklich nickte sie Wolf zu.
»Moment noch, Moment …« Jetzt erst schien es Starek zu
dämmern, dass er vielleicht doch Federn lassen musste. Mehrere Sekunden
verstrichen. »Na gut. Was die von mir betreuten Kunden angeht … da gehört ein
Unternehmen dazu, das mit der Hohbau G mb H in gewisser Weise zusammenarbeitet.«
»Geht das ein bisschen genauer?«, forderte ihn Kalfass
auf.
»Nun, dieser Kunde leiht für bestimmte Leistungen
Arbeiter und Fahrzeuge bei der Hohbau aus. Temporär, versteht sich. So eine Art
Kooperation.«
»Zum Beispiel Lkw-Fahrer?«
Kalfass blickte bei Wolfs Zwischenfrage überrascht
auf.
»Ja, auch Fahrer. Transportkapazitäten eben. Das ist
üblich.«
»Und was genau ist Ihr Part
bei diesem Deal?«, bohrte Kalfass nach. Wolf war derweil an ein Fenster
getreten, hatte es geöffnet und mit den Fingern die Lamellen der Jalousie
auseinandergedrückt, sodass er das nahe liegende Münster und die malerische
Altstadt betrachten konnte.
»Ganz einfach: Ich beschaffe diese
Transportkapazitäten, unter anderem bei der Hohbau. In dieser und nur in dieser
Eigenschaft habe ich gelegentlich mit dem Unternehmen zu tun.«
»Der Kunde?«
»Ich verstehe nicht …«
»Für wen haben Sie die
Transportkapazitäten beschafft, Herrgott noch mal. Den Namen, bitte!«
Wolf musste Kalfass Respekt zollen; er hatte es
tatsächlich geschafft, Starek weichzukochen. Würde er diese Hartnäckigkeit nur
öfter zeigen! Starek jedenfalls
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