Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
spritzte über sein Fell.
»Igitt!« Toklo spuckte aus und wischte sich übers Gesicht. Der üble Geschmack von den Ausdünstungen des Feuerbiests klebte ihm auf der Zunge und stieg bis in seine Nase. Für einen Moment roch er nichts anderes als Brandgeruch.
»Toklo, mit dir hat man doch nichts als Ärger!« Seine Mutter sprang herbei und wischte mit der Tatze über seinen Kopf, dass ihm die Ohren dröhnten. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du vom Schwarzpfad wegbleiben sollst? Es hätte nicht viel gefehlt und du wärst jetzt tot!«
»Ich hätte das Feuerbiest verscheuchen können«, murmelte Toklo. »Ich habe geübt und kann ein ganz schön wütendes Gesicht machen, schau mal.« Er richtete sich auf und fletschte brüllend seine scharfen Zähne.
»Die Feuerbiester haben vor niemandem Angst«, knurrte Oka. »Und du wirst nie so stark werden wie sie, also komm gar nicht erst auf die Idee, mit ihnen kämpfen zu wollen.«
Toklo wäre gern so stark gewesen. Dann würde keiner mehr mit ihm schimpfen, ihm sagen, was er zu tun hatte, oder ihn zwingen, Löwenzahn zu fressen. Den ganzen Tag war er seiner Mutter durch das Tal gefolgt und sie hatten so gut wie nichts zu fressen gefunden. Obwohl die Zeit des Fischsprungs fast gekommen war, lag auf den Berghängen immer noch Schnee. Das sah von weitem aus, als hätten die Felsen ein weißes Fell an. Doch hier und da hatte die Schmelze schon eingesetzt. An diesen Stellen kamen brauner Sandboden und kümmerliche Grasbüschel, vereinzelt auch Schneeglöckchen und Löwenzahn zum Vorschein.
»Warum kannst du nicht so gehorsam sein wie dein Bruder?«, grollte Oka. Sie wandte den Kopf, um zu ihrem jüngeren Sohn hinüberzusehen, der unter einem Baum kauerte.
»Gehorsam?«, maulte Toklo. »Schwach, meinst du.«
»Tobi ist krank«, brummte Oka verärgert. »Er braucht etwas zu fressen. Sammel ein bisschen Löwenzahn für ihn und friss auch du etwas, anstatt auf den Schwarzpfad zu purzeln wie ein blindes Reh.«
»Ich mag keinen Löwenzahn«, maulte Toklo. »Der ist immer voller Sand und schmeckt nach Dreck und Rauch. Bäh!« Er wischte sich mehrmals über die Nase und dachte daran, wie gern er jetzt ein echtes Kaninchen zwischen den Krallen gehabt hätte.
»Wir können es uns nicht leisten, wählerisch zu sein«, wies Oka ihn zurecht, während sie mit ihren riesigen Tatzen durch den Schnee pflügte. »Die Nahrung ist knapp genug. Du musst fressen, was wir finden, sonst verhungerst du.«
Toklo schnaubte. Tobi fraß alles, was man ihm vorsetzte, aber ihm ging es viel schlechter als Toklo, also war es doch wohl ganz richtig, ein bisschen wählerisch zu sein, oder? Toklo konnte nicht verstehen, was Tobi für Probleme hatte. Er tat nichts anderes, als herumzuliegen, traurig zu schauen und zu stöhnen.
Toklo grub ein paar Löwenzahnstängel aus und trottete zu seinem Bruder hinüber. Vorsichtig stupste er ihn an.
»Komm, Tobi, friss das hier«, sagte Toklo. »Sonst bist du nachher wieder zu müde, um weiterzulaufen, und Mutter gibt dann bestimmt mir die Schuld, weil ich dir nicht genügend Futter gebracht habe.«
Tobi öffnete seine dunkelbraunen Augen und sah seinen Bruder erschöpft an. Er stemmte seine Vordertatzen in den Boden und richtete sich mühsam auf. Ziemlich wackelig beugte er sich vor, nahm einen Löwenzahn ins Maul und kaute darauf herum, als wäre er aus Stein.
Toklo seufzte. Tobi war zu nichts zu gebrauchen, und das war schon immer so gewesen, so lange Toklo zurückdenken konnte. Er war zu klein und schwach für alles, was Spaß machte. Er konnte nicht jagen. Er konnte sich nicht selbst etwas zu fressen suchen. Er konnte nicht mit Toklo Ringkampf spielen. Und er konnte sich nicht schneller vorwärtsbewegen als eine Raupe.
Wenn Mutter und ich alleine wären , dachte Toklo, während er sich zwang, eine der Löwenzahnpflanzen zu fressen, könnten wir locker über die Berge wandern, um Kaninchen zu jagen und uns nach Herzenslust satt zu fressen . Ihm wurde richtig heiß vor Wut. Tobi bekam die ganze Aufmerksamkeit und wurde andauernd gelobt, dabei war er nichts weiter als eine Last. Toklo war derjenige, aus dem mal ein richtiger Bär werden würde. Er war derjenige, der für sie alle sorgen würde, wenn er erst groß genug war.
Oka kam herbei, hob die Nase in die Luft und beobachtete argwöhnisch den Schwarzpfad. Toklo spürte das Rumpeln unter den Tatzen, an dem man erkennen konnte, dass ein weiteres Feuerbiest nahte.
»Lasst uns aufbrechen«, sagte Oka.
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