Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
noch. Mit seinen langen Krallen, seinen starken Tatzen und seinen scharfen Zähnen würde er sie erlegen. Ein echter Bär würde überall hingehen, wo es ihm gefiel, und er müsste keinen unnützen Fellklumpen wie Tobi hinter sich herschleppen.
Tja, Toklo hatte nicht die Absicht, dieses abscheuliche, stinkende Reh zu fressen. Von ihm aus konnte Tobi alles davon haben, auch wenn er natürlich nicht kräftig genug war, mehr als zwei Happen hinunterzukriegen. Toklo verzog sich beleidigt und setzte sich hinter den nächsten Baum, rieb sich die Nase und grummelte so lautstark vor sich hin, dass seine Mutter und sein Bruder nicht überhören konnten, wie verärgert er war.
Oka war erst vor zwei Monaten mit Toklo und Tobi aus der Geburtshöhle gekommen und seitdem hatten sie sich immer weiter durch das Tal bewegt, von einer Nahrungsstätte zur nächsten. Anfangs war Toklo das Gelände riesig erschienen, aber inzwischen langweilte er sich und fühlte sich eingesperrt, zumal sie auf allen Seiten von Bergen umgeben waren. Sie fraßen Fleisch, wenn sie etwas fanden, aber meistens mussten sie sich mit Grünpflanzen, Termiten und Wurzeln begnügen, die sie mit ihren langen, geraden Krallen ausgraben konnten.
Ihre Mutter achtete darauf, dass sie immer nahe bei dem Schwarzpfad der Feuerbiester blieben, der mitten durch das Tal führte. Es gab noch einen anderen Pfad, der den ersten weiter oben im Tal kreuzte, aber das war ein Silberpfad. Er war schmaler, härter und glänzender als der Schwarzpfad, und die Feuerbiester, die darauf entlangeilten, waren viel länger und größer als die normalen Feuerbiester. Toklos Mutter nannte sie Schlangenbiester, weil sie auf dem schmalen Silberpfad hin- und herzischten wie über den Boden zuckende Schlangen. Dabei stießen sie seltsame hohe Pfeif- und Heulgeräusche aus.
Toklo erinnerte sich an den Ort, wo die beiden Pfade sich kreuzten. Dort hatten sie einmal etwas zu fressen gefunden, gelbe Körner, die in großen Haufen auf der Erde lagen, sodass man sie sich direkt ins Maul schaufeln konnte. Er hasste den Lärm rund um den Silberpfad, aber an den Körnern hatte er sich wenigstens ordentlich satt fressen können.
Er spitzte die Ohren. Ein langes, trauervolles Heulen tönte aus der Ferne. Er kannte es und wusste, dass es sie, wenn sie ihm folgten, zu dem Ort der sich kreuzenden Pfade führen würde. »Mutter!«, rief er, sprang auf und stapfte durch den Schnee zu ihr. Die Krallen noch in den Hals des Rehs gegraben, hob sie den Kopf und sah ihn müde an.
»Erinnerst du dich noch an die Körner, die wir einmal gefunden haben?«, fragte Toklo aufgeregt. »Ich glaube, wir sind ganz in der Nähe der Stelle, wo das war. Ich wette, ich könnte sie wiederfinden.«
»Toklo«, sagte Oka kopfschüttelnd. »Die Körner sind sicherlich schon lange weg.«
»Das weiß ich«, erwiderte Toklo, »aber vielleicht ist dort noch mehr verschüttet worden? Sollten wir nicht wenigstens mal nachsehen?« Er war es so leid, immer wieder zu hören, dass er unrecht hatte, und dass er gezwungen wurde, ein Leben zu führen, das von Tobis Schwäche bestimmt war. Aber jetzt hatte er eine wirklich gute Idee, und er würde alles tun, um seine Mutter davon zu überzeugen.
Zu seiner Überraschung sah Oka ihn nachdenklich an und schwieg. Dann beugte sie sich zu Tobi hinüber und beschnupperte ihn, bevor sie sich wieder Toklo zuwandte.
»Na gut, Toklo«, sagte sie. »Geh du voran.«
Als die Grizzlyfamilie den Gipfel eines Hügelkamms erklommen hatte und in einer Senke unter sich den Silberpfad entdeckte, schwoll Toklo das Herz in der Brust vor Stolz. Er hatte ihn gefunden! Ganz allein hatte er den Weg zu einer Nahrungsquelle zurückverfolgt wie ein richtiger, ausgewachsener Grizzlybär!
Als sie noch unter Schnee begraben in der Geburtshöhle ausharren mussten, hatte Oka ihnen Geschichten von früher erzählt. Zum Beispiel die Geschichte von dem Karibu, das sie drei Tage lang durch den tiefen Erdschlafschnee verfolgt hatte, bis es zu erschöpft war, um weiterzulaufen, und sie es töten konnte. Diese Beute hatte ihr Nahrung für viele Tage beschert.
Außerdem berichtete sie davon, wie Steine und Schnee manchmal von den Bergen herunterprasselten und dabei einen Krach machten, der sich wie lautes Bärengebrüll anhörte. An diesen Orten hatte sie während der Fischsprungzeit oft nach Eichhörnchen gesucht. Toklos Magen begann zu knurren, wenn er sich das frische Eichhörnchenfleisch vorstellte. Er schüttelte den Kopf, um
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