Seelen der Nacht
Dach dieser Frau, doch erst jetzt hatte sie mich offiziell willkommen geheißen. Dann sah sie Matthew kühl an und kam zum entscheidenden Punkt.
»Und das Beste können wir nur daraus machen, wenn Diana beginnt, sich wie eine Hexe zu verhalten und nicht wie ein erbärmlicher Mensch. In unserer Familie verteidigen sich die Frauen selbst.«
Matthew sträubte sich sichtlich. »Ich werde dafür sorgen, dass ihr nichts passiert.«
»Genau darum verlierst du immer beim Schach, Matthew.« Ysabeau drohte ihm mit dem Zeigefinger. »Diana verfügt über beinahe unbegrenzte Kräfte, genau wie die Königin. Trotzdem bestehst du darauf, sie
zu decken, und machst dich dadurch selbst verletzlich. Aber das hier ist kein Spiel, und ihre Schwäche könnte uns allen gefährlich werden.«
»Halte dich da raus, Ysabeau«, warnte Matthew sie. »Niemand wird Diana zwingen, etwas zu sein, das sie nicht ist.«
Ysabeau schnaubte elegant und ausdrucksvoll. »Ganz genau. Wir werden nicht länger zulassen, dass Diana sich zwingt, ein Mensch zu sein, der sie nicht ist. Sie ist eine Hexe. Du bist ein Vampir. Wenn es anders wäre, würden wir nicht in solchen Schwierigkeiten stecken. Matthew, mon cher, wenn die Hexe tapfer genug ist, dich zu lieben, braucht sie ihre eigene Kraft nicht zu fürchten. Du könntest sie zerfetzen, wenn du wolltest. Und das können auch die Wesen, die euch jagen werden, sobald sie begreifen, was ihr getan habt.«
»Sie hat recht, Matthew«, bestätigte ich.
»Kommt, wir sollten ins Haus gehen.« Er ließ seine Mutter nicht aus den Augen. »Dir ist kalt, und wir müssen uns über Oxford unterhalten. Danach sprechen wir über Magie.«
»Ich muss dir auch erzählen, was hier passiert ist.« Falls das mit uns klappen sollte, würden wir uns so manches Geheimnis anvertrauen müssen – zum Beispiel, dass ich mich jederzeit in einen reißenden Strom verwandeln konnte.
»Wir haben reichlich Zeit«, sagte Matthew und führte mich ins Château.
Sobald er durch die Tür trat, drückte Marthe ihn an ihre Brust, als wäre er siegreich aus der Schlacht heimgekehrt, und ließ uns alle vor dem lodernden Kaminfeuer im Salon Platz nehmen.
Matthew setzte sich neben mich und sah zu, wie ich Tee trank. Alle paar Sekunden legte er seine Hand auf mein Knie, strich den Pullover über meiner Schulter glatt oder steckte eine lose Haarsträhne fest, so als wollte er die kurze Zeit ohne mich wettmachen. Sobald er sich zu entspannen begann, setzten die Fragen ein. Anfangs waren sie unschuldig und gewöhnlich. Erst fragte ich ihn, wie der Flug gewesen war. Doch bald landete unser Gespräch in Oxford.
»Waren Marcus und Miriam im Labor, als jemand einzubrechen versuchte?«, fragte ich.
»Allerdings«, sagte er und trank von dem Wein, den Marthe ihm gebracht hatte. »Aber die Einbrecher kamen nicht weit. Die beiden waren nicht in echter Gefahr.«
»Gott sei Dank«, murmelte Ysabeau, den Blick ins Feuer gerichtet.
»Wonach haben sie gesucht?«
»Nach Informationen. Über dich«, gab er widerstrebend zu. »Es ist auch jemand in deine Räume im New College eingebrochen.«
Damit war das erste Geheimnis gelüftet.
»Fred war außer sich«, fuhr Matthew fort. »Er hat mir versichert, dass man neue Schlösser an deiner Tür und eine Kamera im Treppenhaus anbringen würde.«
»Fred kann nichts dafür. Zurzeit gibt es so viele Studienanfänger, dass man nur ein selbstbewusstes Auftreten und einen Universitätsschal braucht, um an den Pförtnern vorbeizukommen. Aber was wollten sie denn stehlen? Waren sie hinter meinen Forschungsarbeiten her?« Der bloße Gedanke war lächerlich. Wer interessierte sich schon so für die Geschichte der Alchemie, dass er dafür in fremde Wohnungen einbrach?
»Den Computer mit deinen Forschungsergebnissen hast du hier.« Matthew nahm meine Hände und drückte sie. »Aber sie waren nicht auf deine Arbeit aus. Sie haben dein Schlafzimmer und das Bad auf den Kopf gestellt. Wir glauben, dass sie nach DNA-Spuren gesucht haben – Haare, Haut, Fingernägel. Als sie nicht ins Labor eindringen konnten, haben sie eben in deinem Apartment danach gesucht.«
Meine Hand zitterte leise. Ich versuchte sie aus seinem Griff zu ziehen, denn er sollte nicht wissen, wie tief mich diese Nachricht traf. Doch Matthew ließ nicht los.
»Du stehst nicht allein, vergiss das nicht.« Sein Blick lag fest auf mir.
»Es war also kein gewöhnlicher Einbrecher. Es war ein nichtmenschliches Geschöpf, das über uns und Ashmole 782
Weitere Kostenlose Bücher