Seelen der Nacht
auch, Matthew, aus tiefstem Herzen.«
Auf meine Antwort hin veränderte sich etwas kaum spürbar in seinem Körper. Es war nicht sein Puls, schließlich hatte er keinen nennenswerten Puls, es war auch nicht seine Haut, die angenehm kühl blieb. Stattdessen meinte ich einen Laut zu hören – ein Stocken in der Kehle, ein sehnsüchtiges Brummen, das die Begierde wie einen Stromstoß durch meinen Körper schießen ließ. Matthew registrierte das, und sein Gesicht verhärtete sich. Er neigte den Kopf und drückte die kalten Lippen auf meine.
Die Reaktion, die er damit in meinem Körper auslöste, war ganz und gar nicht unterschwellig oder verhalten. Aus meinen Knochen loderten Flammen, meine Hände legten sich von selbst auf seinen Rücken und wanderten von dort abwärts. Als er sich von mir lösen wollte, presste ich seine Hüfte wieder an meine.
Nicht so schnell , dachte ich.
Sein Mund blieb überrascht über meinem stehen. Meine Hände rutschten noch tiefer, schlossen sich besitzergreifend um sein Hinterteil,
und sein Atem stockte wieder, um dann durch seine Kehle zu schnurren.
»Diana«, setzte er vorsichtig an.
Mein Kuss verlangte von ihm, mir zu erklären, wo das Problem lag.
Matthews Antwort beschränkte sich darauf, meinen Mund mit seinen Lippen zu verschließen. Er strich über den Puls in meinem Hals, dann schwebte seine Hand abwärts, bis sie meine linke Brust hielt, und streichelte den Stoff über der empfindsamen Haut zwischen meinem Arm und meinem Herzen. Die andere Hand lag um meine Taille und drückte mich noch fester an ihn.
Nach einer halben Ewigkeit löste Matthew seinen Griff so weit, dass er sprechen konnte. »Jetzt gehörst du mir. «
Meine Lippen waren zu betäubt, als dass ich etwas sagen konnte, darum nickte ich nur und drückte noch einmal seinen Hintern.
Er sah mich eindringlich an. »Immer noch keine Zweifel?«
»Keinen einzigen.«
»Von diesem Moment an sind wir eins. Verstehst du, was das heißt?«
»Ich glaube schon.« Zumindest verstand ich, dass mich nichts und niemand von Matthew trennen konnte.
»Sie hat keine Ahnung.« Ysabeaus Stimme hallte über den Hof. Matthew erstarrte und schloss mich schützend in die Arme. »Mit diesem Kuss habt ihr alle Regeln gebrochen, die unsere Welt zusammenhalten und uns Schutz geben. Matthew, du hast erklärt, dass diese Hexe dir gehört. Und Diana, Sie haben Ihr Hexenblut – und Ihre Kräfte – einem Vampir anvertraut. Sie haben sich von Ihrer eigenen Art abgewandt und einem Geschöpf Treue geschworen, das euer Feind ist.«
»Es war nur ein Kuss«, widersprach ich zittrig.
»Es war ein Eid. Und indem ihr euch dieses Versprechen gegeben habt, habt ihr euch zu Geächteten gemacht. Mögen die Götter euch beistehen.«
»Dann sind wir eben Geächtete«, meinte Matthew ruhig. »Sollen wir das Château verlassen, Ysabeau?« Hinter der Männerstimme hörte ich die verletzte Frage eines Kindes, und etwas in mir zersprang, weil er sich meinetwegen zwischen uns beiden entscheiden musste.
Seine Mutter trat auf ihn zu und ohrfeigte ihn kurz und hart. »Wie kannst du es wagen, das zu fragen?«
Mutter und Sohn sahen sich gleichermaßen erschrocken an. Einen Sekundenbruchteil lang zeichnete sich der Umriss von Ysabeaus schlanker Hand auf Matthews Wange ab – erst rot, dann blau –, doch im nächsten Moment war er wieder verblasst.
»Du bist mein über alles geliebter Sohn«, fuhr sie mit eiserner Stimme fort. »Und Diana ist jetzt meine Tochter – was bedeutet, dass ich ebenso verantwortlich für sie bin wie du. Dein Kampf ist mein Kampf, deine Feinde sind meine Feinde.«
»Du brauchst uns keinen Schutz zu geben, Maman .« Matthews Stimme war angespannt wie eine Bogensehne.
»Hör auf mit diesem Unfug. Für eure Liebe zueinander wird man euch bis ans Ende der Welt jagen. Wir kämpfen als Familie.« Ysabeau wandte sich mir zu. »Und was dich angeht, Tochter – du wirst kämpfen, so wie du es versprochen hast. Du bist oft leichtsinnig – das sind die wirklich Tapferen immer –, aber du hast Mut, das muss ich dir lassen. Trotzdem brauchst du Matthew wie die Luft zum Atmen, und er begehrt dich so, wie er noch nichts und niemanden begehrt hat, seit ich ihn gemacht habe. Geschehen ist geschehen, jetzt werden wir das Beste daraus machen.« Völlig unerwartet zog Ysabeau mich an ihre Brust und drückte ihre kalten Lippen erst auf meine linke, dann auf meine rechte Wange. Seit Tagen wohnte ich jetzt schon unter dem
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