Seelen der Nacht
fauchende Katze. Sie machte einen Buckel und kreischte erneut.
»Ich freue mich auch, dich zu sehen, Tabitha.« Sarahs Katze konnte mich nicht ausstehen, und dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit.
Tabitha senkte das Rückgrat auf die eigentlich vorgesehene Höhe und stolzierte zu Matthew.
»Vampire können im Allgemeinen besser mit Hunden«, kommentierte er, während Tabitha um seine Fesseln strich.
Mit ihrem unbeirrbaren Katzeninstinkt erspürte Tabitha Matthews distanzierte Reaktion und setzte alles daran, seine Einstellung zu ihrer Spezies zu ändern. Laut schnurrend stupste sie ihn mit dem Kopf an.
»Verflucht noch mal«, sagte ich. Dass Tabitha ihre Gefühle so zur Schau stellte, war neu. »Du bist wirklich die perverseste Katze der Welt.«
Tabitha fauchte mich an und fuhr fort, Matthews Waden mit sybaritischer Aufmerksamkeit zu überziehen.
»Ignorier sie einfach«, empfahl ich ihm und humpelte auf die Treppe zu. Matthew hob die Reisetaschen hoch und folgte mir.
Eine Hand fest am Geländer, machte ich mich an den Aufstieg. Matthew begleitete mich Stufe für Stufe, gut gelaunt und mit gespannter Miene. Dass ihn das Haus währenddessen in Augenschein nahm, schien ihn kein bisschen zu beunruhigen.
Dafür war ich so nervös, dass ich mich völlig verkrampfte. Es waren schon Bilder auf ahnungslose Gäste gefallen, Türen und Fenster
waren von selbst auf- oder zugegangen, Lichter ohne Vorwarnung aus- oder angeschaltet worden. Ich seufzte erleichtert auf, als wir ohne Zwischenfall am oberen Treppenabsatz angekommen waren.
»Ich habe so gut wie nie Freunde nach Hause eingeladen«, erzählte ich ihm, als er mich mit hochgezogener Braue ansah. »Es war einfacher, wenn wir uns in der Mall in Syracuse trafen.«
Die Räume oben waren rund um die Treppe angeordnet. Ems und Sarahs Zimmer lag vorn mit Blick auf die Zufahrt. Das Zimmer meiner Eltern lag nach hinten und blickte auf Felder sowie einen Teil des alten Apfelgartens, der schleichend in einen dichten Eichen- und Ahornwald überging. Die Tür stand offen, und drinnen brannte Licht. Ich trat zögerlich auf das warme goldene Rechteck zu und dann über die Schwelle.
Im Raum war es warm und gemütlich, das breite Bett war mit Decken und Kissen überhäuft. Abgesehen von den schlichten weißen Vorhängen passte nichts zueinander. Im Dielenboden klafften so breite Ritzen, dass eine Haarbürste darin verschwinden konnte. Rechts ging es ins Bad, wo ein Radiator knackte und zischte.
»Maiglöckchen«, kommentierte Matthew, der mit bebenden Nasenflügeln alle neuen Gerüche registrierte.
»Das Lieblingsparfüm meiner Mutter.« Auf der Kommode stand immer noch eine alte Flasche Diorissimo, um deren Hals ein ausgebleichtes Band mit schwarz-weißem Hahnentrittmuster gewunden war.
Matthew stellte die Taschen ab. »Stört es dich, hier drin zu schlafen?« Er sah mich fragend an. »Du könntest auch dein altes Zimmer nehmen, so wie Sarah es vorgeschlagen hat.«
»Auf keinen Fall«, widersprach ich. »Das liegt unter dem Dach, und das Bad ist hier unten. Außerdem passen wir zu zweit nicht in ein Einzelbett.«
Matthew wandte den Blick ab. »Ich dachte, wir sollten vielleicht …«
»Wir schlafen auf keinen Fall getrennt. Unter Hexen bin ich genauso deine Frau wie unter Vampiren«, schnitt ich ihm das Wort ab und drückte ihn an mich. Das Haus sackte mit einem winzigen Seufzer auf
seine Fundamente, so als würde es sich auf ein längeres Gespräch einstellen.
»Nein, aber es wäre vielleicht einfacher…«
»Für wen?«, unterbrach ich ihn wieder.
»Für dich«, antwortete er. »Du hast Schmerzen. Allein würdest du besser schlafen.«
Ohne ihn an meiner Seite würde ich überhaupt nicht schlafen. Weil ich ihn nicht beunruhigen wollte, indem ich ihm das sagte, legte ich die Hände an seine Brust, um ihn vom Thema abzulenken. »Küss mich.«
Sein Mund spannte sich zu einem Nein an, aber seine Augen sagten Ja. Ich presste meinen Körper gegen seinen, und er reagierte mit einem sanften, süßen Kuss.
»Ich dachte schon, ich hätte dich verloren«, murmelte er, als wir uns voneinander lösten, und legte die Stirn an meine. »Endgültig. Und jetzt habe ich Angst, du könntest nach dem, was Satu dir angetan hat, in tausend Scherben zerspringen. Ich wäre verrückt geworden, wenn dir etwas zugestoßen wäre.«
Mein Duft umhüllte ihn, und er entspannte sich. Als seine Hände um meine Hüften glitten, die halbwegs unbeschadet geblieben waren, tröstete und
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