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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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gab Liegesessel, die man zum Bett ausklappen konnte, Sitzgruppen mit Polstersesseln und Tischen sowie eine kleine Bordküche, in der uns ein uniformierter Steward mit Rotwein und gekühltem Mineralwasser erwartete. Matthew legte mich in einen der Sessel und polsterte ihn mit Kissen auf, damit möglichst wenig Druck auf meinen Rücken ausgeübt wurde. Dann setzte er sich auf den Platz neben mir. Baldwin ließ sich an einem Tisch nieder, an dem man problemlos eine Aufsichtsratskonferenz hätte abhalten können, bedeckte ihn mit den verschiedensten Papieren, fuhr zwei Computer hoch und begann ununterbrochen zu telefonieren.
    Nach dem Start befahl Matthew mir zu schlafen. Als ich mich weigern wollte, drohte er, mir mehr Morphin zu geben. Wir verhandelten noch, als das Handy in seiner Tasche zu summen begann.
    »Marcus«, sagte er nach einem Blick aufs Display. Baldwin sah von seinem Tisch auf.

    Matthew drückte den grünen Knopf. »Hallo, Marcus. Ich sitze mit Baldwin und Diana im Flugzeug nach New York.« Er sprach so schnell, dass Marcus keine Gelegenheit hatte, viel zu sagen. Marcus hatte höchstens ein paar Worte einwerfen können, bevor Matthew die Verbindung trennte.
    Kaum hatte Matthew den roten Knopf an seinem Handy gedrückt, da erschien ein langer Text auf dem Display. Vampire mit ihrem gesteigerten Bedürfnis nach Privatsphäre mussten die SMS als Gottesgabe empfinden. Matthew ließ seine Finger über die Tasten fliegen und antwortete. Dann wurde das Display wieder dunkel, und er schenkte mir ein angespanntes Lächeln.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich eher der Form halber, denn ich wusste, dass er mir die ganze Geschichte erst erzählen konnte, wenn Baldwin nicht mehr in unserer Nähe war.
    »Ja. Er war nur neugierig, wo wir stecken.« Angesichts der Uhrzeit war das eindeutig eine Ausrede.
    Ich war so benebelt, dass Matthew mich kein zweites Mal auffordern musste, die Augen zuzumachen. »Danke, dass du mich gefunden hast«, flüsterte ich und schloss die Lider.
    Er senkte nur den Kopf und legte ihn schweigend auf meine Schulter.
    Ich wachte erst wieder auf, als wir in La Guardia landeten, wo wir auf den Privatbereich des Flughafens gelotst wurden. Dass wir dort und nicht auf einem geschäftigeren, belebteren Flughafen auf der anderen Seite der Stadt landeten, bewies wieder einmal, wie wunderbar effizient und angenehm es war, mit einem Vampir zu reisen. Matthews Ausweis vollbrachte auch hier Wunder, denn die Behörden ließen uns sofort durch. Nachdem wir den Zoll und die Passkontrolle passiert hatten, sah Baldwin uns prüfend an, erst mich im Rollstuhl und dann seinen Bruder, der grimmig dahinterstand.
    »Ihr seht beschissen aus«, kommentierte er.
    »Ta gueule «, erwiderte Matthew giftig und mit einem falschen Lächeln. Selbst ich mit meinem sehr beschränkten Französisch wusste, dass dies kein Ausdruck war, den man in Anwesenheit seiner Mutter verwendete.

    Baldwin grinste breit. »So ist es schon besser, Matthew. Freut mich zu sehen, dass du deinen Kampfgeist noch nicht ganz verloren hast. Du wirst ihn nämlich brauchen.« Er sah auf seine Armbanduhr. Sie war genauso maskulin wie er, ein Klotz mit mehreren Zifferblättern, für Piloten und Taucher gedacht. »Ich muss los, habe in ein paar Stunden ein Meeting, aber zuvor wollte ich dir noch einen Rat geben.«
    »Ich habe alles unter Kontrolle, Baldwin«, eröffnete ihm Matthew mit gefährlich samtweicher Stimme.
    »Nein, hast du nicht. Außerdem rede ich nicht mit dir.« Baldwin ging vor mir in die Hocke und knickte seinen massigen Körper ab, bis seine bohrenden hellbraunen Augen direkt in meine sahen. »Weißt du, was ein Gambit ist, Diana?«
    »So ungefähr. Es ist ein Begriff aus dem Schach.«
    »Ganz genau«, bestätigte er. »Mit einem Gambit wiegt man seinen Gegner in einer trügerischen Sicherheit. Man bringt absichtlich ein Opfer, damit man später einen umso größeren Vorteil herausschlagen kann.«
    Matthew knurrte leise.
    »Das Prinzip habe ich kapiert«, sagte ich.
    »Was in La Pierre passiert ist, kommt mir wie ein Gambit vor«, fuhr Baldwin fort, ohne den Blickkontakt auch nur einmal zu unterbrechen. »Aus einem unerfindlichen Grund hat dich die Kongregation laufenlassen. Du musst den nächsten Zug machen, bevor sie es tun. Warte nicht wie ein braves Mädchen ab, bis du an der Reihe bist, und lass dir nicht vorgaukeln, du wärst in Sicherheit, nur weil du vorübergehend freigekommen bist. Überleg dir, was du tun musst, um zu überleben,

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