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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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sollte.«
    »Bist du es nicht?«

    »Nicht so nervös wie du.«
    »Wenn ich heimkomme, fühle ich mich jedes Mal wie ein Teenager. Eigentlich will ich mich nur vor die Glotze legen und Eis essen.« Obwohl ich seinetwegen fröhlich und witzig zu sein versuchte, freute ich mich ganz und gar nicht auf diese Heimkehr.
    »Das lässt sich bestimmt arrangieren«, erklärte er stirnrunzelnd. »Aber hör auf, so zu tun, als wäre nichts passiert. Mir kannst du nichts vormachen, und deinen Tanten wirst du genauso wenig etwas vormachen können.«
    Er ließ mich im Auto sitzen, während er das Gepäck zur Haustür trug. Wir hatten überraschend viel angesammelt, darunter zwei Computertaschen, meine wenig ansehnliche Yale-Reisetasche und einen eleganten ledernen Schrankkoffer, der aus der viktorianischen Ära hätte stammen können. Dazu kamen noch Matthews Medizinkoffer, sein langer grauer Mantel, mein nagelneuer Parka und eine Kiste Wein. Letzteres war eine weise Vorsichtsmaßnahme, die Matthew getroffen hatte. Sarah trank, wenn überhaupt, Härteres, und Em war Abstinenzlerin.
    Matthew kam zurück und hob mich aus dem Wagen, sodass meine Beine in der Luft baumelten. Erst als wir sicher auf den Stufen vor der Tür standen, stellte er mich ab, und ich belastete behutsam den rechten Knöchel. Wir blickten beide auf die rote Eingangstür aus dem achtzehnten Jahrhundert. Sie war flankiert von winzigen Fensterchen, hinter denen man den Hausflur erkennen konnte. Alle Lichter im Haus waren zu unserem Empfang eingeschaltet worden.
    »Ich rieche Kaffee«, sagte er und lächelte mich an.
    »Also sind sie schon auf.« Auf die leiseste Berührung hin sprang der Riegel in der vertrauten, abgewetzten Haustür zurück. »Unverschlossen wie üblich.« Bevor ich die Nerven verlieren konnte, trat ich misstrauisch in den Flur. »Em? Sarah?«
    Am untersten Pfosten des Treppengeländers klebte ein Zettel mit Sarahs dunkler, energischer Handschrift.
    Sind aus. Wir dachten, das Haus braucht etwas Zeit mit euch allein. Bewegt euch langsam. Matthew kann Ems altes Zimmer haben. Dein Zimmer ist fertig. Es folgte ein PS in Ems runder Krakelschrift: Ihr nehmt beide das Elternschlafzimmer.
    Mein Blick wanderte über die Türen, die vom Flur abgingen. Alle standen offen, und auch von oben war kein Türenknallen zu hören. Selbst die schweren Doppeltüren zur Wohnstube standen still, statt wild in den Angeln zu schlagen.
    »Ein gutes Zeichen.«
    »Was? Dass sie nicht zu Hause sind?« Matthew sah mich verdutzt an.
    »Nein, die Stille. Das Haus hat schon öfter Ärger gemacht, wenn Besuch kam.«
    »Es spukt in eurem Haus?« Matthew sah sich interessiert um.
    »Wir sind Hexen  – natürlich spukt es in unserem Haus. Aber das ist nicht alles. Das Haus … lebt. Es hat seine eigenen Vorstellungen, was unsere Besucher angeht, und je mehr Bishops hier sind, desto schlimmer führt es sich auf. Darum sind Sarah und Em ausgegangen.«
    Ein fluoreszierender Fleck leuchtete am Rand meines Blickfeldes auf. Meine längst verstorbene Großmutter, die ich nie kennengelernt hatte, saß in einem mir unbekannten Schaukelstuhl am Kamin in der Stube. Sie sah so jung und schön aus wie auf ihrem Hochzeitsbild am oberen Treppenabsatz. Als sie lächelte, musste auch ich unwillkürlich lächeln.
    »Grandma?«, fragte ich zögerlich.
    Ein richtiger Adonis, nicht wahr? , fragte sie augenzwinkernd und mit einer Stimme, die wie Wachspapier raschelte.
    Ein zweiter Kopf erschien im Türrahmen. Allerdings, pflichtete ihr der zweite Geist zu. Obwohl er eigentlich tot sein müsste.
    Meine Großmutter nickte. Du hast wohl recht, Elizabeth, aber er ist, was er ist. Wir werden uns schon an ihn gewöhnen.
    Matthew blickte angestrengt in die Stube. »Da ist jemand«, meinte er verblüfft. »Ich kann es fast riechen, und ich höre etwas. Aber ich kann niemanden sehen.«

    »Gespenster.« Sofort musste ich an die Verliese in der Burg denken und sah mich nach meiner Mutter und meinem Vater um.
    Oh, die sind nicht hier , sagte meine Großmutter traurig.
    Enttäuscht wandte ich mich von meinen toten Verwandten ab und meinem untoten Ehemann zu. »Lass uns nach oben gehen und die Koffer verstauen. Auf diese Weise bekommt das Haus Gelegenheit, dich kennenzulernen.«
    Bevor wir uns vom Fleck bewegen konnten, schoss aus dem hintersten Eck des Hauses ein holzkohleschwarzer, markerschütternd jaulender Fellball auf uns zu. Einen Schritt vor mir kam er abrupt zum Stehen und verwandelte sich in eine

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