Seelen der Nacht
Kongregation.«
»Aber deshalb hättest du sie doch nicht umbringen müssen«, beharrte Em.
»In der Kongregation hatte man das Gefühl, Stephen Proctors Kräfte nie wirklich verstanden zu haben, darum wurde Gillian beauftragt, Diana zu beobachten. Sie hätte nicht von ihr abgelassen, bis Ashmole 782 und Diana in der Gewalt der Kongregation gelandet wären.«
»Aber es war doch nur ein Foto.« Em wischte sich die Augen.
»Es war eine Drohung. Die Kongregation musste begreifen, dass ich nicht tatenlos zusehen würde, wie sie Diana entführen.«
»Satu hat sie trotzdem entführt«, merkte Em ungewöhnlich scharf an.
»Es reicht, Em.« Ich streckte die Hand über den Tisch und legte sie auf ihre.
»Was ist mit dem Thema Kinder?«, fragte Sarah und schwenkte dabei ihr Glas. »Ihr beide werdet doch kein solches Risiko eingehen wollen?«
»Es reicht«, wiederholte ich, stand auf und knallte die Hand auf den Tisch. Alle außer Matthew und meiner Großmutter zuckten erschrocken zusammen. »Falls wir uns wirklich im Krieg befinden, dann geht es nicht um ein verhextes alchemistisches Manuskript oder um meine Sicherheit und auch nicht um Matthews und mein Recht zu heiraten und Kinder zu bekommen. Es geht um unsere gemeinsame Zukunft.« In diesem Moment sah ich diese Zukunft kurz aufleuchten und einen Strahlenkranz in tausend Richtungen verströmen. »Wenn unsere Kinder nicht den nächsten evolutionären Schritt machen, dann werden es die Kinder von jemand anderem tun. Und so viel Whisky kann ich gar nicht trinken, dass ich einfach die Augen schließen und alles vergessen könnte. Niemand sonst soll durch die Hölle gehen, nur weil er oder sie jemanden liebt, den er nicht lieben darf. Dafür werde ich sorgen.«
Meine Großmutter bedachte mich mit einem nachdenklichen, liebevollen Lächeln. Das ist mein Mädchen. Gesprochen wie eine Bishop.
»Wir erwarten von keinem von euch, an unserer Seite zu kämpfen.
Aber eines steht fest: Unsere Armee folgt nur einem General. Matthew. Wenn euch das nicht gefällt, dann schreibt euch nicht ein.«
Im Flur begann die alte Standuhr Mitternacht zu schlagen.
Die Hexenstunde. Meine Großmutter nickte.
Sarah sah Em an. »Und, mein Schatz? Sollen wir weiter zu Diana stehen und in Matthews Armee eintreten, oder sollen wir abwarten, bis uns der Teufel in den Allerwertesten beißt?«
»Ich verstehe nicht, was dieses Gerede von einem Krieg soll. Wird es Schlachten geben? Werden Vampire und Hexen anrücken?«, fragte Em Matthew zittrig.
»Die Kongregation glaubt, dass Diana die Antwort auf einige ihrer Fragen kennt. Sie werden nach ihr suchen.«
»Aber Matthew und ich müssen nicht hierbleiben«, sagte ich. »Wir könnten noch vor dem Morgengrauen verschwunden sein.«
»Meine Mutter hat mich immer gewarnt, dass mein Leben keinen roten Heller mehr wert wäre, wenn ich mich mit den Bishops einlasse«, erklärte Em mit leerem Lächeln.
»Danke, Em«, sagte Sarah nur, doch ihr Gesicht sprach Bände.
Die Uhr schlug zum letzten Mal. Dann surrte das Räderwerk in Position, um die nächste Stunde schlagen zu können, wenn die Zeit gekommen war.
»Miriam?«, fragte Matthew. »Bleibst du hier, oder kehrst du nach Oxford zurück?«
»Mein Platz ist bei den de Clermonts.«
»Diana ist jetzt ebenfalls eine de Clermont.« Sein Tonfall war eisig.
»Ich habe verstanden, Matthew.« Miriam fixierte mich kühl. »Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Wie eigenartig«, murmelte Marcus und ließ den Blick durch den Raum wandern. »Drei Hexen und drei Vampire haben sich Loyalität geschworen. Wenn jetzt noch ein Dämonentrio dazustoßen würde, könnten wir eine Schatten-Kongregation bilden.«
»Ich halte es für wenig wahrscheinlich, dass uns im Zentrum von Madison drei Dämonen über den Weg laufen«, kommentierte Matthew ironisch. »Und was auch passiert, was wir heute Abend besprochen
haben, bleibt unter uns – verstanden? Dianas DNA geht niemanden etwas an.«
Rund um den Tisch nickten Köpfe. Matthews kunterbunte Armee hatte sich hinter ihm formiert und war bereit, sich einem Feind zu stellen, den wir nicht kannten und nicht einmal benennen konnten.
Wir wünschten uns gegenseitig gute Nacht und gingen nach oben. Als ich mich außerstande sah, unser Zimmer zu betreten, legte Matthew den Arm um mich und schob mich durch die Tür zu unserem Bett. Mit klappernden Zähnen kroch ich unter die eisige Bettdecke. Doch sobald sich sein kühler Körper an meinen presste, ließ das Zähneklappern
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