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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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Die Scheune verschwand, und Matthew erzählte mir wieder die Geschichte von Thomas Jefferson und Edward Jenner.
    »Nein«, rief mich Em mit stählerner Stimme zurück. »Denk nicht an Jefferson. Sondern an Matthew.«
    »Matthew.« Ich lenkte meine Gedanken zurück, bis ich wieder seine kühlen Finger auf meiner Haut spürte, wieder seine volle Stimme hörte, wieder dieselbe unbändige Lebenskraft fühlte wie jedes Mal, wenn wir zusammen waren.
    Ich hob den Fuß. Er landete in einer Ecke der Rezeptur, wo ich eingequetscht hinter einem alten Fass zu stehen kam.
    »Und wenn sie sich verirrt?« Matthew klang angespannt. »Wie holen wir sie dann zurück?«

    »Mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte Sarah und deutete in meine Richtung. »Da ist sie schon.«
    Matthew fuhr herum und atmete tief aus.
    »Wie lange war ich weg?« Mir war ein bisschen schummrig, und ich fühlte mich desorientiert, aber ansonsten gut.
    »Etwa neunzig Sekunden«, sagte Sarah. »Lange genug, damit Matthew einen Nervenzusammenbruch bekommt.«
    Matthew zog mich in seine Arme und legte sein Kinn auf meinen Scheitel. »Gott sei Dank. Ab wann kann sie mich mitnehmen?«
    »Wir wollen nichts überstürzen«, warnte ihn Sarah. »Eins nach dem anderen.«
    Ich sah mich um. »Wo ist Em?«
    »In der Scheune.« Sophie strahlte mich an. »Sie wird schon nachkommen.«
    Erst nach über zwanzig Minuten kehrte Em zurück. Als sie eintrat, hatte sie vor Aufregung und Kälte gerötete Wangen, aber sie entspannte sich sichtbar, als sie mich bei Matthew stehen sah.
    »Gut gemacht, Em«, sagte Sarah und gab ihr einen Kuss, ein ungewohnt offenes Zeichen ihrer Liebe.
    »Diana fing an, an Thomas Jefferson zu denken«, sagte Em. »Ich hatte schon Angst, dass sie in Monticello gelandet sein könnte. Dann konzentrierte sie sich auf ihre Gefühle, und ihr Körper wurde an den Rändern unscharf. Ich musste blinzeln, und im nächsten Moment war sie weg.«
    An diesem Nachmittag unternahm ich unter Ems wachsamen Augen eine längere Reise zurück zum Frühstück. Im Verlauf der nächsten Tage reiste ich bei jeder Zeitwanderung ein bisschen weiter. Mit drei Gegenständen bewehrt in die Vergangenheit zurückzureisen war immer einfacher als in die Gegenwart zurückzukehren, wozu ich enorme Konzentration brauchte und genau vorausberechnen musste, wann und wo ich eintreffen wollte. Schließlich war es soweit, dass ich zum ersten Mal versuchen sollte, Matthew zu tragen.
    Sarah hatte darauf bestanden, die Variablen einzuschränken, damit es nicht zu anstrengend für mich wurde. »Stellt euch dorthin, wo ihr landen wollt«, riet sie mir. »Auf diese Weise brauchst du dich nur darauf
zu konzentrieren, dass du dich an einen bestimmten Zeitpunkt zurückwünschst. Das mit dem Ort regelt sich von selbst.«
    Ich ging mit ihm in der Dämmerung hoch ins Schlafzimmer, ohne ihm zu verraten, was ihn erwartete. Die kleine Dianafigur und der goldene Ohrring aus Bridget Bishops Puppe lagen vor einem Foto meiner Eltern auf der Kommode.
    »Ich würde wirklich gern ein paar Stunden hier verbringen  – mit dir allein  –, aber das Essen ist gleich fertig«, protestierte er, und ich entdeckte ein lüsternes Funkeln in seinen Augen.
    »Wir haben reichlich Zeit. Sarah meinte, ich sollte probieren, mit dir gemeinsam zeitzuwandern. Wir kehren in unsere erste Nacht in diesem Haus zurück.«
    Matthew überlegte kurz, dann leuchteten seine Augen. »War das die Nacht, in der die Sterne zu funkeln begannen  – hier drinnen?«
    Mein Kuss war Antwort genug.
    »Aha.« Er sah mich schüchtern, aber ungeheuer zufrieden an. »Was soll ich tun?«
    »Nichts.« Das würde für ihn bestimmt das Schwerste am Zeitwandern sein. »Wie sagst du immer? Schließ die Augen, entspann dich, und überlass alles andere mir.« Ich grinste frech.
    Er verschränkte seine Finger mit meinen. »Hexe.«
    »Du wirst es nicht einmal mitbekommen«, versicherte ich ihm. »Es geht ganz schnell. Du musst nur den Fuß heben und ihn wieder senken, sobald ich es dir sage. Und lass mich bloß nicht los.«
    »Auf gar keinen Fall«, sagte Matthew und verstärkte seinen Griff.
    Ich dachte an jene Nacht, die erste Nacht nach meiner Entführung durch Satu, in der wir allein gewesen waren. Ich erinnerte mich, wie kräftig und gleichzeitig sanft er meinen Rücken berührt hatte. Ich spürte die direkte, unauslöschliche Verbindung zu jenem gemeinsamen Augenblick in unserer Vergangenheit.
    »Jetzt«, flüsterte ich. Im Gleichklang hoben wir den

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