Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
Vom Netzwerk:
gestürmt. Kurz darauf waren sie in Marcus’ Auto gestiegen und die Zufahrt hinuntergerast.
    »Du musst aufhören, ihnen ständig vorzuschreiben, was sie zu tun haben«, sagte ich Matthew, der mit mir an der Haustür stand und ihnen nachsah. »Es sind erwachsene Männer. Nathaniel hat eine Frau und wird bald auch ein Kind haben.«
    »Wenn sie auf sich allein gestellt wären, hätten Marcus und Nathaniel schon morgen eine Vampirarmee vor ihrer Tür stehen.«
    »Nächste Woche wirst du nicht mehr da sein, um sie herumzukommandieren«,
ermahnte ich ihn und beobachtete, wie die Heckleuchten in Richtung Stadt verschwanden. »Dann hat dein Sohn das Kommando.«
    »Genau das macht mir solche Sorgen.«
    Das Hauptproblem bestand darin, dass wir mit einer akuten Testosteronschwemme zu kämpfen hatten. Sobald sich Nathaniel und Matthew in einem Raum aufhielten, flogen die Funken, und da das Haus so voll war, konnten sie sich kaum aus dem Weg gehen.
    Der nächste Streit war am Nachmittag fällig, als ein Paket angeliefert wurde. Es war ein Karton, auf dessen Klebeband in fetten roten Lettern BIOLOGISCHES GEFAHRGUT zu lesen war.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte Marcus, als er den Karton mit ausgestreckten Armen ins Familienzimmer trug. Nathaniel sah von seinem Notebook hoch und riss erschrocken die braunen Augen auf.
    »Das ist für mich«, sagte Matthew nur und nahm seinem Sohn den Karton ab.
    »Meine Frau ist schwanger!«, fuhr Nathaniel auf und knallte das Notebook zu. »Wie kannst du so etwas ins Haus bringen?«
    »Das sind die Impfungen für Diana.« Matthew konnte seinen Ärger nur mit Mühe unterdrücken.
    Ich legte meine Zeitschrift beiseite. »Was für Impfungen?«
    »Du wirst keinesfalls in die Vergangenheit reisen, ohne dass du gegen alle möglichen Krankheiten geimpft bist. Komm mit in die Rezeptur«, sagte Matthew und streckte mir die Hand hin.
    »Erst will ich wissen, was in dem Karton ist.«
    »Kombi-Impfstoffe  – gegen Tetanus, Typhus, Polio und Diphterie  – und dann noch ein paar Impfungen, die du wahrscheinlich noch nicht bekommen hast, zum Beispiel eine neue Einmalimpfung gegen Tollwut, die neuesten Grippeimpfungen, eine gegen Cholera.« Er verstummte kurz, immer noch mit ausgestreckter Hand. »Und eine Pockenimpfung.«
    »Pocken?« Man hatte ein paar Jahre vor meiner Geburt aufgehört, die Schulkinder gegen Pocken zu impfen. Das bedeutete, dass weder Sophie noch Nathaniel geimpft waren.

    Matthew beugte sich vor und zog mich auf die Füße. »Fangen wir an«, verkündete er entschieden.
    »Du wirst mich heute auf keinen Fall pieken.«
    »Lieber heute pieken, als morgen die Pocken«, entgegnete er.
    »Einen Moment.« Nathaniels Stimme knallte wie ein Peitschenschlag durch den Raum. »Nach der Pockenimpfung wirst du ansteckend sein. Was ist mit Sophie und dem Baby?«
    »Erklär du es ihm, Marcus«, befahl Matthew und trat zur Seite, damit ich vorbeikonnte.
    »Sie kann uns nicht mit Pocken anstecken«, versuchte Marcus ihn zu beruhigen. »Die Impfung wird mit abgeschwächten Erregern vorgenommen. Sophie kann nichts passieren, solange sie weder Dianas Arm noch etwas anderes berührt, was damit in Kontakt gekommen ist.«
    Sophie lächelte Marcus an. »Okay, das dürfte nicht allzu schwer sein.«
    »Tust du immer alles, was er dir aufträgt?«, fragte Nathaniel Marcus verächtlich und erhob sich von der Couch. Dann sah er auf seine Frau hinab. »Sophie, wir fahren.«
    »Mach nicht so einen Wind, Nathaniel«, sagte Sophie. »Du machst das Haus  – und vor allem das Baby  – ganz nervös, wenn du so etwas sagst. Wir werden nirgendwohin fahren.«
    Nathaniel warf Matthew einen nachtschwarzen Blick zu und plumpste in die Polster zurück.
    »Marcus hört genauso gut auf mich wie Sophie auf dich«, bemerkte Matthew im Hinausgehen.
    In der Rezeptur wartete Matthew, bis ich den Pullover ausgezogen hatte, und begann dann meinen Oberarm mit Alkohol abzureiben. Die Tür öffnete sich quietschend.
    Es war Sarah. Sie hatte den Wortwechsel zwischen Matthew und Nathaniel kommentarlos verfolgt, dabei aber ununterbrochen den Karton im Auge behalten.
    Matthew hatte bereits das Klebeband um den Schaumstoffcontainer aufgeschlitzt. Darin lagen mehrere kleine Ampullen, außerdem eine
Pillenschachtel, etwas, das aussah wie ein Salzpäckchen und ein zweizackiges Metallinstrument, das ich noch nie gesehen hatte. Er wirkte wieder so sachlich und distanziert wie damals bei meinem Besuch im Labor in Oxford und hatte offenbar

Weitere Kostenlose Bücher