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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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konnte; ich spürte nichts außer den spitzen Steinen auf meiner Haut; ich schmeckte nichts außer dem bitteren Wasser, dem harten Brot, der faden Suppe, den holzigen Wurzeln, immer und immer wieder.
    Es war eine überaus eigenartige Kombination: die ständige Angst, der ununterbrochene körperliche Schmerz und die entsetzliche Eintönigkeit. Von allen dreien war die tödliche Langeweile am schwersten zu ertragen. Mein Gefängnis war eine Isolationszelle, in der ich von jeglichen Sinneseindrücken abgeschnitten war.
    Melanie und ich machten uns beide Sorgen, dass wir verrückt wurden.
    Wir hören beide eine Stimme im Kopf, erklärte sie. Das ist kein gutes Zeichen.
    Wir werden noch das Sprechen verlernen, sagte ich besorgt. Wie lange ist es her, dass jemand mit uns geredet hat?
    Vor vier Tagen hast du dich bei Jeb dafür bedankt, dass er dir etwas zu essen gebracht hat, und er hat gesagt: »Gern geschehen.« Ich glaube zumindest, dass es vier Tage her ist. Auf jeden Fall ist es vier lange Schlafphasen her. Sie schien zu seufzen. Hör auf, an den Nägeln zu kauen - es hat Jahre gedauert, bis ich mir das endlich abgewöhnt hatte.
    Aber die langen, scharfen Nägel störten mich. Ich glaube nicht, dass wir uns langfristig noch groß Gedanken um schlechte Angewohnheiten machen müssen.
    Jared ließ nicht mehr zu, dass Jeb uns das Essen brachte. Stattdessen stellte es jemand am Ende des Gangs ab und Jared holte es. Ich bekam zweimal am Tag das Gleiche - Brot, Suppe und drei Wurzeln. Jared bekam manchmal noch etwas extra, abgepackte Lebensmittel mit Namen, die ich wiedererkannte - Lakritze, Snickers, Pop Tarts . Ich versuchte mir vorzustellen, wie diese Delikatessen in die Hände der Menschen gelangt waren.
    Ich rechnete nicht damit, dass er mir etwas davon abgab - natürlich nicht -, aber ich fragte mich manchmal, ob er dachte, ich würde darauf hoffen. Eine meiner seltenen Ablenkungen war es, ihn seine Schätze essen zu hören, weil er es immer so zelebrierte - vielleicht wollte er es mir genauso unter die Nase reiben wie das mit dem Kissen in der ersten Nacht.
    Einmal riss Jared langsam eine Packung Käsecracker auf - so langsam wie immer - und der herrliche Duft von künstlichem geriebenen Käse erfüllte meine Höhle: köstlich, unwiderstehlich. Er aß langsam und ließ mich jedes einzelne Knuspern hören.
    Mein Magen knurrte laut und ich lachte über mich selbst. Ich hatte so lange nicht mehr gelacht. Ich versuchte mich an das letzte Mal zu erinnern und es gelang mir nicht - mir fiel nur dieser eigenartige Ausbruch von makabrer Hysterie in der Wüste ein, der eigentlich nicht als Lachen zählte. Sogar bevor ich hierhergekommen war, hatte es nicht viel gegeben, was ich lustig gefunden hatte.
    Aber aus irgendeinem Grund fand ich das hier jetzt unheimlich komisch - mein Magen, der sich nach diesem einen kleinen Käsecracker sehnte - und ich lachte wieder. Sicher ein Anzeichen für Irrsinn.
    Es war mir nicht klar, was für ein Problem Jared mit meiner Reaktion hatte, aber er stand auf und verschwand. Nach einer Weile konnte ich ihn wieder Käsecracker essen hören, aber von weiter weg. Ich spähte aus dem Loch und sah, dass er im Schatten am anderen Ende des Gangs saß und mir den Rücken zugewandt hatte. Ich zog meinen Kopf zurück, damit er mich, falls er sich umdrehte, nicht dabei erwischte, wie ich ihn beobachtete. Von da an hielt er sich so oft wie möglich hinten am Ende des Gangs auf. Nur nachts streckte er sich direkt vor meinem Gefängnis aus.
    Zweimal pro Tag - oder besser gesagt, zweimal pro Nacht, da er mich nie hinbrachte, wenn die anderen unterwegs waren - durfte ich zu dem Raum mit den Flüssen gehen. Trotz meiner Angst war das großartig, da es die einzige Zeit war, in der ich mich nicht in der unnatürlichen Stellung zusammenkauern musste, die die kleine Höhle mir aufzwang. Es fiel mir jedes Mal schwerer, zurück in mein Loch zu klettern.
    Dreimal in dieser Woche, immer zur Schlafenszeit, kam jemand, um nach uns zu sehen.
    Das erste Mal war es Kyle.
    Ich wachte davon auf, dass Jared plötzlich aufsprang. »Verschwinde«, drohte er mit gezücktem Gewehr.
    »Ich will ja nur mal gucken«, sagte Kyle. Seine Stimme war weit weg, aber laut und grob genug, dass ich sicher sein konnte, dass es nicht sein Bruder war. »Eines Tages bist du vielleicht gerade nicht hier. Eines Tages schläfst du vielleicht zu fest.«
    Jareds einzige Antwort war es, das Gewehr zu spannen.
    Ich hörte Kyles Gelächter hinter ihm

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