Seelen
seufzte und kam langsam auf die Beine. Dabei glitt das Gewehr zu Boden. Es lag ganz in meiner Nähe; unbehaglich rutschte ich weiter weg.
Jared reagierte anders. Mit wenigen Schritten durchmaß er den Tunnel und stürzte auf mich zu. Ich drückte mich gegen die Wand und bedeckte mein Gesicht mit den Armen. Als ich an meinem Ellbogen vorbeischielte, sah ich, wie er das Gewehr vom Boden hochriss.
»Sollen wir alle draufgehen?«, schrie er Jeb beinahe an, während er ihm das Gewehr an die Brust drückte.
»Beruhig dich, Jared«, sagte Jeb müde. Er nahm das Gewehr wieder in die Hand. »Sie würde das Ding hier nicht anrühren, selbst wenn ich sie die ganze Nacht damit allein ließe. Merkst du das nicht?« Er zeigte mit dem Gewehrlauf auf mich und ich fuhr zurück. »Das ist keine Sucherin.«
»Halt die Klappe, Jeb, halt einfach die Klappe!«
»Lass ihn in Ruhe«, brüllte Jamie. »Er hat gar nichts getan.«
»Du!«, brüllte Jared zurück und wandte sich dem schmächtigen, wütenden Jungen zu. »Du verschwindest jetzt sofort von hier oder ich weiß nicht, was ich tue!«
Jamie hob die Fäuste und wich nicht von der Stelle.
Jared hob ebenfalls die Fäuste.
Ich war vor Schreck erstarrt. Wie konnten sie sich nur derart anschreien? Sie waren doch eine Familie, ihre Bindung stärker als jegliche Blutsbande. Jared würde Jamie doch nicht schlagen - das konnte er nicht tun! Ich wollte etwas unternehmen, wusste aber nicht, was. Alles, was ihre Aufmerksamkeit auf mich lenkte, würde sie nur noch wütender machen.
Melanie war ausnahmsweise einmal ruhiger als ich. Er kann Jamie gar nicht wehtun, dachte sie zuversichtlich. Das ist unmöglich.
Ich sah, wie sie sich feindselig gegenüberstanden, und verfiel in Panik.
Wir hätten nie herkommen sollen. Sieh doch nur, wie unglücklich wir sie gemacht haben, klagte ich.
»Du hättest das nicht vor mir geheim halten dürfen«, sagte Jamie mit zusammengebissenen Zähnen. »Und du hättest ihr nicht wehtun dürfen.« Eine seiner Hände öffnete sich und zeigte auf mein Gesicht.
Jared spuckte auf den Boden. »Das ist nicht Melanie. Melanie kommt nie mehr zurück, Jamie.«
»Das ist ihr Gesicht«, beharrte Jamie. »Und ihr Hals. Machen dir die blauen Flecken dort gar nichts aus?«
Jared ließ die Hände sinken. Er schloss die Augen und atmete tief durch. »Entweder du gehst jetzt sofort, Jamie, und lässt mich allein, oder ich werde dafür sorgen, dass du gehst. Das sind keine leeren Drohungen. Ich kann jetzt nicht noch mehr ertragen, klar? Ich bin mit den Nerven am Ende. Können wir dieses Gespräch also bitte später fortsetzen?« Er schlug die Augen wieder auf; sie waren schmerzerfüllt.
Jamie sah ihn an und die Wut verschwand langsam aus seinem Gesicht. »Entschuldige«, murmelte er nach einer Weile. »Ich gehe … aber ich verspreche dir nicht, dass ich nicht wiederkomme.«
»Darüber kann ich jetzt nicht nachdenken. Geh jetzt. Bitte.«
Jamie zuckte mit den Schultern. Er warf mir noch einen forschenden Blick zu, dann ging er. Seine schnellen, großen Schritte machten mir erneut schmerzhaft bewusst, wie viel Zeit mir entgangen war.
Jared sah Jeb an. »Du auch«, sagte er leise.
Jeb verdrehte die Augen. »Ehrlich gesagt habe ich nicht den Eindruck, dass du dich lange genug ausgeruht hast. Ich werde sie im Auge …«
»Geh bitte.«
Jeb runzelte nachdenklich die Stirn. »Okay. Klar.« Er ging den Gang hinunter.
»Jeb?«, rief Jared ihm hinterher.
»Ja?«
»Wenn ich dich bitten würde, es jetzt sofort zu erschießen, würdest du es tun?«
Jeb ging langsam weiter, ohne uns anzusehen, aber seine Worte waren deutlich zu verstehen. »Das müsste ich. Ich halte mich an meine eigenen Regeln. Also bitte mich nicht darum, außer es ist dir wirklich ernst.«
Er verschwand hinter der dunklen Kurve.
Jared sah ihm nach. Bevor er mir einen finsteren Blick zuwerfen konnte, kroch ich in mein kleines Schlupfloch und kauerte mich in die hinterste Ecke.
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G elangweilt
D en Rest des Tages verbrachte ich in fast völligem Schweigen.
Die einzige Ausnahme war Jeb, der Jared und mir ein paar Stunden später etwas zu essen brachte. Als er das Tablett im Eingang meiner winzigen Höhle absetzte, lächelte er mich entschuldigend an.
»Danke«, flüsterte ich.
»Gern geschehen«, erwiderte er.
Ich hörte, wie Jared knurrte. Unser kurzer Wortwechsel ärgerte ihn offenbar.
Das war das einzige Geräusch, das Jared während des ganzen Tages von sich gab. Ich war sicher, dass er da
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