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Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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in dem er …« Sie stockte, denn es fiel ihr schwer, die nächsten Worte auszusprechen: »Indem er ihr Kind vor ihren Augen verspeist hat. Das ist ihr Gott sei Dank erspart geblieben.«
    Clara sah die Szene wieder in ihrem Kopf. Der Killer hatte alles gefilmt. Was er mit Isabel Venturas gemacht hatte. Und mit ihrem Kind. Beinahe hätte Clara sich noch einmal übergeben müssen, als sie Bellmann vorhin kurz den Tathergang geschildert hatte.
    Jetzt mussten die Schweizer Behörden mit dem Grauen fertigwerden. Vielleicht war auch das eine Taktik des Drachen: in verschiedenen Ländern Europas zuzuschlagen – in Deutschland, der Schweiz, vielleicht bald Italien, um möglichst viele Ermittler zu beschäftigen und die ganze Situation dadurch immer unübersichtlicher zu machen.
    Drei Ärzte und fünf Schwestern hatten in der St.-Clemens-Klinik den Tod gefunden. Sie waren regelrecht abgeschlachtet worden, genau wie Isabel Venturas und ihr Kind. Der Kollateralschaden war dem Killer wieder einmal völlig egal gewesen.
    D.O.A. sagte man dazu beim FBI. Dead on Arrival. Tod bei Ankunft.
    Der Schweizer Polizei war es gelungen, zwei der Satanisten des Drachen, den Bewohnern des Feuers, zu fassen und in Gewahrsam zu nehmen. Auf Anfragen deutscher Polizeibehörden erklärten die Schweizer, für die beiden Satanisten sei es offenbar eine Qual, dass sie, die immer Schwarz trugen, in der Untersuchungshaft weiße Anstaltskleidung tragen mussten. Zu der Tat äußerten die beiden sich nicht; sie lächelten die ganze Zeit nur vor sich hin. Vielleicht waren sie wirklich nur Marionetten, die der Drache instrumentalisiert hatte mit dem Auftrag, so grausam wie möglich vorzugehen, um den Ermittlern einen umso schlimmeren Schock zu versetzen.
    Mehrere Satanisten hatten sich nach dem Sturm auf die Klinik selbst getötet. Wie schwarze Puppen hatten sie im blutigen Schnee gelegen.
    »Womit genau hat diese Isabel Venturas denn nun ihr Geld verdient?«, fragte Winterfeld. »Weiß du schon Näheres, Hermann?«
    Der schaute in seinen Rechner. »Auf ihrer Website und in ihrem Unternehmensleitbild behauptet Venturas, sie wolle mit der Stammzellenforschung eine bessere Welt schaffen. Sie will dafür sorgen, dass Querschnittsgelähmte sich wieder bewegen, Rollstuhlfahrer wieder gehen können und so weiter.« Er blickte in die Runde. »Die Welt wieder zum Laufen bringen, hat sie als Mission auf die deutsche Version ihrer Website geschrieben.«
    Winterfeld schüttelte den Kopf und blätterte weiter durch die Papiere. »Hier ist von einem Robert White die Rede«, sagte er. »Wer ist das?«
    »Von dem hattest du doch am Telefon in Rom erzählt, Hermann, nicht wahr?«, fragte Clara.
    »Ja. Und hier ist der Knackpunkt. Hier zeigt sich, dass Venturas nicht die Idealistin war, als die sie sich dargestellt hat, von wegen bessere Welt und so, sondern eine eiskalte Geschäftsfrau.«
    »Wieso?«, fragt Winterfeld.
    »Besagter Robert White war Neurochirurg. Er hat an der Case Western University in Cleveland versucht, Affen die Köpfe von Artgenossen zu transplantieren, sozusagen als Vorstufe solcher Eingriffe beim Menschen. Er hat den Kopf des Affen A auf den Körper des Affen B verpflanzt.«
    »Das ist ja abscheulich! Und ging das gut?«, fragte Winterfeld.
    »Er hat erst einmal etwas … nun ja, primitiver angefangen, steht hier. Das war in den Siebzigern in einem Seitentrakt der Medical School in Cleveland.«
    »Und was hat dieser Frankenstein da getrieben?«, wollte Winterfeld wissen.
    »Zunächst hat er die Gehirne von Rhesusaffen freigelegt und sie dann an den Kreislauf eines noch lebenden Rhesusaffen angeschlossen.«
    »Aber hat er den Kopf noch drangelassen?«
    »Ja.«
    »Hat’s funktioniert?«, fragte MacDeath.
    »Ja, offenbar hat es tatsächlich funktioniert. Dann hat er angefangen, die Köpfe zu verpflanzen.«
    »Und das ging wahrscheinlich erst einmal schief?«, fragte Winterfeld und umfasste kurz die Heizung, zog die Finger aber schnell wieder zurück.
    »Allerdings. Die Affen mit den neuen Köpfen überlebten nur wenige Tage. Ihre Zunge wurde dick, das Gesicht schwoll an, und die armen Viecher starben. Hier steht, das Immunsystem des Wirts habe den fremden Kopf abgestoßen.« Hermann blätterte weiter. »Aber dann machte White eine interessante Entdeckung am Gehirn der Tiere.«
    »Das Hirn wurde nicht abgestoßen?«, vermutete MacDeath.
    »Richtig. Und das war der bahnbrechende Erfolg. Steht hier jedenfalls. Seitdem hat es in der Medizin, gerade in der

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