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Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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schneiden sie die Köpfe ab, damit so ein reicher alter Knacker die Körper bekommt und sich damit fast wie neu fühlt.«
    »Wieso läuft diese Nummer im Mittleren Osten?«, fragte Winterfeld. »Ich könnte mir vorstellen, dass da Dinge, bei denen man Gott oder Allah ins Handwerk pfuscht, wegen des Islam und der Scharia nicht sonderlich angesagt sind.«
    Beim Drachen offenbar auch nicht, dachte Clara. Oder gerade doch.
    »Das ist in keiner Religion der Fall«, sagte MacDeath mit einer Leidenschaft, die er nur selten zeigte. »Es gilt als amoralisch und als ein Verbrechen an der Schöpfung. Ich denke, zu Recht.«
    »Deshalb macht man das ja im Verborgenen und erzählt den Behörden irgendetwas von karitativen Olympiacamps«, entgegnete Hermann. »Die Eltern bekommen eine Stange Geld, wenn sie ihre Jungen und Mädchen dorthin schicken.«
    »Aber Asien wäre doch viel einfacher. Könnte doch sein, dass Islamisten Wind von der Sache bekommen und diese Olympiacamps hochjagen.«
    »Das könnte passieren, nehme ich an. Darüber hat Venturas wohl auch nachgedacht. Sie kam aber zu dem Schluss, dass man es vernachlässigen könne. Außerdem gibt es auch in Asien Islamisten, zum Beispiel in Malaysia und Indonesien.« Er klickte weiter durch die Unterlagen. »Außerdem ist Leben, Menschenleben, in Pakistan und anderen Ländern noch recht billig. Das gilt ja auch beim Organhandel. Und die Körper aus dem Mittleren Osten sind universell verkäuflich. Nicht jeder will plötzlich ein Schwarzer sein. Und hier steht noch …«, Hermann blickte angestrengt auf den Bildschirm, »dass die Asiaten zu klein sind und …«, er blinzelte auf den Bildschirm, »ich zitiere: ›Ihre Schwänze zu kurz sind.‹« Er schaute alle der Reihe nach an. »Sonst müssten sie den Körpern längere Penisse annähen. Und das ist, so steht hier, zu riskant, zumal die Potenz nicht garantiert werden kann. Jedenfalls … mittlerweile ist Venturas auf die Idee gekommen, dass es keine Rolle spielt, wo diese Camps sind, solange die richtigen Leute dort ihre Körper zur Verfügung stellen.«
    »Das klassische Tauschgeschäft zwischen den Reichen und Armen«, sagte Clara verbittert. »Die einen haben alles, nur keinen schönen Körper mehr, und die anderen haben nichts außer ihrem Körper.«
    »Dann muss aber doch dieser alte Sack seinen neuen Körper ständig trainieren, sonst sieht er irgendwann wieder so aus wie der alte«, warf MacDeath ein.
    »Oder er muss sich wieder einen neuen Körper kaufen. Das kostet bei Venturas zehn Millionen Dollar. Und zehn Millionen sind Peanuts für einen Milliardär.«
    »Eben«, sagte Hermann. »Und so viel sollte einem ein schöner neuer Körper schon wert sein. Und Venturas kassiert jedes Mal.«
    »Sie hätte kassiert«, sagte Clara und rieb sich die Augen. Sie konnte sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten.
    »Ich glaube«, sagte Winterfeld, »Sie haben erst mal genug hinter sich. Sie sollten sich ausruhen. Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber schauen Sie sich mal im Spiegel an. Wann haben Sie zuletzt geschlafen? Sie sehen so aus, wie ich mich fühle.«
    »Ich klapp wirklich gleich zusammen«, sagte Clara. Mehrere Nächte nur drei bis fünf Stunden Schlaf, dann die durchwachte Nacht bei Don Alvaro und Tomasso, und schließlich der Anblick einer toten Frau, der jemand das Kind aus dem Leib geschnitten hat, um es anschließend zu verspeisen. Das alles machte einen nicht gerade zu einem entspannten, ausgeschlafenen Menschen.
    »Sie packen jetzt Ihre Sachen, Señora«, sagte Winterfeld, »fahren nach Hause und schlafen sich erst mal aus. So lange muss der Drache warten.«
    Clara seufzte. »Ihr Wort in Gottes Ohr.«

2
    Clara verließ ihr Büro, die Aktentasche in der einen, die Handtasche in der anderen Hand, als sie einen Bekannten auf dem Gang sah.
    »Sie müssen ja eine heftige Zeit hinter sich haben«, sagte Freese und nestelte verlegen an seiner Brille. Er war schon die ganze Zeit ein wenig kleinlaut gewesen, sicher auch deswegen, weil sein Stasi-Geheimtipp kein brauchbares Ergebnis erbracht hatte.
    »Kann man so sagen«, antwortete Clara. Einerseits war ihr nicht nach langen Gesprächen zumute. Andererseits tat es ihr gut, mit jemandem zu reden, der eine Armlänge von dem Grauen entfernt war, in dem sie sich noch immer bewegte.
    »Das scheint ja ein … nun ja, beinahe international agierender Killer zu sein«, versuchte Freese ein wenig ungeschickt die Unterhaltung am Laufen zu halten.
    Clara lächelte

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