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Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Gesichts wie mit einem Brenneisen der Hölle unauslöschlich in ihre Seele fraß und sie in einen schwarzen Abgrund des Grauens riss.
    Sie umklammerte das Funkgerät, als sie die letzten Worte formte, bevor sie den Ekel und das Grauen nicht mehr zurückhalten konnte und der Schrecken über das Gesehene sich in einem Schwall von Erbrochenem auf den Boden ergoss und die Kraft in ihrer Stimme nachließ, die Kraft, die sie noch brauchte, um zu sprechen.
    »Der … Drache«, sagte sie schließlich, und ihre Stimme wurde mit jedem Wort leiser, als die Bilder dieses Höllenszenarios wie Atomexplosionen vor ihrem inneren Auge aufleuchteten, immer und immer wieder. Der Tisch, die Frau, die Leinwand … der Kopf. Mit letzter Kraft formte sie die Worte, bevor ihr die Stimme versagte. »Der Drache … Er hat … ihr Kind … gefressen.«

Drittes Buch
D AS EWIGE F EUER
    Und die Verdammten wurden geworfen in den feurigen Pfuhl, der von Schwefel brannte. Und sie werden gequält werden von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dies ist der zweite Tod.
    – Offenbarung, 20, 10

1
    Winterfeld stand in seinem Büro an die Heizung gelehnt, von der er sich immer wieder ein Stück entfernte, wenn es ihm zu warm wurde, um sich kurz darauf wieder dagegenzulehnen. Hermann saß an Winterfelds Schreibtisch vor einem großen Stapel Unterlagen und seinem Laptop, auf den er den Inhalt des mysteriösen Sticks geladen hatte. MacDeath saß Hermann gegenüber, während Clara nervös auf und ab ging. Sie war gleich nach ihrer Rückkehr von Bellmann und Freese abgefangen worden; jetzt war es höchste Zeit, dass auch Winterfeld alles erfuhr.
    »Dieser Killer macht also weiter?«, fragte Winterfeld. »Er tötet Menschen, die irgendein dunkles Geheimnis haben?«
    »Nicht ganz«, antwortete Clara. »Er tötet Menschen, die nach außen hin eine vorbildliche gesellschaftliche Funktion ausüben, in Wirklichkeit aber etwas abgrundtief Böses tun. So wie Gayo und Venturas.«
    »Und davon erhofft er sich …?«
    »Dass er nach dem Tod in der Hölle über diese Bösen herrscht. Und dass er von Satan dadurch zu einer Art Erzdämon befördert wird.«
    »Ganz schön abgefahren. Von wem wisst ihr das?«
    »Von Alvaro de la Torrez.«
    Winterfeld pfiff durch die Zähne. »Man unterstellt ja den meisten Menschen, sie wüssten nicht, was sie wollen, aber dieser Psycho betreibt ja mal ’ne richtig langfristige Karriereplanung.« Wieder wippte er an der Heizung vor und zurück. »Falls dieser Exorzist recht hat.«
    Clara zuckte die Schultern. »Allzu viele Informationsquellen hatten wir ja nicht mehr. Da mussten wir schon auf Exotisches zurückgreifen.«
    »Und so etwas hat de la Torrez schon öfter erlebt?«, fragte Winterfeld. »In Rom oder sonst wo?«
    »Das behauptet er jedenfalls.«
    »Und Venturas ist ins Visier dieses Drachen geraten, weil sie böse, schreckliche Dinge tut?« Winterfeld blickte zu Hermann.
    »Ja. Sie versucht ein Geschäft aufzubauen, indem sie …«
    »Da kommen wir später zu. In jedem Fall ist sie aber deswegen Opfer geworden?« Er blickte Hermann und Clara an.
    »Sieht so aus«, sagte Clara.
    »Verrückt. Das Böse in Menschengestalt kämpft auf der Seite des Guten, indem es Mittel einsetzt, wie sie böser gar nicht sein können. Das passt vorne und hinten nicht zusammen, oder? Jedenfalls ist das ein sehr interessanter Aspekt, der mir so noch nicht untergekommen ist.« Winterfeld blätterte zu einer anderen Stelle in der Akte. »Aber first things first. Zur Todesursache: Wir wissen noch nicht, woran Venturas gestorben ist?«
    »Der Zürcher Rechtsmediziner hatte nach der Leichenschau eine erste Vermutung«, sagte Clara. »Der Drache hatte nach seinem stümperhaft durchgeführten Kaiserschnitt die Plazenta nicht aus der Gebärmutter entfernt. Dadurch ist Venturas verblutet.«
    »Ich dachte immer, die Plazenta löst sich von selbst, wenn das Kind draußen ist?«, fragte Winterfeld. »Oder ist das einer meiner männlich-laienhaften Irrtümer, was die Funktionsweise des weiblichen Körpers angeht?«
    Clara antwortete: »Kann sein. Jedenfalls habe auch ich den Kollegen diese Frage gestellt. Anscheinend ist das aber nur bei normalen Geburten der Fall, bei Kaiserschnitten muss die Plazenta häufig mit der Hand gelöst und gleichzeitig die Gebärmutter massiert werden, damit sie sich zusammenzieht und die Blutungen aufhören.« Sie hielt einen Moment inne. »Bleibt die Frage offen, ob der Drache das gewusst hat. Vielleicht wollte dieser Irre sie einfach nur quälen,

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