Seelenfinder
aber die Personen waren offenbar alle stumm, denn niemand sprach ein Wort, obwohl man an ihren Gebärden merkte, dass sie sich lebhaft unterhielten. Man sah aber nur Bewegungen der Augen und der Mienen, weniger der Hände, sodass ihm der Gedanke kam, er befände sich in einem schön eing e richteten Taubstummeninstitut. Durch die Glaswände und die Decke fiel Sonnenlicht von großer Helligkeit, aber trotzdem herrschte eine wohltuende Kühle in dem weiten Saal.
„ Mein Freund, es tut mir leid.“
Dornbusch drehte sich erschrocken um. Er stand einem jungen großen Mann gegenüber, der nur spärlich bekleidet war. Die bräunliche gesunde Haut war nur an wenigen Stellen von einem weißen, faltenreichen Umhang bedeckt.
„Sie kennen mich ... wer ... wer sind Sie?“
„ Mein Name ist Quoll o . Ich bin ein Bewohner des Saparus und nahm Ihre Seele aus Versehen mit.“
„Fannys Seele? Bin ich auch tot?“
„Nein, Sie sind nur bewusstlos. Ihr Astralleib hat sich nur für kurze Zeit von Ihrem psychischen Leib gelöst und ist jetzt auf einem anderen Plan e ten. “
„Anderer Planet ? Auf welchem Planeten?“
„Über Europa bewegt sich der Stern Orion. Um ihn kreisen Hunderte von kleineren und größeren Planeten. Sie befinden sich auf dem größten Plan e ten , de r vor vielen Jahren aufgrund einer Supernova neu geboren wurde. Es ist der SAPARUS . Man nennt ihn auch den BEWZINGER DES TODES.“
„ Saparus? Bezwinger des Todes? Nie gehört. Aber w ie bin ich bei der u n geheuren Entfernung so schnell hierhergekommen ?“
„Was sind Geschwindigkeiten nach euren Maßen ? Es gibt eine viel schne l lere Methode dorthin zu kommen, wohin man will. Das ist die Geschwi n digkeit des Gedankens. So schnell Sie denken können, vermögen Sie Ihren Aufenthaltsort zu wechseln. Also hören Sie gut zu, mein Freund ! Sie mü s sen jetzt mit aller Kraft ihrer Gedanken versuchen, mich verstehen zu wo l len. Ihr Lebensleib ist auf der Erde, nur Ihr Astralleib ist hier und eigentlich müssten sie unsichtbar sein. Doch wir Wesen auf dem Saparusplaneten h a ben eine viel höhere Entwicklungsstufe erlangt als die irdischen Wesen. Wir können Gedanken lesen und sehen daher auch die Seele. Diese Kunst kö n nen Sie, ohne hier geboren zu sein, nur sehr schwer und nach unendlich la n ger Mühe erlangen. Von der Fähigkeit der Erdenbewohner, mit dem Auge zu sehen, bis zu unserem Seelenschauen ist ein gewaltiger Schritt vorwärts. Dieser besteht in dem Maße, dass man in alle festen Körper, auch in die, welche keine gewöhnlichen Lichtstrahlen durchlassen, hineinblicken kann. In Holz, Metalle, Steine usw. können wir bis zu einer gewissen Tiefe sehen. Sind also Dinge dünn, so sind sie vollkommen durchsichtig für uns wie Glas. Durch Fleisch und Knochen, zum Beispiel sehen wir hindurch, können aber auch in diese Gewebe hineinblicken und fast alle Einzelheiten derse l ben bis zur kleinsten Zelle wahrnehmen und jede von der anderen unte r scheiden.“
„Aber das ist ja phänomenal! “, rief Dornbusch begeistert. „Stellen Sie sich vor, was das für die Wissenschaft und besonders die Medizin bedeuten wü r de!“
Aufgeregt lief er hin und her und blieb erst nach einer geraumen Weile st e hen.
„Kann ich diese Eigenschaft während meines Hierseins lernen?“
Quoll lächelte. „Ich will es versuchen. Die Fähigkeit dazu ruht in jeder Se e le. Es dürfte Ihnen jetzt nicht schwerfallen , da Ihr seelisches Auge nicht durch das Körperliche behindert, ist . Versuchen Sie es!"
Dornbusch legte die Hände ineinander und saugte seine Blicke an einem der Marmortische fest.
„Tatsächlich. Ich sehe die einzelnen Kristalle, welche die Marmorplatte des Tisches bilden.“
„Versuchen Sie es an einem anderen Gegenstand. N ehmen Sie diesen Stuhl hier ! "
„Ich kann die Adern und Zellen des Holzes der Stühle erkennen“, rief Dornbusch begeistert.
„Nun also. Es ist Ihnen auch möglich, in die Körper der Lebenden hinei n zublicken. Sie werden aber die Schwingungen des feinen Stoffes, der die Nerven und Gehirnzellen durchflutet nicht sehen, noch viel weniger die ei n zelnen Wellen voneinander zu unterscheiden vermögen. Das ist der Grund, weshalb ich Ihnen das Gedankenlesen nicht lehren kann. Die Ideen aber bestehen in solchen Schwingungen. Die Seele selbst, als welche Sie hier sind, ist nichts anderes, als der außerordentlich feine und für Ihre Sinne s organe nicht wahrnehmbare Stoff, der sich mit gröberen Gebilden umgibt.
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