Seelenfinder
Kindheit in rückwärtiger Reihenfolge. Ich bin im sechzigsten Lebensjahr verstorben und müsste normalerweise jetzt auf der Stufe des fünfzigsten Jahres stehen.
Da aber, wie schon erwähnt, auf dem Planeten Saparus alles viel schneller geht, bin ich schon beim vierzigsten Lebensjahr angelangt. Jetzt muss ich Sie bitten, Ihre Aufmerksamkeit auf den Herrn zu richten, der uns gege n über am anderen Ende des Saales steht und den Eingang so aufmerksam beobachtet."
„Welchen Mann meinen Sie? Es stehen mehrere da.“
„Den großen dunkelhaarigen Mann, der mit den herrlichen langen Haaren.“
„Ah. Sie meinen, den Mann mit den reich verzierten Sandalen. Wirklich, ein schöner Mann!"
„Ja, das kann man sagen. Er wird F annys künftiger Vater.“
Staunend sah Dornbusch Quoll o an und Gedankenblitze jagten durch sein Gehirn. Quoll lächelte, als er Dornbuschs Gedanken las.
„Das Wichtigste ist die Abstammung. Sie werden bald sehen, dass die S a paruswesen nichts planlos machen und irgendwelchen Zufällen vertrauen."
„Um Gottes willen", rief Dornbusch.
„Sie wollen nur Supermenschen erzeugen? Was ist mit der Liebe und dem Geschlechtsleben? Unterliegt sie bei Ihnen bestimmten Gesetzen? Nein, danke , dann verzichte ich auf eine Wiedergeburt auf dem Planeten Saparus. Die Liebe ist doch das Schönste und das Herrlichste auf der Welt."
„Urteilen Sie nicht vorschnell“, mahnte Quoll o , während ein feines Lächeln seine Züge erhellte. „Wir machen einen Unterschied zwischen Zeugung und Geschlechtsgenuss. Dieses überlassen wir dem Paar, nur gestatten wir nicht, jedem Paar Kinder zu zeugen.“
„Das sind ja menschenverachtende Ansichten“, schimpfte Dornbusch und sah sich wütend um. „Ihr seid ja schlimmer als die Nazis. Was passiert mit den Leuten, die Kinder ohne gesetzliche Erlaubnis bekommen?“
„Was soll mit ihnen passieren? Wir tun ihnen nichts. Allerdings können sie nur in unsere Gesellschaft aufgenommen werden, wenn sie in öffentlichen Prüfungen nachgewiesen haben, dass sie alle Fähigkeiten der Saparuswesen erworben haben.
Kinder aber, die mit Genehmigung unserer Behörden geboren werden, st e hen im höchsten Ansehen, und seine Nachkommen haben von vornherein alle die Eigenschaften, welche unserer Stufe der Entwicklung entsprechen."
Dornbusch brach in ein heftiges, anhaltendes Gelächter aus. Als er sich beruhigt hatte, sagte er grimmig: „ Kindermachen mit behördlicher Erlau b nis! Welch ein Hohn!"
„Sehen Sie“, sagte Quoll o immer noch ruhig lächelnd. „Unter den Me n schen auf der Erde gäbe es weder Krüppel noch Verwachsene von Geburt. Krankheiten wären nur noch selten, Nervenkliniken ständen leer, wenn das wichtige Gesetz von der Vererbung beachtet würde. Betrachten Sie doch mal die Menschen. Sehen Sie nicht auf ihre Kleidung, sondern in das G e sicht und auf die Figur. Die meisten sind zu dick oder zu dünn. Viele Me n schen sind zu klein. Die einen haben missgebildete Füße, die anderen A f fenarme. Manche sind so hässlich, dass man sie nicht anschauen mag. Dabei ist die Seele oft gut und edel, aber sie führt ein schreckliches unbefriedigtes Dasein. Und all diese Übel rühren von der Missachtung des Vererbungsg e setzes her. Sehen Sie, die Menschen suchen sorgfältig für die Züchtung von Rassepferden- und Hunden, Rindviechern, erstklassige Exemplare, frei von Krankheiten und anderen Gebrechen. Und sie haben Erfolg. Es gelingt i h nen, die edelsten und wertvollsten Rassen zu züchten. Doch sie selber pa a ren sich, wie sie wollen . Die Nachkommen mögen krank, hässlich oder dumm sein, aber an eine Veränderung denkt niemand.“
Eine sehr schöne Frau trat in den Saal, und Quoll o unterbrach seine Rede.
„Das ist die zukünftige Mutter Fannys.“ Dornbusch starrte die wunde r schöne Frau wie gebannt an.
„Heute ist die Verbindung von Reka und Lotus. Betrachten Sie diese Frau, damit Sie einen Begriff von der Schönheit der Sapas, erlangen."
Diese Aufforderung war überflüssig, denn Dornbusch vermochte keinen Blick von Lotus zu wenden. Und ohne dass er es wollte, sprach er laut seine Gedanken aus.
„Ja, es stimmt, sie ist ein himmlisches Geschöpf.
Dieses lange blonde Haar, die Augen, die wie flüssiges Zinn leuchten und diese Figur ... einfach prächtig. Sie ist noch schöner als Sarah ... viel sch ö ner als alle Frauen auf der Erde ... "
Dornbusch hatte in seiner Begeisterung über die Erscheinung Lotus den blonden Mann total vergessen. Wie im
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