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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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nehmen, seien es Süßigkeiten oder Spielzeit am Prozessor, eine gewisse Grausamkeit gegenüber Haus- und Kuscheltieren und Verachtung für seine zaghaften, fürsorglich liebenden Eltern. Eigenschaften, die Fairuza im Grunde genommen als einen gierigen, jähzornigen, gewalttätigen, ungehorsamen und ganz allgemein bösen kleinen Jungen charakterisierten. Rubra hatte seine helle Freude an ihm.
    Als Fairuza zehn Jahre alt geworden war, nahmen die ersten unterschwelligen Ermunterungen ihren Weg in seine Psyche.
    Ein dunkles Verlangen, stets noch einen Schritt weiterzugehen, ein Gefühl von Selbstgerechtigkeit, von höherer Bestimmung – und ein ganz und gar unerträgliches Ego. Alles Folgen von Rubras unauffälligen, leisen Impulsen, die unablässig in den Schädel des Jungen strömten.
    Der gesamte Formungsprozeß war in der Vergangenheit viel zu häufig schiefgegangen. Valisk war übersät mit dem neurotischen Detritus von Rubras früheren Versuchen, eine dynamische, skrupellose Persönlichkeit zu erschaffen, die er als sein Spiegelbild betrachten konnte. Der Wunsch brannte heiß in Rubra, eine solche Persönlichkeit zu erschaffen, jemanden, der es wert war, die Magellanic Itg. zu übernehmen. Seit wenigstens zweihundert Jahren erduldete er nun bereits die schmählichen Demütigungen, die sein eigenes Fleisch und Blut ihm mit seinem Versagen immer und immer wieder zufügte.
    Doch Fairuza besaß eine Spannkraft und Energie, die unter seinen diversen Nachfahren höchst selten war. Bisher hatte er nur wenige der psychischen Schwächen an den Tag gelegt, die all die anderen letztendlich ruiniert hatten. Rubra setzte große Hoffnungen in den Knaben – fast so große Hoffnungen wie einst in Dariat.
    Als Rubra diesmal die Subroutine aufrief, die mit der Überwachung des inzwischen Vierzehnjährigen beauftragt war, geschah gar nichts. Ein gewaltiger Schauer der Überraschung verlief durch die gesamte Länge des neuralen Stratums des Habitats. Servitoren zuckten zusammen und erzitterten, als sie unter ihnen hindurchwogte. Dicke Muskelringe, die den Strom von Flüssigkeiten in dem gigantischen Netzwerk von Kapillaren regelten, zogen sich krampfhaft zusammen und erzeugten Sturzfluten und Wirbel, die wieder zu beruhigen die autonomen Routinen des Habitats mehr als eine halbe Stunde benötigten. Sämtliche achttausend von Rubras Nachkommen erschauerten unkontrolliert und ohne jeden ersichtlichen Grund, selbst die Kinder, die noch nicht das geringste von ihrer wahren Natur ahnten.
    Im ersten Augenblick wußte Rubra nicht, was er tun sollte. Seine Persönlichkeit war gleichmäßig durch das neurale Stratum des gesamten Habitats verteilt, ein Zustand, den die ursprünglichen Designer Edens als ›homogene Präsenz‹ bezeichnet hatten. Jede Subroutine, jede autonome Routine war zugleich Teil und Ganzes. Jegliche von den Wahrnehmungszellen empfangene sensitive Information wurde augenblicklich gleichmäßig über das Stratum verteilt und gespeichert. Ein Fehler, ein Versagen war schier unvorstellbar.
    Ein Versagen bedeutete, daß Rubras eigenes Bewußtsein nicht folgerichtig arbeitete. Sein Verstand, der einzige verbliebene wirkliche Aspekt seines Selbst, funktionierte fehlerhaft!
    Nach der Überraschung folgte ganz unausweichlich die Furcht. Es gab nur wenige mögliche Ursachen für ein derartiges Desaster. Möglicherweise erlag er nach und nach einer psychischen Desorganisation höherer Ordnung, ein Zustand, von dem die Edeniten stets vorhergesagt hatten, daß er sich nach Jahrhunderten der Einsamkeit, gekoppelt mit Frustration wegen seiner Unfähigkeit, einen geeigneten Nachfolger zu finden, einstellen würde.
    Rubra machte sich sogleich daran, eine Reihe gänzlich neuer Routinen zu erschaffen, die seinen eigenen mentalen Zustand analysieren sollten. Wie Softwareviren huschten diese unauffälligen Besucher durch das neurale Stratum, beobachteten leise und unauffällig jede Subroutine, ohne dabei selbst entdeckt zu werden, und lieferten ihm schließlich eine umfassende Zusammenfassung seines psychischen Zustands.
    Eine ganze Liste von Fehlern materialisierte in Rubras Bewußtsein. Sie verdichteten sich zu einem eigenartigen Sammelsurium. Einige Subroutinen, wie beispielsweise die für Fairuzas Überwachung zuständigen, waren vollständig verschwunden, andere waren inaktiv, und mehrere Instanzen von Erinnerungsspeicher waren blockiert. Das Fehlen jeglichen logischen Musters machte Rubra zu schaffen. Er zweifelte nicht länger

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