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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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wieder gesagt, daß man Rubra nicht durch physische Gewalt bezwingen kann. Dein Plan, die Bevölkerung des Habitats zu übernehmen, kann nicht funktionieren, bevor wir nicht Rubra ausgeschaltet haben. Ich denke, schon die Sache mit den Blackhawks ist ein Fehler. Nicht einmal ihre Macht kann uns helfen, Rubra zu besiegen. Und wenn wir anfangen, die Blackhawks zu übernehmen, riskieren wir nur, daß wir Rubras Aufmerksamkeit auf uns lenken.«
    »Wenn Allah es will«, murmelte Matkin.
    »Aber versteht ihr denn nicht?« flehte Dariat. »Wenn wir uns darauf konzentrieren, Rubra zu eliminieren und das neurale Stratum in Besitz zu nehmen, dann erreichen wir alles, was wir nur wollen. Wir werden sein wie Gott!«
    »Das ist beinahe Blasphemie, Sohn«, sagte Abraham Canaan. »Du solltest ein wenig mehr auf das achten, was du sagst.«
    »Scheiße, meinetwegen gottähnlich, einverstanden? In Ordnung? Der Punkt ist …«
    »Der Punkt, Dariat«, sagte Kiera und richtete zur Unterstreichung den Lauf der Schrotflinte auf ihn, »der Punkt ist, daß du nach Rache lechzt. Versuch nicht, uns etwas anderes weiszumachen. Du warst irre genug, dich selbst zu töten, um dieses Ziel zu erreichen! Wir wissen, was wir tun. Wir vervielfältigen unsere Zahl, um uns zu schützen. Falls du nicht damit einverstanden bist, dann brauchst du vielleicht ein wenig mehr Zeit im Jenseits, um wieder zu Vernunft zu kommen.«
    Noch während er nach einer geeigneten Antwort suchte, wurde ihm bewußt, daß er verloren hatte. Er sah, wie die ausdruckslosen Gesichter der anderen Besessenen hart wurden, während sein Verstand gleichzeitig ihre eisigen Gefühle spürte. Diese dummen Schwachköpfe! Sie scherten sich wirklich um nichts anderes als das Jetzt. Sie waren Tiere, nichts als Tiere. Trotzdem, Tiere, deren Hilfe er letztendlich benötigte.
    Kiera hatte wieder einmal gewonnen, genau wie schon kurze Zeit zuvor, als sie darauf bestanden hatte, daß er seine Loyalität bewies, indem er sich selbst opferte. Die Besessenen betrachteten sie als ihre Anführerin, und nicht ihn.
    »Also schön, dann machen wir es auf deine Weise«, sagte er. Für jetzt.
    »Danke sehr«, erwiderte Kiera mit vor Ironie triefender Stimme. Sie grinste und schlenderte zu dem ersten der Blackhawk-Kommandanten.
    Im Verlauf der Auseinandersetzung hatte in der Tacoul-Taverne Totenstille geherrscht, wie es unausweichlich der Fall ist, wenn Menschen gewahr werden, daß keine zwei Meter vor ihnen über ihr Schicksal entschieden wird. Jetzt war die Diskussion vorüber. Die Entscheidung gefällt.
    Die Kellnerinnen kreischten und drängten sich angstvoll hinter dem Tresen. Sieben Leute von den Raumschiffsbesatzungen setzten alles auf eine Karte und rannten auf die nächstgelegene Tür aus Muskelmembran zu. Fünf warfen sich tatsächlich auf die Besessenen, mit allem, was sich als Waffe benutzen ließ: Fissionsklingen (die natürlich nicht funktionierten), zerbrochene Flaschen, Kortikalstörer (die ebenfalls nutzlos waren) und bloßen Fäusten.
    Weißes Feuer flammte auf zur Vergeltung; Kugelblitze, die auf Knie und Knöchel zielten, die ihre Opfer außer Gefecht setzten und verstümmelten, und schlangenartige Tentakel aus sengendem Licht wanden sich um Beine wie glühende Fesseln.
    Der Gestank von verbranntem Fleisch hing schwer in der Luft, als die Besessenen sich schließlich ihren Opfern näherten, die sich auf dem Boden wanden und schrien.
    Rocio Condra war fünf Jahrhunderte lang im Jenseits gefangen gewesen, als die Zeit der Wunder kam. Eine Existenz voller Wahnsinn, die sich nur mit den letzten Augenblicken des Erstickens vergleichen ließ, die Zeit schien vollkommen stillzustehen … und immer in vollkommener Dunkelheit, Stille, Taubheit. Sein Leben hatte sich Millionen Mal vor ihm abgespielt, und das war nicht annähernd genug.
    Dann kamen die Wunder. Empfindungen, Gefühle, die von dem Universum draußen hindurchleckten. Risse im Nichts des Jenseits, die sich innerhalb von Sekundenbruchteilen auftaten und wieder schlossen, ähnlich dichten schwarzen Sturmwolken, die das köstliche goldene Licht der Abendsonne hindurchscheinen ließen. Und jedesmal entfloh eine einzige Verlorene Seele in die blendende, betäubende Sintflut der Realität, hinaus in die Freiheit und atemberaubende Schönheit des Seins. Gemeinsam mit all den anderen unzähligen Zurückgebliebenen heulte Rocio seine Frustration in das Nichts hinaus. Und jedesmal verdoppelten sie ihr Flehen und Betteln an die verstockten,

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