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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Plätze und Industriegebiete sich zu einem einzigen monochromen Photonenschwall vermischte. Weit oberhalb des Äquators spannte ein glitzerndes, verschleiertes Band die gesamte Welt, das schwach auf den schwarzen Ozeanen tief unten reflektierte.
    »Gottes Bruder, was für ein wunderbarer Anblick!« sagte Quinn. Man hatte ihm diesen Anblick nicht gezeigt, als er auf seinem Weg ins Exil den brasilianischen Orbitallift hinaufgebracht worden war. Die Liftkapsel hatte keine Bullaugen besessen, genausowenig wie die Sektionen der gigantischen Raumstation, durch welche die Zettdees geschleust worden waren. Quinn hatte sein ganzes Leben auf der Erde verbracht und sie niemals gesehen, jedenfalls nicht aus dem Weltraum und wie sie wirklich war: wunderschön und grausam zerbrechlich zugleich. Er stellte sich vor, wie die hellen Sterne quälend langsam erloschen, wo dicke ölige Schatten über das Land krochen gleich einer Woge, die Verzweiflung und Furcht mit sich brachte. Und in das All hinausgriffen, um das O’Neill-Halo zu zerquetschen, seiner Macht und Lebendigkeit zu berauben. Kein einziges Licht würde übrig bleiben, und keine Hoffnung.
    Nichts als Schreie und die Nacht. Und Gottes Bruder.
    Dicke Freudentränen ließen Quinns Sicht verschwimmen. Das Bild, seine Überzeugung – es war überwältigend. Totale Schwärze, mit der Erde im Zentrum; vergewaltigt, tot, erstarrt, begraben. »Ist das meine Aufgabe, o Herr? Ist es das, was du von mir willst?« Der Gedanke an ein derartiges Privileg ließ ihn vor Demut erschauern.
    Der Bordrechner stieß ein Alarmsignal aus.
    Wütend darüber, daß seine Tagträume unterbrochen wurden, fuhr Quinn auf: »Was denn, verdammt?« Er mußte blinzeln, bis er wieder deutlich sehen konnte. Die Holoschirme füllten sich mit roten Spinnweben, und graphische Symbole riefen nach Aufmerksamkeit. Fünf orangefarbene Vektorlinien schoben sich vom Rand des Displays her nach innen, um den projizierten Kurs der Tantu zu durchschneiden. »Was geschieht dort?«
    »Eine Art Abfangmanöver!« rief Bajan. »Das sind Navy-Schiffe! Und die strategischen Verteidigungsplattformen haben uns im Visier!«
    »Ich dachte, wir befänden uns in einer legitimen Austrittszone?«
    »Das sind wir auch.«
    »Was, zur Hölle, soll dann …?«
    »Prioritätsnachricht für den Kommandanten der Tantu vom Hauptquartier der Strategischen Verteidigung von GovCentral«, verkündete der Bordrechner.
    Quinn funkelte den AV-Projektor wütend an und schnippte mit den Fingern in Bajans Richtung.
    »Hier spricht Kommandant Mauer vom Konföderierten Raumschiff Tantu«, sagte Bajan. »Kann mir vielleicht irgend jemand verraten, was los ist?«
    »Hier spricht das Verteidigungskommando. Übermitteln Sie bitte unverzüglich per Datavis den ASA-Kode Ihres Schiffes, Kommandant.«
    »Was für einen Kode?« formulierte Bajan lautlos und vollkommen verblüfft.
    »Weiß irgend jemand, was sie von uns wollen?« knurrte Quinn. Die Tantu hatte bereits unmittelbar nach dem Rücksturz in den Normalraum ihren Identifikationskode abgesetzt, wie es überall in der Konföderation Standardprozedur war.
    »Den Kode, Kommandant«, beharrte die Stimme.
    Quinn sah die orangefarbenen Vektoren zweier weiterer Schiffe im Holodisplay auftauchen. Ihre Waffensensoren richteten sich ebenfalls auf den Rumpf der Tantu.
    »Computer, einen Sprung über ein Lichtjahr!« befahl Quinn. »Jetzt!«
    »Aber die Sensoren …!« rief Bajan erschrocken.
    Es war zu spät. Der Bordrechner war so programmiert, daß er allein auf Quinns gesprochene Befehle reagierte.
    Die Tantu sprang. Ihr Ereignishorizont schnitt glatt durch die Streben aus Carbotanium-Komposit, die die zahlreichen Sensorbündel aus ihren Nischen hoben. Zehn von ihnen waren ausgefahren worden, sobald die Fregatte über der Erde materialisiert war: Orientierungssensoren, optische Sensoren mittlerer Reichweite, Radar und Kommunikationsantennen.
    Alle sieben Kriegsschiffe, die auf die Tantu zurasten, sahen das Schiff hinter zehn blendend hellen Plasmaexplosionen verschwinden, als sein Ereignishorizont die Moleküle der Streben auf Fusionsdichte und weiter zusammenpreßte. Zerstörte Sensorbündel wirbelten durch den radioaktiven Nebel.
    Der befehlshabende Offizier des Verteidigungskommandos befahl zwei Zerstörern, die Tantu zu verfolgen, und fluchte im Stillen über sein Pech, daß man dem Abfanggeschwader keine Voidhawks zugewiesen hatte.
    Die beiden Raumschiffe benötigten elf Minuten, um ihre Flugbahnen mit dem

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