Seelengesaenge
Kurs der Tantu in Übereinstimmung zu bringen. Jeder wußte, daß das viel zu lange war.
Helle Alarmsirenen schrillten in ohrenbetäubender Lautstärke und übertönten jedes andere Geräusch auf der Brücke der Tantu. Die Holoschirme, auf denen die Sensorbilder zu sehen gewesen waren, zeigten nur noch Schwarz, nachdem sich die Energiemusterzellen entladen hatten. Dann wechselten sie zu einem schematischen Diagramm des Schiffes. Bestürzende Massen roter Alarmsymbole blinkten drängend um Aufmerksamkeit.
»Schaltet diesen Krach ab!« bellte Quinn.
Bajan beeilte sich zu gehorchen und tippte hastig Befehle in die Tastatur, die provisorisch neben seiner Beschleunigungsliege montiert worden war.
»Wir haben vier Lecks«, meldete Dwyer, sobald der Alarm verstummt war. Dwyer war der leidenschaftlichste von Quinns neuen Aposteln, ein ehemaliger Pusher für Stimulationsprogramme, ermordet im Alter von dreiundzwanzig Jahren von einem Rivalen, der schneller und gieriger gewesen war als er. Seine Wut und seine Gefühllosigkeit anderen gegenüber machten ihn zu einem idealen Kandidaten für die Sekte. Er hatte sogar bereits von den Sekten gehört und gelegentlich mit ihnen Geschäfte gemacht. »Sechs weitere Strukturbereiche sind geschwächt.«
»Was zur Hölle war das?« tobte Quinn. »Haben sie etwa auf uns geschossen?«
»Nein«, antwortete Bajan. »Man kann eben nicht mit ausgefahrenen Sensoren springen. Das Verzerrungsfeld bringt jede Masse zum Kollabieren, die in seinem Innern gefangen ist. Glücklicherweise ist es nur eine sehr dünne Schale, die die Hülle umschließt, höchstens ein paar Mikrometer dick. Aber die Atome in diesem Bereich werden unmittelbar in Energie umgewandelt. Der größte Teil davon verflüchtigt sich nach außen, aber ein geringer Prozentsatz wird nach innen reflektiert und trifft auf den Rumpf. Genau das ist es, was uns getroffen hat.«
»Wie groß sind die Schäden, die wir erlitten haben?« fragte Quinn.
»Gott sei Dank nur sekundäre Systeme«, antwortete Dwyer. »Außerdem tritt irgendwo Gas aus; ich glaube, es ist Stickstoff, den wir verlieren.«
»Scheiße. Wie steht es mit den Knoten? Können wir noch springen?«
»Zwei sind inoperativ, drei weitere beschädigt. Aber sie sind fehlertolerant. Ich denke, daß wir noch springen können.«
»Gut. Computer, drei Lichtjahre springen.«
Bajan verschluckte einen automatischen Protest, doch er konnte nichts gegen die Wut und Verzweiflung in seinem Verstand unternehmen. Quinn spürte alles ganz genau.
»Computer, ein halbes Lichtjahr.«
Diesmal flackerte die Brückenbeleuchtung stark und erlosch fast.
»In Ordnung«, sagte Quinn, als die düster-rote Illumination wieder stetig heller wurde. »Ich möchte verdammt noch mal optische Signale auf diesen Schirmen, und zwar jetzt. Ich will wissen, wo wir sind und ob uns irgend jemand gefolgt ist. Dwyer, du machst dich daran, neue Systeme zu improvisieren.«
»Sind wir davongekommen, Quinn?« erkundigte sich Lawrence. Selbst seine energistischen Kräfte konnten die Schweißperlen nicht verbergen, die sich auf seiner blassen Stirn gebildet hatten.
»Sicher. Und jetzt haltet verdammt noch mal die Klappe, ich muß nachdenken.« Langsam löste er die Sicherheitsgurte, die ihn auf seiner Beschleunigungsliege hielten. Mit Hilfe der StikPads arbeitete er sich bis zu Bajans Liege vor. Der schwarze Umhang wirbelte wie verhexter Rauch um die hagere Gestalt, und die Kapuze senkte sich tiefer und tiefer in sein Gesicht, bis es fast zur Gänze verborgen war. »Was«, fragte er in gedrängtem Flüsterton, »was zur Hölle ist ein ASA-Kode?«
»Ich weiß es nicht, Quinn, ganz ehrlich!« protestierte der verängstigte Mann.
»Ich weiß, daß du es nicht weißt, Arschloch. Aber der Kommandant weiß es. Finde es heraus!«
»Sicher, Quinn. Sofort.« Bajan schloß die Augen, als er sich auf das Bewußtsein des Kommandanten konzentrierte und ihm so viel Qualen und Angst einflößte, wie er nur zusammenträumen konnte, um der gefangenen Seele die verlangte Information zu entreißen. »Es ist ein Kennzeichen für ein bewaffnetes Schiff«, grunzte er schließlich.
»Weiter«, drang Quinns Stimme aus dem Schatten der Kapuze hervor.
»Jedes militärische Schiff, das über der Erde materialisiert, muß einen ASA-Kode besitzen. Es gibt viel Industrie und unzählige besiedelte Asteroiden im Orbit, und sie haben eine Heidenangst vor dem, was ein einzelnes feindliches Schiff anrichten könnte. Daher besitzt der
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