Seelengift
natürlich!«, murmelte sie, dann sprang sie unvermittelt auf. »Entschuldigung, ich bin gleich wieder da. Muss einen Augenblick nachdenken.«
Gruber sah ihr verwundert nach, wie sie vor die Tür ging und sich eine Zigarette anzündete und dann mit den Händen gestikulierend langsam hin und her ging. Er zuckte mit den Schultern und lehnte sich gottergeben zurück. »Ein verrücktes Weib ist das, hab’ ich ja immer schon gesagt.«
Clara kam schneller zurück, als eine Zigarette geraucht werden konnte, und ihre Wangen waren rot vor Kälte. Mit blitzenden Augen setzte sie sich hin und beugte sich zu Gruber hinüber. »Ich weiß, wo die Verbindung liegt!«, rief sie triumphierend.
»Ach ja?« Gruber war skeptisch, aber Claras Augen glitzerten vor Aufregung.
»Es ist so einfach, keine Ahnung, warum wir nicht sofort daran gedacht haben.«
Gruber betrachtete Claras Finger, die aufgeregt auf den Tisch trommelten, und sah sie abwartend an. »Ja? Ich höre?«
Clara deutete mit einem spitzen Finger auf Gruber: »Sie sind es natürlich!«
»Wie bitte? Ich? Ich verstehe nicht …«
»Na, es sind Sie ! Sie sind die Verbindung! Ganz klar!!« Clara strahlte.
Gruber war ein wenig pikiert. »Schön, dass Sie sich so freuen, aber ich kann Ihre Begeisterung nicht ganz teilen.«
Clara lachte. »Entschuldigung, aber es ist wirklich verrückt, dass wir nicht sofort darauf gekommen sind: Es gibt keine Verbindung zwischen Gerlinde Ostmann und Ihrer Frau, es muss gar keine geben! Wir haben alles, was wir brauchen!« Clara sah ihn an, und es schien so, als ob sie begeisterte Zustimmung erwartete.
Gruber nickte probeweise. »Ja?«, sagte er vorsichtig.
»Es gibt eine Verbindung zwischen den beiden Fällen, wir haben sie nur nicht gesehen, weil sie so offensichtlich ist: Sie sind die Verbindung: Sie haben im Fall Gerlinde Ostmann ermittelt, und Sie sind Irmgards Ehemann. Das ist die Verbindung, die wir brauchen!«
»Ach, ja?« Gruber konnte nicht anders, als sich dumm zu stellen, er begriff nicht, worauf diese Frau hinauswollte. »Was soll das bedeuten? Natürlich bin ich involviert, aber…«, begann er und fühlte sich wie damals im Gymnasium, als ihn sein Lehrer an die Tafel holte, um eine Gleichung auszurechnen: Unsicheres Vortasten in einem tiefen dunklen Wald.
Clara schüttelte heftig den Kopf. »Sie sind nicht nur involviert. Sie sind der Schlüssel. Das Ganze ist eine Botschaft, und sie ist an Sie gerichtet.«
»Eine Botschaft an mich?« Gruber sah sie verwirrt an. »Sie meinen, Irmgards Tod sei eine Botschaft an mich?«
Clara hob die Hände: »Ich bin mir nicht sicher, ob der Mord an sich eine Botschaft war, aber die Art und Weise, wie man Ihre Frau gefunden hat, das ist eine Botschaft an Sie! Darum wurde die Leiche weggebracht, genau an diesen Ort. Der Mörder kannte ihn, und er wusste, dass Sie ihn kennen. Weil Sie Gerlinde Ostmann dort gefunden haben. Er will Ihnen damit etwas sagen.« Sie sah ihn erwartungsvoll an: »Und er geht davon aus, dass Sie seine Botschaft verstehen.«
Gruber erwiderte ihren Blick ratlos: »Aber ich verstehe sie nicht, ich verstehe überhaupt nichts …«
Clara dachte an die Nachricht, die sie selbst gestern Abend vom Mörder erhalten hatte, und einen Augenblick überfiel sie eine tiefe Beunruhigung. Es war nicht gut, dieser Person zu nahe zu kommen. Es war gefährlich, im Dunkel herumzustochern, ohne zu wissen, wonach man suchte. Womöglich stießen sie auf Dinge, deren Wissen tödlich war, und merkten es nicht einmal. Sie fröstelte. Doch hatten sie jetzt noch eine Wahl?
Gruber hatte den Blick zum Fenster gewandt und sah hinaus. Dann meinte er langsam: »Könnte schon sein, dass Sie recht haben. Von dieser Seite habe ich die Geschichte noch gar nicht betrachtet.« Dann wandte er sich wieder ihr zu, und Clara erschrak über seinen Blick, der so voller Schmerz und Bitterkeit war, dass sie es kaum ertrug, ihn anzusehen. »Das würde bedeuten, dass Irmi wegen mir gestorben ist. Dass ich und dieser verdammte Beruf schuld sind an ihrem Tod, weil irgend so ein krankes Arschloch der Meinung war, es wäre eine gute Idee, mir auf diese Weise eine Nachricht zukommen zu lassen!« Er war laut geworden, und die anderen Gäste wandten sich nach ihnen um.
Clara legte ihre Hand auf seinen Arm und versuchte, ihn zu beruhigen: »Das ist doch noch gar nicht gesagt. Wir haben keine Ahnung, weshalb Ihre Frau umgebracht wurde. Es kann auch sein, dass es aus einem ganz anderen Grund passiert ist und der
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