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Seelengift

Titel: Seelengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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sehen wollen.«
    Clara sah ihn unglücklich an. »Es geht ja noch gar nicht einmal darum, ob sie will oder nicht, es gibt bis jetzt keinen
Zusammenhang, außer unserem Gefühl. Nicht den geringsten.«
    Es klang brutal, aber es war so. Clara war gestern so begeistert von ihrem Erfolg gewesen, Gerlindes Spur gefunden zu haben, dass sie das Wichtigste aus den Augen verloren hatte: die Verbindung zwischen den beiden Fällen. Heute, während sie Gruber ihre »Ermittlungsergebnisse« darlegte, kam ihr das Ganze plötzlich viel zu vage vor.
    Gruber schob sein cotoletta milanese , von dem er höchstens die Hälfte gegessen hatte, zur Seite und wischte sich bedächtig den Mund ab. »Sie sprachen von unserem Gefühl«, sagte er schließlich. »Also glauben Sie trotzdem noch daran, dass es einen Zusammenhang gibt?«
    Clara nickte. »Ja, das tue ich.« Als klar wurde, dass Gruber diese Aussage nicht genügte, überlegte sie einen Augenblick, was sie eigentlich so sicher machte. »Ich glaube, es sind zwei Dinge«, versuchte sie, ihr eigenes, etwas diffuses Gefühl zu definieren: »Zum einen ist es die Tatsache, dass der Mörder die Leiche eben genau an diesen Ort gebracht hat. Die Wohnung Ihrer Frau befindet sich direkt am Englischen Garten. Wenn der Täter sie einfach irgendwo dort hätte abladen wollen, hätte er es an vielen Stellen tun können, die näher liegen und mit dem Auto genauso leicht erreichbar sind. Dabei stellt sich ja ohnehin die Frage, warum er das überhaupt getan hat. Wenn er sie hätte verschwinden lassen wollen, dann hätte es viel bessere Orte gegeben, einsamere Orte.« Sie schüttelte den Kopf, wurde sich ihrer Gedankengänge wieder sicherer: »Nein, es musste dort sein. Genau an diesem Ort. Warum?« Clara sah Gruber, der ihr schweigend zuhörte, eindringlich an. »Dieser Ort ist irgendwie wichtig für den Mörder. Er hat eine Bedeutung, die wir noch nicht kennen. Aber was wir wissen, ist, dass letztes Jahr am gleichen Ort ebenfalls eine
Frauenleiche gefunden wurde. Das kann doch kein Zufall sein.«
    Gruber nickte zustimmend. »Ja. Sehe ich auch so. Und der zweite Punkt?«
    Clara zögerte, überlegte, wie sie ihr Gefühl, diese vage Ahnung am besten in Worte fassen sollte. »Es ist der Morgenmantel. Warum hat der Mörder der Leiche den Morgenmantel ausgezogen?«
    »Vielleicht ist der Mantel heruntergerutscht, als er sie aus dem Auto gehoben hat?«, vermutete Gruber.
    »Nein. Diese ganze Sache war zu gründlich geplant, als dass er den Mantel einfach so zufällig hätte liegen lassen. Ich bin sicher, dass er Ihrer Frau den Mantel ganz bewusst ausgezogen hat.«
    Gruber sah sie erstaunt an, und Clara konnte seine Verwunderung nachvollziehen: Sie selbst war überrascht, wie gut sie den Mörder in diesem Punkt verstand. Oder glaubte, ihn zu verstehen. Sie hatte sich diese Details bis zu diesem Moment, als sie durch Grubers Frage dazu gezwungen worden war, ihre Gedanken in Worte zu fassen, selbst noch nicht so bewusst gemacht. Aber es stimmte. Auch wenn sie den Plan des Mörders noch nicht kannte: Sie war sich hundertprozentig sicher, dass die Sache mit dem Morgenmantel dazugehörte.
    Sie bestellte bei Rita zwei Espresso und sah Gruber dann eindringlich an. »Der Ort und der Morgenmantel. Sie erinnern sich, dass auch Gerlinde Ostmann vollständig nackt war, als man sie gefunden hat, und die Kleider lagen ebenfalls oben an der Böschung genau wie bei Ihrer Frau. Der Täter hat sie nicht mitgenommen, nur die Brieftasche und den Haustürschlüssel.«
    Sie stockte einen Augenblick, runzelte die Stirn, dann
schüttelte sie den Kopf, irgendetwas war ihr bei ihren Worten durch den Kopf geschossen, aber sie bekam es nicht richtig zu fassen. Sie griff sich einen Stift aus ihrer Tasche und kritzelte zwei Wörter auf eine unbenutzte Serviette: Brieftasche! Haustürschlüssel!
    Gruber deutete darauf: »Was meinen Sie damit? Er hat die Sachen verschwinden lassen, damit man die Leiche nicht so schnell identifizieren kann. Oder haben Sie noch eine andere Idee?«
    Clara schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht …« Sie schob die Serviette mit den Notizen in ihre Hosentasche und kippte Zucker in ihren Espresso.
    Gruber trank ihn schwarz und in einem Schluck.
    Clara nahm den Faden wieder auf: »Also, ich denke, wir müssen uns auf zwei Punkte konzentrieren: Auf den Fundort und den Morgenmantel. Das sind die Dinge, die mir aufgefallen sind …« Sie stockte und starrte Gruber plötzlich mit aufgerissenen Augen an. »Aber

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