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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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fragte sie erschüttert. Seine Augen gingen ins Nichts.
    » Ah, ich sehe, du erinnerst dich an ihn. Nachdem er mir zuerst solche Schwierigkeiten bereitet hat, ist er jetzt ein äußerst williger Diener. « Ahoren lachte leise. » Wie noch der ein oder andere deiner Freunde. «
    Darejan fuhr herum und ließ den Blick über die anderen Korun gleiten, voller Angst, sie könnte Réfen unter ihnen entdecken. Mit einem Gefühl hilfloser Dankbarkeit stieß sie die Luft aus, als dem nicht so war.
    Eine Handbewegung schickte Noren zu den übrigen Korun zurück. Seine Bewegungen waren ungelenk und schleppend, während er durch die Sonne schlurfte. Hatte sich auch der BôrNadár, der sie auf ihren Stuhl gestoßen hatte, weniger fließend bewegt?
    » Iss, meine Liebe. « Die Worte waren Schmeicheln und Befehl zugleich. Nur widerstrebend wandte sie sich dem Speisebrett zu– dunkles Brot, Käse, kaltes Huhn, sogar ein Stück Pastete. Daneben ein Krug mit Bier und ein Becher. Der Käse war angelaufen und glänzte. Das Huhn und die Pastete waren trocken geworden. Jemand hatte von dem Brot ein Stück abgebrochen und es noch einmal in zwei kleinere Brocken geteilt. Saure Galle füllte ihren Mund. Das hier war das Mahl eines anderen. Unwillkürlich huschten ihre Augen zu den Leichen der DúnAnór. Auch ohne es zu kosten, wusste sie, dass das Bier abgestanden sein würde. Sie schob das Speisebrett von sich.
    » Du bist nicht hungrig? Oder sagt dir die Küche des Großmeisters nicht zu? Erstaunlich. « Durch die geheuchelte Sorge war der Hohn zu hören.
    Darejan schwieg und blickte auf ihre Hände, die sie auf ihrem Schoß ineinandergeschlungen hatte.
    Ahoren stieß ein übertriebenes Seufzen aus und nickte zu dem DúnAnór hin, der noch immer leblos in seinem Stuhl lehnte. » Nun, wenn du nichts möchtest, dann kannst du ihm zumindest zu trinken geben. « Ihr Zögern entlockte ihm ein Lächeln. » Auch in diesem Zustand wird er das Bier gerne nehmen, glaub mir, kleine Prinzessin. Der Durst wird immer quälender, je länger es dauert. Ich weiß es. Ich habe es selbst gespürt, nachdem ich NurJesh getötet habe. « In einer halb gleichgültigen, halb bedauernden Bewegung zuckte er die Schultern, doch etwas in seiner Stimme hatte sich verändert. » Ich musste es tun, auch wenn er mein Seelenbruder war, verstehst du. Er sagte, die Trauer um Ileyran hätte meinen Geist verwirrt und ich dürfe nicht versuchen, sie zurückzuholen. Er sagte, er wolle mich vor mir selbst beschützen und meine Schwertbrüder würden mir helfen, wenn ich nur zu ihnen ginge. Er wollte mich an sie verraten, weißt du. Also habe ich ihn getötet, ehe er es tun konnte. « Der Tonfall seiner Stimme ließ Darejan schaudern. » Ich erinnere mich an die Qual, die in meinem Geist war, nachdem ich ihn getötet hatte. Sie vergeht nicht. Es ist, als sei die eigene Seele entzweigerissen. Es ist wie eine Wunde, die nicht aufhört zu bluten und die man selbst immer wieder aufreißt, weil die Seele nicht aufhören kann, nach ihrer anderen Hälfte zu suchen. « Er beugte sich auf seinem Stuhl vor. » Man kann nichts dagegen tun. Die Seele verblutet einfach. Man sehnt das Ende herbei, weil man jenseits des Schleiers wieder eins ist. Weil dort der andere Teil der eigenen Seele ist und wartet. Wenn die Seele sich erst einmal dazu entschlossen hat, dass sie gehen will, folgt der Körper ihr in diesem Wunsch. Man kann nichts mehr essen. Nur der Durst, der bleibt. Und man kann ihn nicht stillen. Es geht nicht. Und er wird immer schlimmer. Immer schlimmer. «
    Darejan starrte zu der Gestalt hinüber, die sich auf der anderen Seite der Empore in den Schatten vor- und zurückwiegte. Ein Teil von ihr empfand Mitleid, doch das galt nicht dem wahnsinnigen Ungeheuer dort drüben, sondern dem Mann, der dieses Ungeheuer früher einmal gewesen war.
    Sie wich dem Blick dieser blauschillernden Augen aus und sah auf ihre Hände. Als der Körper ihrer Schwester sich ruckartig aufrichtete und zu ihr herüberkam, drückte sie sich fester in ihren Stuhl. In der zur Klaue gekrümmten Hand lag ein nussgroßer gelblicher Kristall, von dem Darejan nicht sagen konnte, woher Ahoren ihn so plötzlich hatte. Er ließ ihn in den Becher auf dem Speisebrett fallen und zog sich dann wieder auf seinen Platz zurück.
    » Was… was ist das? « , wagte sie nach einem Moment zu fragen.
    » Gift. « Darejan holte entsetzt Atem, doch Ahoren winkte gleichgültig ab. » Nur keine Angst, meine Liebe. Es wird ihn nicht

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