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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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oder?«
    »Möglich wäre es.« Abbie lehnte sich leicht zurück und sah ihn an. »Es wäre aber auch denkbar, dass er von Sexualmorden zu den Taten übergegangen ist, die jetzt in Savannah geschehen sind.«
    Ryne blickte skeptisch drein. »Ein Serienvergewaltiger, der sich mäßigt? Ist das wahrscheinlich?«
    »Es wäre keine Mäßigung«, korrigierte sie ihn. Sie hatte die Idee ausgesprochen, ohne sie ganz ausgefeilt zu haben, doch je mehr sie darüber nachdachte, desto glaubhafter erschien sie ihr. »Auch das würde wiederum von seiner Motivation abhängen. Wenn er seine Opfer am Leben lässt, weil er dauerhafte seelische Qualen für sie vorgesehen hat, dann ist anzunehmen, dass er früher schon Frauen umgebracht hat und ihn das nicht mehr befriedigt. Vergiss nicht, der Täter ist überzeugt davon, dass er gelitten hat. Daraus ergibt sich, dass er mit den Folgen der Misshandlungen, die er erlebt hat, nicht fertig geworden ist. Also warum sollten seine Opfer es leicht haben? Der härteste Teil des Lebens ist nicht der Tod. Es ist das Leben und der Umgang mit unserer Vergangenheit.«

    Er erstarrte, und sie musste schlagartig daran denken, worüber sie nachgesonnen hatte, bevor er gekommen war. Seine Geister waren ebenso hartnäckig wie ihre, und sie fragte sich, wie er mit ihnen zurechtkam. Er hatte einmal erwähnt, dass er nicht mehr trank. Hatte das Trinken die Geister erst heraufbeschworen, oder hatte er getrunken, um sie in Schach zu halten?
    Doch schon hatte er sich wieder gefasst und grinste sie sarkastisch an. »Wie gesagt. Du machst mir ganz schön Angst.«
    Um ihre Verlegenheit zu bekämpfen, versuchte sie es mit Humor. »Du musst es wissen. Du hast mich im Ring gesehen.«
    »Allerdings. Obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass ich den Anblick eher erregend als furchterregend fand.«
    Das brachte sie zum Lachen. »Dann bist du wohl ziemlich leicht erregbar.«
    »Von dir?« Er tat so, als müsse er darüber nachdenken, ehe er ihr träge zuzwinkerte. »Ja, das könnte man wohl sagen.«
    Sie merkte, wie ihr die Hitze in den Nacken kroch, und hätte sich am liebsten umgesehen, um sicherzugehen, dass niemand in Hörweite war. Doch sie konnte den Blick nicht von ihm lösen, denn das lüsterne Glitzern in seinen Augen fesselte sie so, dass sie wie gebannt war. Jetzt waren seine Augen nicht arktisch. Es waren tiefblaue Seen voller sündiger Versprechungen. Und Abbie wusste aus vergangenen köstlichen Erfahrungen, dass sie, wenn hier nur ein Minimum an Ungestörtheit möglich gewesen wäre, im Handumdrehen nackt in seinen Armen gelegen hätte.
    Denn der Mann war schnell. Langsam kannte sie sich ein bisschen mit seinem Charakter aus und war sehr davon eingenommen.

    Sie räusperte sich und wandte den Blick ab, um auf den Ordner in ihrer Hand hinabzustarren. »Ich sehe mir die Unterlagen heute noch an«, versprach sie in dem Bemühen, ihren Gedankenwust zu sortieren. »Ach, und ich habe noch eine Idee in Bezug auf die Schuhe.«
    Leicht belustigt neigte er den Kopf zur Seite. »Okay, bis zu deinem letzten Satz konnte ich dir folgen. Was für Schuhe?«
    »Die aus Juárez’ Wohnung. Hast du dir schon mal überlegt, was es bedeutet, wenn sie ihm jemand untergeschoben hat?«
    Ein Anflug von Ärger zog über sein Gesicht. »Seit wir über seine Erlebnisse im Gefängnis Bescheid wissen, interessiert er mich als Verdächtiger eher mehr, nicht weniger.«
    Sie hob die Hand, um einen Disput zu verhindern. »Das will ich gar nicht leugnen. Ich versuche nur, sämtliche Aspekte zu berücksichtigen. Wenn sie ihm wirklich nicht gehören, haben wir einen Täter, der mehr Aufwand getrieben hat, als nur ein zufällig greifbares Fahrzeug für den Transport eines Opfers zu stehlen. Er lenkt gezielt den Verdacht auf Juárez und hält damit gleichzeitig die Polizei auf Trab, zumindest in gewissem Maße.«
    Ryne streckte die Beine aus und gab sich nachdenklich. »Wenn Juárez tatsächlich nicht der Perverse ist, nach dem wir suchen – klar. Ich habe schon mehr als einmal erlebt, dass der Täter versucht hat, uns einen anderen Verdächtigen schmackhaft zu machen, damit wir Zeit und Ressourcen für Ermittlungen auf dem Holzweg vergeuden. Meistens dauert es nicht allzu lange, weil wir die Sache irgendwann durchschaut haben.«
    »Irgendwann«, betonte sie. »Nachdem schon wertvolle Arbeitszeit verschwendet worden ist.«
    Nickend gab er ihr recht und löste sich von seinem
Schreibtisch. »Ich muss los, wenn ich Han noch vor meinem Termin

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