Seelenmoerder
Sie
mussten jedoch mindestens drei Jahre alt sein, denn so lange dauerte es nach Verbüßen einer Jugendstrafe mindestens, die Geheimhaltung auch nur zu beantragen.
Ryne war neugierig genug geworden, um Holdens Namen in ein paar andere Datenbanken einzugeben und noch mehr über den Mann auszugraben. Als das zu nichts führte, tippte er seinen Namen in eine Suchmaschine ein.
Es kam nur wenig dabei heraus. Ein alter Zeitungsartikel, in dem er auf der Absolventenliste einer zweijährigen Fachschule in Indiana mit einem Abschluss in angewandten Naturwissenschaften auftauchte. Ryne studierte die Daten. Könnte der richtige Mann sein. Eine Stunde lang durchkämmte er die Telefonverzeichnisse der Stadt, in der sich die Schule befand, und rief sogar ein paar Holdens an, doch niemand wollte einen Trevor Holden kennen.
Er wandte sich vom Computer ab und verbrachte eine halbe Stunde damit, die Beamten ausfindig zu machen, die Dwayne Carsons bei den beiden Anzeigen wegen häuslicher Gewalt festgenommen hatten, und hinterließ ihnen eine Bitte um Rückruf.
Widerwillig wandte er sich erneut dem Computer zu. Allmählich gewann er neuen Respekt vor den Computertechnikern und allen anderen, die den größten Teil des Tages damit zubrachten, dem Internet Informationen zu entlocken. Zum einen war es entsetzlich langweilig. Zum zweiten war es eine Belastung für die Muskeln. Er verspürte einen bohrenden Schmerz im Rücken, nachdem er mittlerweile allzu lang vor dem Gerät gesessen hatte. Zudem musste er sich ständig neue und originelle Suchanfragen ausdenken, mit denen er an Informationen über Holden kam.
Allerdings musste er auch feststellen, dass es massenhaft nutzlosen Schrott im Internet gab. Und mehr Leute, als er je für möglich gehalten hätte, hielten es für ihre Aufgabe, all
ihre Gedanken und Ansichten ins Internet zu stellen, damit der Rest der Welt sie lesen konnte.
Sein Glaube an die Intelligenz der Menschheit, der noch nie besonders groß gewesen war, sank um eine weitere Stufe.
Das Kinn auf die Faust gestützt, überflog er eine Stunde später das Online-Tagebuch einer Unbekannten. Wie hieß das noch? Ein Blog. Schlichte Gedanken. Und da kam es: ein Hinweis auf Trevor Holden.
Er richtete sich auf, um konzentrierter lesen zu können. Es war ein archivierter Beitrag, der zwei Jahre alt war und bis in alle Einzelheiten die Planung eines zehnjährigen Klassentreffens schilderte. Ganz unten in dem Beitrag waren sechs Mitschüler aufgeführt, die die Verfasserin noch immer nicht hatte finden können, und eine Bitte um die Hilfe der Leser, falls sie von irgendeinem der Genannten wussten, wie man ihn oder sie erreichen konnte. Holden war der Vierte auf der Liste.
Ryne suchte nach der Stadt, in der sich die besagte Highschool befand. Sie lag siebzig Meilen westlich von Madison in Wisconsin und lebte in erster Linie vom Bergbau. Größte Arbeitgeber waren die Schule und die dort befindliche Jugendstrafanstalt. Solche Strafanstalten waren ein Segen für die mit abnehmenden Schülerzahlen kämpfenden Schulbezirke, da die meisten Anstaltsinsassen die öffentlichen Schulen vor Ort besuchten.
Vor Aufregung begann es in seinem Magen zu kribbeln. Ein Trevor Holden, der an den TTX-Testreihen mitarbeitete, hatte eine Jugendstrafe verbüßt, und ein zweiter Trevor Holden hatte seinen Highschool-Abschluss in einer Stadt mit einer Jugendstrafanstalt gemacht. Ryne war noch nie ein großer Freund von Zufällen gewesen.
Im Telefonbuch der Stadt fand sich zwar kein Eintrag für
jemanden namens Holden, doch es gab nicht viele solcher Einrichtungen, sodass auch Jugendliche aus anderen Bundesstaaten dorthin verlegt werden konnten.
Die Verfasserin des Blogs, eine gewisse Cyn Paulus, war jedoch verzeichnet, und so rief Ryne bei ihr an. Als sich niemand meldete, hinterließ er ihr eine kurze Nachricht auf dem Anrufbeantworter und bat sie, sich möglichst bald bei ihm zu melden. Er hoffte nur, dass ihr Gespräch nicht hinterher in ihrem blödsinnigen Blog auftauchen würde.
»Sie dürfen hier nicht rauchen.«
Callie sah von der Zigarette auf, die sie sich soeben hatte anzünden wollen, und vollführte mit schweren Lidern einen spöttischen Augenaufschlag. »Wollen Sie mich wegen Rauchens verhaften?«
Ryne nickte dem schweigenden Officer zu, der an der Wand lehnte, worauf der Mann den Raum verließ. »Nein.« Er trat an den Tisch, nahm ihr Zigarette und Feuerzeug aus der Hand und steckte beides wieder in ihre Handtasche. »Das
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