Seelenmoerder
ist nicht nötig, weil Sie nicht rauchen werden.«
Ein angedeutetes Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie sich zurücklehnte und lasziv die Beine übereinanderschlug. Sie sah aus, als hätte man sie nach einer langen Nacht voller wilder Ausschweifungen aus dem Bett gerissen, obwohl die Beamten, die sie aus ihrem Motelzimmer geholt hatten, Ryne versichert hatten, dass sie allein gewesen war. Ihr Make-up war verschmiert, das lange blonde Haar zerzaust, und ihre kurzen Shorts und das hautenge Top sahen aus, als hätte sie darin geschlafen.
»Lange Nacht gehabt?« Ryne legte Aktenordner und Notizbuch auf den Tisch und zog sich ihr gegenüber einen Stuhl heraus.
Sie gähnte und klopfte sich mit einer von langen Fingernägeln
gezierten Hand auf den Mund. »Eher’ne kurze. Ich konnte ja nicht wissen, dass mich Ihre Leute schon so früh abführen würden. Das ist doch das richtige Wort, oder? Abführen.« Sie schnurrte es förmlich, als ließe sie sich das Wort auf der Zunge zergehen. »Einer Ihrer Männer … der kräftige, wissen Sie? Hat mich im Streifenwagen ganz schön hart angefasst.« Sie zwinkerte anzüglich mit einem Auge. »War lustig.«
»Wir haben Videokameras in den Streifenwagen«, erwiderte er ruhig. »Ich werde Ihren Angaben nachgehen.«
»So was Blödes aber auch.« Ihr Lächeln wirkte echt, und es schien sie überhaupt nicht zu stören, dass man sie bei einer Lüge ertappt hatte. Er nahm an, dass es viel zu oft geschah, um sie noch zu einer nennenswerten Reaktion zu veranlassen. »Was wird mir denn zur Last gelegt, Detective? Soweit ich weiß, ist es kein Verbrechen, abgewrackten Proleten das Herz zu brechen.«
»Haben Sie damit den gestrigen Abend verbracht? Dann waren Sie wohl nicht im Mr. G’s. Dort hat nämlich gestern das Drogendezernat eine Razzia gemacht.«
Sie zuckte die Achseln. »Da war ich auch schon. Aber nicht gestern Abend.«
Er lächelte sie verhalten an. »Und mit Drogen und dergleichen kennen Sie sich ebenfalls aus, stimmt’s?« Er schlug den Ordner auf und entnahm ihm ein Blatt. »Bagatelldiebstahl. Besitz einer verbotenen Substanz. Widerstand gegen die Staatsgewalt. Tätlichkeiten gegen einen Polizeibeamten. Unsittliches Verhalten.« Die Suche nach Callies Vorstrafen hatte nichts wirklich Überraschendes ergeben, allerdings stammten sie aus verschiedenen Städten. Die Lady kam ganz schön herum.
Zum ersten Mal blickte sie etwas missmutig drein. »Ich hoffe, Sie wollen mir jetzt nicht erzählen, dass Sie mich hierhergeholt
haben, um meine schillernde Vergangenheit zu diskutieren. Ich bin seit Jahren nicht mehr festgenommen worden.« Sie korrigierte sich fast sofort. »Jedenfalls nicht in den Staaten.«
»Schön, dass Sie Ihre kriminelle Phase überwunden haben.«
Sie lachte und wirkte ehrlich belustigt. »Wissen Sie, ich mag Sie, Detective. Ryne.« Mit einem ihrer in aufreizenden, hochhackigen Peeptoes steckenden Füße stupste sie ihn wie aus Versehen unter dem Tisch an. »Fragen Sie mich nicht, warum. Normalerweise sind mir Cops zu humorlos. Meine Schwester zum Beispiel.«
Auf einmal wurde ihm der Einwegspiegel an der Wand zu seiner Linken nur allzu bewusst. Zwar nahm er nicht an, dass Abbie schon da war, aber falls doch, stünde sie sicher dahinter und sähe ihnen zu. »Ihre Schwester ist kein Cop.«
»Aber fast.« Als läse sie seine Gedanken, warf sie einen Blick auf den Einwegspiegel. »Wo ist sie eigentlich? Weiß sie, dass ich hier bin?«
Ryne musterte die Frau aufmerksam. Sie war nicht leicht zu durchschauen. »Was glauben Sie?«
»Ich glaube nicht, dass Sie es ihr gesagt haben. Wahrscheinlich werden Sie eine ganz schöne Abreibung von ihr kassieren, wenn sie erfährt, dass Sie mich vernommen haben.«
Da hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Es war geradezu gespenstisch. Ryne verkniff sich einen Kommentar und griff erneut in den Ordner. »Ich muss Ihnen im Zusammenhang mit laufenden Ermittlungen ein paar Fragen stellen.«
»Den Zeitaufwand kann ich Ihnen ersparen. Ich weiß nichts über den Alptraum-Vergewaltiger.«
Seine Hand, mit der er die Fotos herauszog, hielt einen
Moment lang inne. »Ich habe nicht gesagt, was für Ermittlungen.«
Callie seufzte. »Brauchen Sie auch nicht. Der Alptraum-Vergewaltiger ist Ihr Fall. Wahrscheinlich der einzige, an dem Sie gerade arbeiten. Zumindest habe ich das aus den Fernsehbeiträgen geschlossen, in denen Sie und Abbie aufgetreten sind.«
Nicht zum ersten Mal verfluchte er in Gedanken die von Dixon
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