Seelenmoerder
erzwungenen Pressekonferenzen. Sie waren eher hinderlich als hilfreich. Er breitete die Fotos aus den Lokalen vor Callie aus. Manche stammten von McElroy, andere von den Beamten, die er dort postiert hatte. Sie musterte sie flüchtig. »Sie scheinen ziemlich beliebt zu sein«, schob er nach.
Sie begann mit den Fingern auf dem Tisch herumzutrommeln, einen schnellen kleinen Wirbel. War sie nervös? Oder war ihr langweilig? »Vielleicht möchten Sie mal sehen, warum ich so beliebt bin.« Sie lehnte sich ruckartig vor, stützte die Arme auf den Tisch und schenkte ihm einen atemberaubenden Blick in ihr Dekolleté. »Cops mögen es ja gern wild. Hab ich jedenfalls immer gehört. Und verrückte Frauen sind die wildesten im Bett.« Sie zwinkerte erneut, jedoch ohne jeden Humor. »Und wir wissen doch beide, dass Sie mich für verrückt halten.«
Jetzt hatte sie ihn ertappt. Hatte Abbie ihr das gesagt? Doch im nächsten Moment registrierte er bereits ihren unsicheren Blick. Sie wollte ihn ausloten, genauso wie er sie. Und er musste zugeben, dass sie gut darin war.
Er schob die Fotos näher zu ihr hin. »Bitte sehen Sie sich die Bilder an und sagen Sie mir, wer die Männer sind, die mit Ihnen darauf abgebildet sind.«
Sie nahm die Fotos und fächerte sie in der Hand auf wie ein Pokerblatt. »Wer hat die gemacht?«
»Wie gut kennen Sie die Männer, mit denen Sie hier zu sehen sind?«
Callie musterte ihn und ließ die Fotos auf den Tisch fallen. »Gut genug, um mit ihnen zu poppen. Wollten Sie das hören?«
Ryne empfand einen Hauch von Mitleid mit Abbie. Sich mit ihrer Schwester zu unterhalten war nervtötend. Doch er fragte sich nach wie vor, wie viel davon ihrer Krankheit zuzuschreiben und wie viel reine Berechnung war. »Dann können Sie mir doch ihre Namen sagen.«
Sie lachte, und ihr Gesicht leuchtete amüsiert auf. »So naiv sind Sie nicht. Abbie vielleicht. Aber Sie nicht.«
Leiser und in vertraulicherem Tonfall versuchte er sie zu beschwatzen. »Soll das heißen, Sie wollen mir nicht helfen? Oder Abbie?«
Sie seufzte erneut und ließ sich tiefer auf den Stuhl sinken. »Das soll heißen, dass ich sie nicht nach ihren Namen gefragt habe. Oder mir nicht die Mühe gemacht habe, mir die Namen zu merken. Was wollen Sie eigentlich?« Sie zog ein Foto heraus und tippte auf den Mann darauf. »Aber wenn ich sie benennen müsste, würde ich sagen, der hier heißt Allzeitbereit. Man braucht nicht viel Fantasie, um draufzukommen, warum.« Grinsend wählte sie das nächste Bild. »Den nennen wir mal Pressluftbohrer.« Das nächste. »Und den hier …« Sie schürzte die Lippen. »Ich denke, den taufen wir Traurige Niete.«
Gezielt schob ihr Ryne das Bild von ihr und Juárez hin. »Was ist mit dem hier? Wie gut kennen Sie den?«
Ein seltsamer Ausdruck zog über ihr Gesicht, jedoch zu schnell, um ihn zu identifizieren. »Den hab ich nicht gepoppt, falls Sie das meinen. Er ist nicht mein Typ. Zu jämmerlich.«
Er betrachtete erneut das Bild, auf dem Callie die Hand
auf dem Schritt des Mannes liegen hatte. »Inwiefern unterscheidet er sich von den anderen?«
Callie neigte den Kopf zur Seite und fuhr mit einer Hand um den Rand ihres Tops, das tief auf ihrem Brustansatz saß. »Sie sind ein Cop, Sie kennen doch die Sorte.« Erneut zuckte sie die Achseln und verlor offenbar langsam die Geduld. »Das ist der Typ Mann, der schon gar nicht mehr aufrecht gehen kann, weil ihm das Leben ständig in den Arsch tritt. Ein ewiges Opfer.«
»Ryne? Kann ich dich sprechen?«
Abbie merkte sofort, dass ihr neutraler Tonfall Ryne nicht täuschen konnte. Die Seitenblicke einiger der Männer, die gerade nach dem Briefing aus dem Besprechungsraum strömten, sagten ihr, dass auch sie sich nicht blenden ließen.
»Natürlich.«
Er blieb hinter dem Tisch stehen und schob Blätter in die Fächermappe. Abbie folgte dem letzten Mitarbeiter zur Tür und schloss sie hinter ihm. Sie holte tief Luft und versuchte die Wut, die regelrecht in ihr schäumte, im Zaum zu halten, ehe sie sich wieder zu ihm umwandte.
»Warum?«
Die Frage hallte durch den Raum wie ein Gewehrschuss. Dass ein Vorwurf darin mitschwang, war Abbie ganz recht. Das hatte er mehr als verdient. Sie hoffte nur, dass er den leisen Anflug von Unaufrichtigkeit nicht heraushörte, der darunterlag.
»Das war ein Musterbeispiel an Fruchtlosigkeit. Ich habe zwar nur das Ende der Vernehmung mitbekommen, aber das hat genügt, um zu erkennen, dass du lediglich deine Zeit verschwendet
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