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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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und sich mit einem Buch davor zusammenrollte.
    Derek ging auf eine Tür in der gegenüberliegenden Wand zu. Als ein Dielenbrett knarrte, blieb er abrupt stehen, und ich rannte fast gegen ihn. Er legte den Kopf schief. Das Haus war still. Unheimlich still. Selbst wenn jeder hier ins Bett gegangen war, so still hätte es nicht sein dürfen, nicht in Anbetracht der Tatsache, dass sowohl Simon als auch Tori schnarchten.
    Wir betraten die Küche. Der Gestank nach verbranntem Kaffee drehte mir fast den Magen um. Ich sah die Kaffeemaschine auf der Anrichte stehen, das rote Lämpchen leuchtete, ein wenig brauner Schlamm stand noch in der Kanne, als hätte eine volle Kanne mindestens einen Tag lang vor sich hin geschmort. Derek ging hin und schaltete das Gerät aus.
    Auf der Anrichte stand ein Teller. Auf dem Teller lag eine angebissene Scheibe Toast. Daneben stand ein offenes Marmeladenglas, das Messer steckte noch darin. Auf dem Tisch stand auf einer aufgeschlagenen Zeitung ein Becher mit Kaffee. Ich sah hinein, er war zu zwei Dritteln voll, die Kaffeesahne hatte sich in einer ölig weißen Schicht an der Oberfläche abgesetzt.
    Derek winkte mich wieder hinter sich, und wir machten uns auf in den hinteren Teil des Hauses.

[home]
37
    D as Haus war größer, als es zunächst ausgesehen hatte. Vom hinteren Flur gingen nämlich noch vier weitere Türen ab.
    Die vorderste führte in ein Gästezimmer. Die Überdecke war glatt gezogen, zusammengefaltete Handtücher lagen auf der Kommode, es gab kein Anzeichen dafür, dass jemand in letzter Zeit hier übernachtet hatte. Nebenan war ein Bürozimmer mit einem Ausklappsofa – noch mehr Platz für Gäste. Aber auch hier keinerlei Hinweis darauf, dass Gäste im Haus gewesen wären. Die Tür gegenüber führte in ein Bad, das mit der noch eingewickelten Seife und den ungeöffneten Shampooflaschen ebenso unbenutzt wirkte.
    Am Ende des Gangs war das Schlafzimmer, das genauso ordentlich war wie der Rest des Hauses, lediglich das Bett war nicht gemacht. Ein Bademantel war über einen Stuhl geworfen worden. Auf einem Nachttisch sah ich ein halbvolles Glas Wasser und einen Roman. Eine Tür führte in ein Bad, und hier lagen eine zerknüllte Badematte und ein Handtuch, das über der Abtrennung der Duschkabine hing. Ich griff in den Stoff, er war trocken.
    Wir kehrten in den Flur zurück, und Derek ging auch dort wieder in die Hocke, um zu wittern.
    »Sie sind hier gewesen«, sagte er.
    »Simon und Tori?«
    Er nickte.
    »Aber sie haben letzte Nacht nicht hier geschlafen«, stellte ich fest. »Dieses Gästezimmer ist seit einer Weile nicht benutzt worden.«
    Er nickte wieder.
    »Kannst du sonst noch jemanden riechen?«
    »Bloß Andrew. Ich sehe mir die Haustür noch mal an.«
    Er ging. Offenbar war er zu dem Schluss gekommen, dass das Haus leer war und er mich ruhig unbeaufsichtigt lassen konnte. Wir trafen in der Küche wieder zusammen, wo ich den Toast inspizierte. Er beugte sich vor, um zu schnuppern.
    »Andrew?«, fragte ich.
    Er nickte.
    Ich ging zum Tisch und sah mir die Zeitung an. »Es sieht aus, als hätte er hier gelesen und seinen Kaffee getrunken, drauf gewartet, dass der Toast fertig ist. Er streicht Marmelade drauf, beißt ein Mal ab, und dann …«
    Und dann was? Das war die Frage.
    Ich griff nach der Kaffeekanne. »Die Kaffeemaschine war mindestens seit heute Morgen an.«
    Derek kam zu mir herüber und beäugte die Kanne. »Den Ringen nach war die fast voll. Wenn so viel verdampft ist, war die Maschine seit gestern an.«
    »Also bevor Simon und Tori angekommen sind.«
    Derek antwortete nicht. Er starrte durch das Fenster über dem Spülbecken ins Freie hinaus, sein Blick ziellos in die Ferne gerichtet.
    »Ist das hier … wie bei deinem Dad?«, fragte ich irgendwann. »Als er verschwunden ist?«
    Er nickte.
    »Hast du an der Tür noch den Geruch von anderen Leuten gefunden?«
    Jetzt drehte er sich immerhin zu mir um, und seine Aufmerksamkeit kehrte zurück. »Yeah, aber es gibt massenhaft Gründe, warum jemand an die Tür kommen könnte. Niemand scheint bis ins Haus gekommen zu sein. Jedenfalls nicht in letzter Zeit.«
    »Der Tisch im Vorraum sieht aus, als wäre jemand drangestoßen und hätte die ganze Post runtergeschmissen. So wie es sonst hier aussieht, ist Andrew nicht der Typ, der das Zeug einfach liegenlassen würde.«
    »Nein, ist er auch nicht.«
    »Dann ist wohl irgendwas an der Tür passiert. Jemand ist vorbeigekommen oder hat angerufen, und Andrew ist in aller

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